CDU streitet um AKK-Nachfolge: Vom „Ich“ zum „Wir“ – was Friedrich Merz jetzt schaffen muss
In der Unionsführung hat sich ein klares Anforderungsprofil an einen CDU-Chef herausgebildet. Nicht alle finden, dass Merz dies ausfüllt. Ein Kommentar.
Nehmen wir Friedrich Merz, weil er der Umfragelieblingskonservative ist. Da sendet er also zwei Signale mit Bedacht, die zeigen, dass er ernst machen will – und kommt mit einem mediokren hinterdrein. Die ersten waren: Sein Aus bei „Blackrock“ und das Aus seiner Kolumne in der „Welt am Sonntag“.
Dann das dritte Signal, das aus seinem „engsten Umfeld“, er wolle jetzt CDU-Vorsitzender werden. Wo doch gerade alle erklärt hatten, einschließlich des beteiligten CSU-Vorsitzenden Markus Söder, sie sollten zusammenarbeiten, nicht einer auf eigene Rechnung. Es hilft wenig, dass Merz dann hinterherschiebt, man müsse in Ruhe miteinander reden.
Armin Laschet arbeitet im Hintergrund am Übergang in der CDU
Das hat schon mal nicht geklappt. Zumal Bewerber Merz an einem Abend gegen eine Mitgliederbefragung redet, am nächsten Morgen dafür. Das ist nicht die Art Orientierung, die sich die Herrschaften im Hintergrund vorstellen.
Schon auch inhaltlich ist da Skepsis: Selbst wenn die Befragung nicht bindend sein sollte – würde sie das nicht trotzdem sein müssen? Sonst würden sich doch die CDU-Mitglieder verhohnepiepelt vorkommen. Und das wäre das Letzte, was jetzt passieren darf.
Dazu passt der Hinweis, die Granden hätte sich eigentlich schon verständigt. Jedenfalls sei offen gelegt, wer was werden könne: Jens Spahn Unionsfraktionschef statt des kontur- und glücklosen Ralph Brinkhaus, Friedrich Merz Finanzminister oder aufgewerteter Wirtschaftsminister.
Und Armin Laschet? Er arbeitet im Hintergrund am Übergang und versucht, dabei alle mitzunehmen. Auch eine Art, Autorität zu erwerben. Seine Art.
Was hinten rauskommt, wie weiland Helmut Kohl gesagt hat? Weiß heute keiner. Und keine. Nicht Annegret Kramp-Karrenbauer, die plötzlich in der Partei so out ist, wie sie vorher bei 50 plus x Prozent in war. Sie hat mit ihrem Verhalten derart viele Parteimitglieder empört, dass die sich in internen Chats Luft machen. Auch darüber, dass AKK zu ihrem Abgang als Kurzzeit-Vorsitzende das Bild einer kranken CDU zeichnet, mit einer Orientierungskrise, ja Ideologiekrise. Das wirkt nach.
Ein klare Mehrheit in der CDU – man höre dazu Wolfgang Schäuble, den Partei-Weisen und Parlamentspräsidenten – lehnt aber aus unterschiedlichen, fundamentalen Gründen eine Kooperation sowohl mit AfD wie auch mit der Linken ab. Diese Unionsvertreter meinen eben nicht, dass sich die Linke ihre „Demokratizität“ durch eine längere Parlamentspräsenz inzwischen „ersessen“ hat.
Sie stoßen sich vielmehr an der Europa-Abstinenz und dem Nicht-Verstehen innerparteilichen Selbstbewusstseins, zumal auch derer, die in der CDU für die unblutigen demokratischen Revolutionierung der DDR stehen und für eine Erneuerungsleistung ohne Beispiel.
Neuer CDU-Chef muss Dynamik ins Themenfeld Europa bringen
Das alles hat im Hintergrund zu Anforderungen an eine CDU-Führung der Zukunft geführt: Neuen Schwung ins Grundsatzprogramm hineinbringen und neue Dynamik ins Themenfeld Europa, weil das Teil der Parteiseele ist, außerdem neue „Ost-Kompetenz“ entwickeln.
Zu Letzterem: Wer hat die CDU in den Jahren nach der Vereinigung getragen? Darum soll es keine Beschlüsse von oben oder „rote Linien“ geben, die in den östlichen Bundesländern nur Gegenwehr provozieren. So ähnlich hat es Schäuble gerade auch öffentlich gesagt. Dazu eine Person an der Spitze, deren Diagnosen und Einschätzungen erst genommen werden, die führungsstark durch – bundespolitische – Themen ist, und auftrittssicher außerdem.
Vor dem Hintergrund gibt es in der erweiterten Unionsführung Menschen, die etwa Merz das nicht zutrauen. Es geht so weit, dass manche behaupten, er solle als Parteivorsitzender verhindert werden. Aber nicht von AKK, die zu deutlich inzwischen auf Abruf ist.