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Ungarns Regierungschef Viktor Orbán hat vor einem Beschluss über das EU-Ölembargo noch Diskussionsbedarf.
© Bernadett Szabo/REUTERS

Geplantes Öl-Embargo gegen Russland: Von der Leyens Mission und Ungarns Sorgen

Vor allem Ungarn ist von russischem Öl abhängig. Deshalb stehen schwierige Beratungen der EU über das geplante Embargo an.

Ursula von der Leyen ahnte am Mittwochmorgen wohl, dass der geplante EU-Importstopp für russisches Öl im Kreis der 27 EU-Mitgliedstaaten noch einige Diskussionen auslösen wird. Deshalb sagte die Kommissionschefin vor den Abgeordneten des EU-Parlaments in Straßburg mit Blick auf das geplante Ölembargo: „Einige Mitgliedstaaten sind sehr abhängig von russischem Öl, aber wir müssen das tun.“

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Die Bemerkung zielte auf die Slowakei und noch stärker auf Ungarn. Die beiden Länder verfügen über eine Energie-Infrastruktur, die noch aus Sowjetzeiten stammt. Beide Staaten werden über den Südstrang der Pipeline „Druschba“ („Freundschaft“) mit russischem Öl versorgt.

Nach Angaben der Regierung in Budapest importiert Ungarn rund 65 Prozent seines Öls aus Russland. Zum Vergleich: In Deutschland liegt die Abhängigkeit von russischen Ölimporten nur noch bei zwölf Prozent.

Verlängerung bis Ende 2023 für Ungarn und Slowakei

An den Besonderheiten der Versorgung mit russischem Öl in Ungarn und der Slowakei liegt es auch, dass die beiden Länder nach Angaben aus Brüssel beim Embargo mit längeren Übergangsfristen rechnen können. Budapest und Bratislava könnten dem Kommissionsvorschlag zufolge noch bis Ende 2023 Rohöl aus Russland beziehen.

Von der Leyen ging in ihrer Rede vor dem Europaparlament nicht auf mögliche Ausnahmen für die beiden Länder ein. Dafür skizzierte sie aber die Grundzüge des geplanten Importstopps. Laut dem Vorschlag ihrer Behörde sollen Rohöllieferungen innerhalb von sechs Monaten auslaufen.

Bei raffinierten Erzeugnissen ist eine Frist von acht Monaten vorgesehen. „Auf diese Weise maximieren wir den Druck auf Russland und halten gleichzeitig Kollateralschäden für uns und unsere Partner weltweit möglichst gering“, sagte die Kommissionschefin.

Erste Beratungsrunde der EU-Botschafter

Am Mittwoch befassten sich die Botschafter der 27 EU-Länder in Brüssel in einem ersten Durchlauf mit dem Vorschlag für das Ölembargo, den die EU-Kommission in der Nacht zuvor an die Mitgliedstaaten übermittelt hatte. Aus EU-Diplomatenkreisen hieß es, dass mit einem Abschluss der Beratungen frühestens am Freitag zu rechnen sei.

Das sechste Sanktionspaket gegen Russland, dessen entscheidender Bestandteil das Ölembargo ist, traf allerdings keinen der EU-Mitgliedstaaten unvorbereitet. Seit Wochen berät die Brüsseler Behörde mit den Mitgliedstaaten über die Details des Pakets. Denn am Ende müssen alle – wie schon beim bereits beschlossenen phasenweisen Ausstieg aus den russischen Kohleimporten – mit an Bord sein. Auch im Fall des Ölembargos ist ein einstimmiger Sanktionsbeschluss nötig.

Trotz der intensiven Vorbesprechungen der EU-Kommission mit den Mitgliedstaaten meldete die ungarische Regierung auch am Mittwoch Vorbehalte gegen die Pläne von der Leyens an. Der Sprecher der Regierung in Budapest kritisierte, dass es an Vorkehrungen fehle, die einen Übergang zur vollständigen Unabhängigkeit von Russland  sicherstellen könnten.

Viktor Orban, Ministerpräsident von Ungarn, und Ursula von der Leyen, damals noch designierte EU-Kommissionspräsidentin, bei einem Treffen in Brüssel im August 2018.
Viktor Orban, Ministerpräsident von Ungarn, und Ursula von der Leyen, damals noch designierte EU-Kommissionspräsidentin, bei einem Treffen in Brüssel im August 2018.
© EU/ Jennifer Jacquemart

Zuvor hatte der ungarische Kanzleramtsminister Gergely Gulyas erklärt, dass man fünf Jahre benötige, um von russischem Öl und Gas unabhängig zu werden.

Sanktionen für mutmaßliche Kriegsverbrecher

Zum neuen Sanktionspaket sollen darüber hinaus auch Strafen gegen Armeeangehörige gehören, die für mutmaßliche russische Kriegsverbrechen in Butscha und Mariupol verantwortlich sind. „Wir wissen, wer Sie sind, wir ziehen Sie zur Rechenschaft“, sagte von der Leyen.

Darüber hinaus sollen drei weitere russische Staatssender, denen Propaganda vorgeworfen wird, ihre Ausstrahlungsfrequenzen in der EU verlieren. Namen der Sender wurden zunächst nicht publik.

Der russische Patriarch Kyrill I. gehört zu den treuesten Unterstützern Putins.
Der russische Patriarch Kyrill I. gehört zu den treuesten Unterstützern Putins.
© dpa

Schließlich schlägt die Kommission vor, das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche auf die Sanktionsliste zu setzen. Demnach ist vorgesehen, für Kyrill I. ein Einreiseverbot zu verhängen und sein Vermögen einzufrieren. Kyrill I. hat die russisch-orthodoxe Kirche in den Dienst des Kremlchefs Wladimir Putin gestellt. Der Patriarch, der ähnlich wie Putin die Ukraine und Belarus zum russischen Einflussgebiet zählt, hatte in mehreren Predigten den Angriffskrieg gegen die Ukraine gutgeheißen. Zuvor hatte das Kirchenoberhaupt im Januar 2021 die landesweiten Proteste gegen die Verhaftung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny mit scharfen Worten verurteilt.

Die klare Parteinahme des Patriarchen für den russischen Angriffskrieg in der Ukraine führte dazu, dass sich in der EU vor allem Litauen für dessen Sanktionierung stark machte.  Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis hatte Ende April gesagt, Kyrill I. sei eher damit beschäftigt, „Seelen zu töten, als sie zu retten“.

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