Troika: Völlig losgelöst
Die Troika gründet nur auf Vereinbarungen zwischen den Regierungen der Euro-Zone. Ihre Beamten üben Macht aus, die kein Parlament und kein Rechnungshof kontrolliert. Wer kann den Aufsehern Anweisungen geben?
Als die Euro-Staaten im Mai 2010 das erste Kreditprogramm für Griechenland auf den Weg brachten, trafen sie eine weitere folgenschwere Entscheidung. Die Regierung in Athen musste sich im Gegenzug einer Institution unterwerfen, die in keinem europäischen Vertrag und keiner Verfassung jemals vorgesehen war: dem Verbund aus IWF, EZB und EU-Kommission, den griechische Journalisten alsbald mit dem Begriff Troika belegten.
Deren Arbeit fußt damit lediglich auf einer Vereinbarung zwischen den Regierungen, ist also eine „intergouvernementale“ Konstruktion, wie es im Juristenjargon heißt. In der Konsequenz geschieht alles, was die Beamten der Troika tun, juristisch gesehen außerhalb des Vertrags der Europäischen Union und ihren Institutionen. Damit sind sie nicht mal an die EU-Charta der Grundrechte gebunden.
So üben die eingesetzten Technokraten aus Brüssel, Frankfurt und Washington in den Krisenstaaten erhebliche Macht aus und sind doch keinem Parlament gegenüber rechenschaftspflichtig. Zwar haben die deutschen Beamten Klaus Masuch und Matthias Mors, die für die EZB und die EU-Kommission die Verhandlungen in den „Programmländern“ führten, an Anhörungen im Europaparlament teilgenommen. Doch Europas Volksvertreter haben auf deren praktische Politik beim Umgang mit den Regierungen in Athen, Dublin, Lissabon und Nikosia keinen Einfluss. Allein die Finanzminister der Euro-Gruppe können den Troika-Beamten Anweisungen geben.
In der Praxis wissen aber auch die Minister oft nicht, was ihre Aufseher tun. Sie „unterstützten die Empfehlungen der Troika, ohne ihre konkreten Implikationen zu prüfen“, erklärte der frühere Vorsitzende der Euro- Gruppe und heutige Kommissionschef Jean- Claude Juncker dem Parlament. Auch der Europäische Rechnungshof ist außen vor. Die wirtschaftliche Rationalität der Troika-Programme wurde darum nie von unabhängigen Fachleuten anhand der internen Dokumente überprüft, obwohl die angestrebten Ziele in allen Krisenländern verfehlt wurden.
Dabei agieren die Beamten der EU-Kommission in einer bizarren Doppelrolle. Rechtlich sind sie ausdrücklich verpflichtet, die geltende EU-Verfassung, den Vertrag von Lissabon, einzuhalten. Dort heißt es aber zum Beispiel im Artikel 153, dass die EU und ihre Organe „nicht für das Arbeitsentgelt“ zuständig sind, sich also aus Fragen der Lohnfindung heraushalten müssen. Als Mitglieder der Troika tun aber dieselben Beamten genau das. In allen Krisenländern erzwangen sie Reformen zur Lohnsenkung, die von der Kürzung des Mindestlohns über die Abschaffung des Kündigungsschutzes bis hin zur Aushöhlung des Tarifrechtes reichen.
Selbst diesen „Vertragsbruch“, wie der Europäische Gewerkschaftsbund befand, ließ die konservativ-liberale Mehrheit im Europaparlament aber unbeanstandet. Nach einer Untersuchung der Troika-Praxis einigten sich die Parlamentarier vor einem Jahr nur darauf, dass die Troika langfristig durch einen „Europäischen Währungsfonds“ ersetzt werden soll, der dem EU-Recht und damit der parlamentarischen Kontrolle unterliegt. Das allerdings würde eine Änderung des EU-Vertrags und die Zustimmung aller Regierungen erfordern.