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Ursula von der Leyen in Brüssel.
© Stephanie Lecocq/Pool via REUTERS
Update

„Wir wollen sie drin haben“: Von der Leyen sieht Ukraine als zukünftiges EU-Mitglied

Die EU-Kommissionspräsidentin telefonierte mit dem ukrainischen Staatschef Selenskyj. Die Sanktionen gegen die russische Zentralbank sind in Kraft getreten.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat sich für einen EU-Beitritt der Ukraine ausgesprochen. Auf die Frage einer Reporterin des Senders Euronews nach einer Aufnahme des Landes in die Gemeinschaft sagte sie am Sonntag: „Im Laufe der Zeit gehören sie tatsächlich zu uns. Sie sind einer von uns und wir wollen sie drin haben.“ Zudem betonte sie, dass es bereits mehrere Bereiche der Zusammenarbeit gebe.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj habe nach eigenen Angaben kurz nach der Ankündigung von der Leyens mit der EU-Kommissionspräsidentin telefoniert. „Wir sprachen über konkrete Entscheidungen zur Stärkung der Verteidigungskapazitäten der Ukraine, über Makrofinanzhilfe und die Mitgliedschaft der Ukraine in der EU“, twitterte Selenskyj in der Nacht zu Montag.

Am Samstag hatte Selenskyj auf eine Entscheidung gedrängt. „Es ist ein entscheidender Moment, die langjährige Diskussion ein für alle Mal zu beenden und über die Mitgliedschaft der Ukraine in der EU zu entscheiden“, schrieb er auf Twitter. Die Ukraine arbeitet schon länger auf einen Beitritt zum Bündnis hin. Dieses Ziel ist seit 2019 auch in der Verfassung verankert.

Übersicht über neue Entscheidungen der EU:

  • Alle Vermögenswerte der russischen Zentralbank in der EU werden eingefroren.
  • Die Ukraine erhält 500 Millionen Euro für Lieferung von Waffen und Ausrüstung.
  • Der Luftraum über den EU-Staaten wird für russische Flieger komplett geschlossen.
  • Die russischen Staatsmedien RT und Sputnik sollen in der EU verboten werden.

Um der Ukraine kurzfristig zu helfen, hat die EU in der Nacht zum Montag ihre schwerwiegenden Sanktionen gegen die russische Zentralbank in Kraft gesetzt. Sie umfassen nach Angaben von der Leyens ein Verbot von Transaktionen mit dem Finanzinstitut. Zudem werden alle Vermögenswerte der Bank in der EU eingefroren, um zu verhindern, dass damit der Krieg von Kremlchef Wladimir Putin gegen die Ukraine finanziert wird.

Die Strafmaßnahme gilt als ebenso schwerwiegend wie der in Kürze geplante Ausschluss russischer Finanzinstitute aus dem Banken-Kommunikationsnetzwerk Swift. Nach Angaben von EU-Chefdiplomaten Josep Borrell wird zusammen mit anderen G7-Staaten rund die Hälfte der Finanzreserven der russischen Zentralbank eingefroren. „Dies wird das Finanzsystem Russlands erheblich treffen“, erklärte Borrell am Sonntagabend.

[Alle aktuellen Entwicklungen zum Ukraine-Krieg lesen Sie hier in unserem Newsblog.]

Konkret wird Russland laut Experten zum Beispiel nicht mehr seine hohen Devisenbestände nutzen können, um den Rubel zu stabilisieren. Die russische Währung ist bereits jetzt geschwächt, für die Menschen in Russland dürfte das weitere Härten bringen.

Dass nicht alle Reserven der russischen Zentralbank blockiert werden können, liegt laut Borrell daran, dass nicht alle in westlichen Staaten gehalten werden. „Wir können nicht die Reserven der russischen Bank blockieren, die in Moskau oder in China sind“, sagte er. Russland habe seine Reserven zuletzt mehr und mehr in Ländern geparkt, in denen sie nicht blockiert werden könnten.

Der Ausschluss russischer Banken aus Swift soll im Laufe des Montags verfügt werden. Zudem will die EU weitere Sanktionen gegen Russlands Partnerland Belarus sowie gegen russische Oligarchen, Geschäftsleute und Politiker in Kraft setzen. Eine Einigung auf die Sanktionen gegen russische Oligarchen ist bereits erzielt. Diese sollen vor allem ermöglichen, deren in der EU vorhandenen Vermögenswerte einzufrieren. Namen wurden zunächst nicht genannt.

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Bereits vor von der Leyens Aussagen zum möglichen EU-Beitritt der Ukraine war bekannt geworden, dass die EU eine halbe Milliarde Euro für die Lieferung von Waffen und Ausrüstung an die ukrainischen Streitkräfte zur Verfügung stellt. Darauf einigten sich die ständigen Vertreter der 27 Mitgliedstaaten in Brüssel am Sonntagabend, wie mehrere Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur bestätigten.

Von den 500 Millionen Euro sollen 450 Millionen für Waffenlieferungen und 50 Millionen für andere Ausrüstung bereitgestellt werden. Das Geld wird den Planungen zufolge aus der sogenannten Europäischen Friedensfazilität kommen. Sie ist ein neues Finanzierungsinstrument der EU, das auch genutzt werden kann, um die Fähigkeiten von Streitkräften in Partnerländern zu stärken. Für den Zeitraum von 2021 bis 2027 ist die Friedensfazilität mit rund fünf Milliarden Euro ausgestattet.

Nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist es das erste Mal, dass die Europäische Union den Kauf und die Lieferung von Waffen und anderen Ausrüstungsgegenständen an ein Land finanziert, das angegriffen wird.

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Als weitere Sanktion entschieden, die EU-Außenminister am Sonntagabend, dass der Luftraum über den EU-Staaten für russische Flieger komplett geschlossen wird. Das teilte EU-Chefdiplomat Josep Borrell in Brüssel mit. Von der Leyen hatte den Schritt bereits vorher angekündigt. Sie betonte, der Luftraum werde für jedes russische Flugzeug gesperrt sein, auch für die Privatjets von Oligarchen.

In den vergangenen Tagen hatten bereits einzelne Länder - darunter Deutschland - ihren Luftraum für russische Flugzeuge gesperrt beziehungsweise dies angekündigt. Bundesverkehrsminister Volker Wissing etwa hatte in der Nacht zum Sonntag mitgeteilt, er befürworte eine entsprechende Schließung des deutschen Luftraums und habe angeordnet, alles dafür vorzubereiten. Die Maßnahme trat einige Stunden darauf in Kraft.

Nun dürfen russische Flugzeuge nur noch in wenigen Ausnahmen, etwa für humanitäre Zwecke, den deutschen Luftraum nutzen, wie aus Angaben der Luftsicherheitsorganisation Eurocontrol hervorgeht. Neben Deutschland hatten zuvor etwa schon Polen, Italien, Belgien, Irland sowie die baltischen und skandinavischen EU-Staaten diesen Schritt angekündigt und umgesetzt.

Außerdem will die EU die russischen Staatsmedien RT und Sputnik verbieten. Diese würden nicht länger in der Lage sein, Lügen zu verbreiten, um den Krieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin gegen die Ukraine zu rechtfertigen und Spaltung in der EU zu säen, sagte EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen am Sonntag in Brüssel. (dpa)

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