Türkei: Viele Tote bei Anschlag auf Friedensmarsch in Ankara
Bei Explosionen an einem Bahnhof in der türkischen Hauptstadt sind mindestens 30 Menschen getötet worden, mehr als 120 wurden verletzt. Der Anschlag galt einer Demonstration von Regierungskritikern.
Zwei Explosionen haben am Samstag einen Bahnhof in der türkischen Hauptstadt Ankara erschüttert. Vermutlich handelt es sich um einen Anschlag auf eine regierungskritische Friedensdemonstration. Mindestens 30 Menschen wurden getötet, 126 Menschen wurden verletzt, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu unter Berufung auf das türkische Innenministerium.
Die Explosionen ereigneten sich ersten Berichten zufolge im Abstand von wenigen Minuten, die erste um etwa 10 Uhr Ortszeit (9 Uhr MESZ). Teilnehmer der Demonstration waren dazu aufgerufen gewesen, sich ab 10.00 Uhr am Bahnhof zu versammeln. Die Demonstration sollte um 12.00 Uhr beginnen. Die Demonstranten forderten ein Ende des Konflikts zwischen türkischem Militär und Kurden im Südosten des Landes.
Ein über Twitter verbreitetes Video zeigte eine Explosion, während Teilnehmer der Friedensdemonstration singen und tanzen.
Nach Scheitern eines zweijährigen Waffenstillstandes zwischen der Regierung und der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK im Juli eskaliert im Südosten der Türkei die Gewalt.
Die türkische Regierung geht von einem Terroranschlag aus. "Wir vermuten, dass es eine terroristische Verbindung gibt", sagte ein Regierungsvertreter am Samstag der Nachrichtenagentur AFP. Laut der Agentur Reuters wird Berichten nachgegangen, wonach sich ein Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt habe.
Der Co-Vorsitzende der prokurdischen Partei HDP sprach von einem „barbarischen Angriff“. Demirtas sagte nach Angaben der Nachrichtenagentur DHA, es habe sich um ein „großes Massaker“ gehandelt. Demirtas teilte auf Twitter mit: „Diejenigen, die Frieden wollen, werden ermordet.“
Protest nach dem Anschlag
Nach dem Anschlag ist die türkische Polizei gegen wütende Demonstranten vorgegangen. Polizisten schossen in die Luft, um protestierende Demonstranten auseinanderzutreiben, wie ein AFP-Reporter berichtete. Wütende Demonstranten riefen "Polizei Mörder!", bevor sie von der Polizei vertrieben wurden.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) verurteilte den Anschlag "auf das Schärfste". Der "brutale Terroranschlag auf friedliche Demonstranten" sei zugleich ein Angriff auf den demokratischen Prozess in der Türkei, sagte Steinmeier. Den Tätern gehe es offensichtlich darum, im Vorfeld der Parlamentswahl "ein Klima der Angst und Einschüchterung zu verbreiten und Hass und Zwietracht zu schüren". Dies dürfe nicht gelingen. Der russische Präsident Wladimir Putin kondolierte laut in einem Telegramm an Erdogan.
Die Botschaft der USA verurteilte den Anschlag und rief zur Einigkeit gegen den Terror auf.
Der Generalsekretär des Europarats, Thorbjörn Jagland, reagierte schockiert. Die Versammlungsfreiheit sei ein Fundament der Demokratie, schrieb er auf Twitter.
Anadolu berichtete, Präsident Recep Tayyip Erdogan sei mit Ministerpräsident Ahmet Davutoglu und anderen Kabinettsmitgliedern zu einem Krisentreffen zusammengekommen. Davutoglu kündigte an, den Wahlkampf für drei Tage auszusetzen. In der Türkei sind für den 1. November Neuwahlen für das Parlament angesetzt. (TSP mit AFP, dpa, Reuters)