Ukraine-Krise: Viele Tote bei neuen Kämpfen - Putin auf der Krim
Wladimir Putin nimmt auf der Krim am Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland eine Truppenparade ab. Bei Kämpfen in der Hafenstadt Mariupol im Südosten der Ukraine sterben mindestens 20 Separatisten und ein Polizist. Verfolgen Sie die Ereignisse in unserem News-Blog.
+++ Mindestens 21 Tote in Hafenstadt Mariupol +++
Bei den Kämpfen zwischen prorussischen Separatisten und ukrainischen Soldaten in der südukrainischen Hafenstadt Mariupol sind nach Angaben der ukrainischen Regierung mindestens 21 Menschen getötet worden. Unter den Todesopfern seien 20 Milizionäre und ein Polizist, erklärte das Innenministerium in Kiew am Freitag. Nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Interfax versuchten ukrainische Militäreinheiten, ein von Separatisten besetztes Verwaltungsgebäude einzunehmen.
+++ Nato-Generalsekretär: Putin handelt unangemessen +++
Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen bezeichnete den Krim-Besuch Putins als unangemessen. Ähnlich hatte sich im Vorfeld Bundeskanzlerin Angela Merkel zu der Militärparade geäußert.
+++ Wladimir Putin landet auf der Krim +++
Kremlchef Wladimir Putin ist am wichtigsten russischen Feiertag auf der abtrünnigen ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel Krim gelandet. Es ist Putins erster Besuch seit der Annexion der Krim. Russlands Präsident will dort in der Schwarzmeer-Hafenstadt Sewastopol eine Truppenparade zum Gedenken an den Sieg der Sowjetunion über Nazi-Deutschland abnehmen. Zuvor hatte schon der Jahrestag der Siegesfeiern in Moskau über Nazi-Deutschland ganz im Zeichen der Ukraine-Krise gestanden.
Über die Teilnahme Putins an der Parade in Sewastopol war in den vergangenen Tagen bereits spekuliert worden. Sie bedeutet eine neuerliche Provokation des Westens, der die Annexion der Krim durch Moskau nicht anerkennt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte es als „schade“ bezeichnet, den Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs „in einem solchen Spannungsfeld“ für eine Parade zu nutzen.
Bei der Militärparade in Moskau hatte der Präsident die Wichtigkeit der Verteidigung nationaler Interessen betont, mit denen Moskau auch sein Vorgehen im Ukraine-Konflikt begründet. „Dies ist ein Feiertag, an dem die über alles siegende patriotische Kraft triumphiert, an dem wir alle besonders stark fühlen, was es bedeutet, dem Mutterland treu zu sein, und wie wichtig es ist, für unsere Interessen einzustehen“, sagte Putin vor tausenden Soldaten.
+++ Gewalt breitet sich weite aus +++
Die blutigen Auseinandersetzungen in der Ukraine gehen weiter und greifen offenbar auch auf immer mehr Städte über. Nun berichten ukrainische und russische Medien über mehrere Tote bei Kämpfen in der Hafenstadt Mariupol, meldet die Nachrichtenagentur AFP. Die ukrainische Nachrichten-Website „Insider“ berichtete demnach am Freitag von acht getöteten pro-russischen Kämpfern in der Stadt im Südosten des Landes. Im April hatten Separatisten das Rathaus von Mariupol gestürmt und wochenlang besetzt. Damals waren bei Angriffen nach Angaben des Innenministeriums in Kiew ebenfalls mehrere pro-russische Aktivisten getötet worden.
+++ Behörden räumen Machtlosigkeit bei Referendum ein +++
Vor den Volksbefragungen in der Ostukraine über eine Abspaltung von Kiew haben die örtlichen Behörden ihre Machtlosigkeit eingeräumt. Es gebe nicht genügend Einsatzkräfte, um das Referendum der moskautreuen Kräfte an diesem Sonntag (11. Mai) zu verhindern, teilte das Bürgermeisteramt der Großstadt Donezk am Freitag mit. Aus Sicherheitsgründen solle nicht versucht werden, die Separatisten von der Einrichtung von „Wahlbüros“ etwa in Schulen abzuhalten.
Die offiziellen Vertreter des russisch geprägten Gebiets lehnen das Referendum als illegal ab. Allerdings sympathisieren auch Polizisten mit den prorussischen Aktivisten.
+++ Russland feiert Sieg über Nazi-Deutschland mit Militärparade +++
Mit einer großen Militärparade in Moskau hat Russland den 69. Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg gefeiert. Kremlchef Wladimir Putin nahm als Oberbefehlshaber den Aufmarsch am Freitag auf dem berühmten Roten Platz im Zentrum der Hauptstadt ab.
Etwa 11 000 Soldaten sowie 151 Einheiten schwerer Militärtechnik und 69 Kampfflugzeuge und Hubschrauber nahmen an der Waffenschau teil.
Mehrere Fernsehkanäle übertrugen live. Angesichts der schweren Krise im Nachbarland Ukraine gilt das Militärspektakel auch als Demonstration der Stärke. Der Tag des Sieges ist in Russland der wichtigste Feiertag.
In der Ukraine wurden die traditionellen Paraden meist abgesagt. Die Feiern fanden überwiegend in einem deutlich kleineren Rahmen statt. Die prowestliche Führung warnte vor Provokationen russischer Agenten.
+++ Sicherheitskräfte sollen weiter gegen Separatisten vorgehen +++
Übergangspräsident Alexander Turtschinow und Ministerpräsident Arseni Jazenjuk schlugen am Donnerstagabend einen nationalen Dialog zur Entschärfung der Krise vor, stellten aber erneut klar, dass sie nicht mit bewaffneten Regierungsgegnern verhandeln. Entgegen internationaler Forderungen sollen Sicherheitskräfte in der Ostukraine zudem weiter gegen Separatisten vorgehen.
+++ Mehrheit der Ukrainer unterstütz Einheit des Landes +++
Mehr als 70 Prozent der Ukrainer unterstützen laut Umfragen den Erhalt der Einheit des Landes. Wie das Pew Research Center in den USA am Donnerstag (Ortszeit) auf seiner Internetseite bekanntgab, sprachen sich 77 Prozent der befragten Ukrainer für eine Einheit des Landes aus. Im Westen der Ukraine unterstützen den Angaben zufolge 93 Prozent die Einheit, im Osten waren es 70 Prozent.
Die Umfrage wurde Ende April durchgeführt - nach der Annexion der Krim durch Russland, aber noch vor den jüngsten Ausschreitungen in Odessa und anderen Städten im Osten des Landes. Die meisten Ukrainer stehen der Übergangsregierung in Kiew der Umfrage zufolge kritisch gegenüber. Lediglich 41 Prozent der Ukrainer (die Krim ausgenommen) meinten, dass die Zentralregierung eine positive Wirkung auf die Entwicklung des Landes habe.
Eine zeitnah angesetzte Umfrage in Russland ergab, dass die Mehrheit der befragten Russen die Annexion der Krim und das Vorgehen des russischen Präsidenten Wladimir Putin in der Ukraine-Krise befürworten. 83 Prozent der Befragten zeigten sich von Putins Fähigkeiten als Außenpolitiker überzeugt, während 92 Prozent ihr Land positiv einschätzten. 84 Prozent der Befragten hielten das umstrittene Krim-Referendum von Mitte März für fair.
+++ Gysi kritisiert Merkel-Treffen mit Poroschenko +++
Linksfraktionschef Gregor Gysi hat Kanzlerin Angela Merkel vorgeworfen, im Ukraine-Konflikt die falschen Signale zu setzen. In der „Passauer Neuen Presse“ (Freitag) kritisierte Gysi das Treffen Merkels mit dem ukrainischen Präsidentschaftskandidaten Pjotr Poroschenko in Berlin. Dass dem Oligarchen im Kanzleramt „der rote Teppich“ ausgerollt worden sei, sei ein Fehler gewesen. Merkel hatte Poroschenko bei dem Treffen am Mittwoch zum Dialog gemahnt.
Gysi beklagte, dass es in der deutschen Öffentlichkeit ein Schwarz-Weiß-Denken gebe. „Putin wird zum Bösen erklärt, und die anderen sind nur die Guten“, sagte er. Auch der Westen müsse sich nach seiner Verantwortung fragen lassen: „Er setzt auf sinnlose Sanktionspolitik und Nato-Truppen an den Grenzen Russlands. Sanktionen und Säbelrasseln helfen nicht weiter.“ Unionsfraktionschef Volker Kauder warf der Linkspartei Parteinahme für Moskau vor. Außen- und sicherheitspolitisch sei die Linkspartei „absolut auf dem falschen Weg“, sagte der CDU-Politiker der in Bielefeld erscheinenden „Neuen Westfälischen“ (Freitag).
+++ Merkel schließt weitere Sanktionen nicht aus +++
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Russlands Staatschef Wladimir Putin vorgeworfen, sich nicht genügend für eine Lösung der Ukraine-Krise einzusetzen. Putin „tut derzeit (...) zu wenig, um zur tatsächlichen Entspannung der gefährlichen Situation beizutragen“, sagte Merkel der Zeitung „Rheinische Post“ (Freitagsausgabe). Zuvor hatten prorussische Separatisten in der Ostukraine den Appell Putins zurückgewiesen, die für Sonntag geplanten Referenden über eine Abspaltung zu verschieben.
Merkel betonte, es sei wichtig, „zum Gespräch bereit und fähig zu bleiben, auch in politisch schwierigen Situationen“. Zum Thema Sanktionen sagte die Kanzlerin: „Notfalls sind wir auch zu weiteren Sanktionen bereit, auch wenn wir sie uns wahrlich nicht wünschen.“ Das Ziel seien diplomatische Fortschritte für eine Stabilisierung der Ukraine. Dabei spielten die Wahlen am 25. Mai eine wichtige Rolle. „Tatsächliche diplomatische Fortschritte können weitere Sanktionen vermeiden.“ Die Ukraine-Krise wird auch beim Treffen Merkels mit Frankreichs Staatschef François Hollande am Freitag und Samstag an der Ostsee wichtiges Thema sein.
Am Donnerstag hatten die prorussischen Separatisten einen Aufruf Putins abgelehnt, die Abstimmung über den Status mehrerer Regionen in der Ostukraine zu verschieben. „Das Referendum wird am 11. Mai stattfinden“, sagte der Rebellen-Anführer in Donezk, Denis Puschilin. Auch die Milizen in Lugansk beschlossen, am Sonntag eine Volksabstimmung abzuhalten. Ähnlich äußerte sich der selbsternannte Bürgermeister von Slawjansk, Wjatscheslaw Ponomarjow.
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton verurteilte die Entscheidung der Separatisten. „Solche unautorisierten örtlichen Referenden haben keine demokratische Legitimität und können nur zu weiterer Eskalation führen“, sagte Ashtons Sprecherin in Brüssel. (AFP/dpa)