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Sie hätte weitermachen wollen: Sybille von Obernitz.
© dapd
Update

Nach der umstrittenen Ausschreibung: Von Obernitz gibt auf

Der Druck war zu groß: Die umstrittene Wirtschaftssenatorin Sybille von Obernitz hat Klaus Wowereit um ihre Entlassung gebeten. Damit kam sie offenbar einem immer ungeduldiger werdenden Landeschef Henkel nur zuvor.

Sie hätte wohl weiter machen wollen – die parteilose Wirtschaftssenatorin Sybille von Obernitz. Doch der CDU-Landeschef Frank Henkel hatte offenbar die Nase voll: Nach einem Telefon-Gespräch mit der umstrittenen Senatorin am Vormittag, in dem Henkel ihr nach Tagesspiegel-Informationen klar gemacht hat, dass es mit ihr nicht weitergehen könne, bat die 50-Jährige am Nachmittag den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit förmlich um ihre Entlassung.

„Meine Geduld war am Ende“, sagte der CDU-Landesvorsitzende und Innensenator Frank Henkel dem Tagesspiegel. Senatorin von Obernitz habe sehr lange auf die Solidarität und Unterstützung der CDU zählen können, betonte Henkel. Nach den Ereignissen der vergangenen Tage habe er „aber keine Basis mehr für eine weitere Zusammenarbeit  gesehen“.

Er widersprach damit dem  Vorwurf  von Sybille von Obernitz, die Partei habe sie nicht ausreichend unterstützt. Er habe vielmehr in den vergangenen Tagen in mehreren Gesprächen mit der Senatorin  „vergeblich versucht, einen Weg zur Deeskalation des Konflikts mit der Messegesellschaft zu finden“, sagte der CDU-Vorsitzende – unter anderem von London aus, wo  Henkel sich dienstlich aufhielt. Die Wirtschaftssenatorin habe dabei aber keine vorwärtsgerichteten Vorschläge zur Bereinigung der Lage gemacht.

Deswegen habe er es als seine Verantwortung gesehen, zu handeln. „Wirtschaftspolitik ist wie kein anderer Bereich von einem vertrauensvollen Klima abhängig“, begründete Henkel, warum er Sybille von Obernitz zum Rücktritt aufgefordert habe: Dieses notwendige Vertrauen habe er „als nicht mehr gegeben angesehen“.

Am Sonntagabend werde das Präsidium der Berliner CDU „besprechen, wie wir schnell eine Nachfolgeregelung finden“. Namen wollte Henkel nicht nennen. Er verwies aber darauf, dass es nicht einfach sein werde, Kandidaten aus der Wirtschaft zu finden. „Schließlich sind mögliche Kandidaten keine Menschen, die zu Hause sitzen und auf einen Anruf warten, sondern verantwortungsvolle Positionen innehaben.“

Der Riss, der auch in der Partei entstanden war, weil von Obernitz eigenmächtig eine Ausschreibung für die Nachfolge von Messechef Raimund Hosch, der im nächsten Jahr altersbedingt ausscheidet, initiiert hatte, war nicht mehr zu kitten. Nach dem Kurzzeit-Senator Michael Braun (CDU) verlieren die Christdemokraten bereits zum zweiten Mal ein von ihnen nominiertes Senatsmitglied.
Von Obernitz begründete ihre Entscheidung in einem kurzgefassten Rundschreiben an die Presse mit den heftigen Auseinandersetzungen zwischen ihr und der Messe-Gesellschaft. In diesem Konflikt erfahre sie „keine ausreichende Unterstützung“, schreibt die Senatorin. Dem Vernehmen nach erhoffte sie sich mehr Rückendeckung von Seiten des Senats und Regierenden Bürgermeisters.

Bildergalerie: Die verbotenen Bilder der Senatorin

Die Verantwortlichen der Messe waren in den vergangenen Tagen empört über von Obernitz, weil diese über einen Headhunter eine Anzeige in der FAZ aufgegeben hatte, mit der ein neuer Vorsitzender der Messe-Geschäftsführung gesucht wurde. Die Messe fühlte sich übergangen, man hatte sie darüber nicht informiert. Außerdem platzte das Inserat mitten in die Internationale Funkausstellung (Ifa), eine der wichtigsten Veranstaltungen in den Hallen unterm Funkturm. Aussteller waren irritiert, es wurde über eine mögliche Führungskrise der Messe spekuliert.

Die Senatorin war offenbar vorgeprescht, nachdem sie eine Kandidatenliste für die Hoesch-Nachfolge eingesehen hatte, auf der zuvorderst zwei Männer standen. Erst Platz drei belegte eine Frau. Dagegen führte von Obernitz das Berliner Landesgleichstellungsgesetz (LGG) an. Daran gemessen seien auf der Kandidatenliste „nicht in hinreichender Anzahl qualifizierte Frauen vertreten“, argumentierte sie. Ihren Rücktritt begründete die Senatorin nun mit dem harschen Verhalten der Messe. „Der Umgang von Aufsichtsrat und Geschäftsführung mit dem Land Berlin als Hauptgesellschafter entspricht nicht dem Rollenverständnis zwischen Eigentümer und den Organen der Gesellschaft, schreibt sie.

Die Volkswirtin von Obernitz war vor ihrer Ernennung zur Senatorin am 1. Dezember 2011 lange Jahre bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) beschäftigt gewesen. Von dort war sie der CDU empfohlen worden. Am Sonntagabend trifft sich nun das CDU-Präsidium um Frank Henkel, Justizsenator Thomas Heilmann sowie den Bundestagsabgeordneten Monika Grütters und Kai Wegener. „Wir wollen beraten und nicht noch mal jemanden von außen holen", sagte ein Mitglied des Präsidiums dem Tagesspiegel.

Es solle eine Frau aus der Partei sein, aber nicht zwingend aus Berlin. „Wir sind mit drei oder vier Personen im Gespräch", heißt es aus dem Präsidium weiter. „Wir hoffen, schon bald eine neue Senatorin vorstellen zu können". Eine Rochade unter den Senatoren soll es nicht geben. Bereits vor Tagen war spekuliert worden, Justizsenator Heilmann könne das Wirtschaftsressort übernehmen. Auch die Abgeordnete Cornelia Seibeld war bereits im Gespräch.

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