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Die Welt in seiner Hand? Donald Trump im Garten des Weißen Hauses.
© AFP

Strafzollpolitik gegen China: Viel mehr Trump hält die Weltwirtschaft nicht aus

In der IT-Industrie lähmt der China-Bann der USA die globalen Lieferketten. Die Isolationspolitik könnte China zum stärkeren Gegner machen. Eine Kolumne.

Eine Kolumne von Harald Schumann

Wie viel Trump braucht es, um eine globale Wirtschaftskrise herbeizuführen? Bis vor kurzem war diese Frage eher theoretisch. Der US-Präsident zockt zwar seit zwei Jahren mit den Zolltarifen, um China und weiteren Handelspartnern Zugeständnisse abzuringen. Der wirtschaftliche Schaden hielt sich gleichwohl in Grenzen.

Opfer mussten vor allem die Verbraucher in den USA bringen, wie der Internationale Währungsfonds (IWF) berichtete. Sie bezahlen für Waren aus China jetzt de facto eine Art Sondersteuer an den US-Fiskus. Aber alles in allem, so kalkulieren die IWF-Ökonomen, mindert die Trumpsche Handelspolitik die Leistung der Weltwirtschaft bisher lediglich um 0,3 Prozent; eine Krise ist das nicht.

Getroffen werden: industrielle Lieferketten

Doch nun schießt der US-Präsident auf das Herz der globalisierten Ökonomie: die internationale Arbeitsteilung und die industriellen Lieferketten. Dafür erweiterte er den Bann gegen den chinesischen Konzern Huawei auf dem US-Markt auf alle Zulieferer des Unternehmens weltweit. Wer immer künftig seine Produkte ohne Erlaubnis des US-Behörden noch an den chinesischen Hightech-Riesen verkauft, dem droht der Verlust seiner Geschäfte in oder der Zulieferungen aus den Vereinigten Staaten.

Doch gerade in der IT-Industrie sind alle mit allen verbunden. Keine andere Branche ist so über alle Grenzen hinweg verflochten wie diese. Nicht nur dürfen Google und Microsoft künftig keine Updates für Android und Windows mehr an Huawei liefern, um so Chinas Vorzeigeunternehmen vom Markt für Smartphones und PCs zu verdrängen. Zudem müssen auch alle Zulieferer von Komponenten ihr Geschäft mit Huawei einstellen.

Betroffen sind: Qualcomm, Panasonic, ARM und 1200 weitere

Das trifft nicht nur die in den USA ansässigen Chip-Hersteller wie Qualcomm, sondern etwa auch die japanische Firma Panasonic oder die britische Chip-Schmiede ARM. Deren Ingenieure wiederum liefern einen großen Teil der Designpläne für den weltgrößten Chiphersteller TSMC in Taiwan, der seinerseits einer der Hauptlieferanten für Huawei ist. Insgesamt sind mehr als 1200 Unternehmen betroffen.

In der Folge werden nicht nur die Geschäfte von Huawei und dessen Zulieferern einbrechen. Viel schwerer wiegt, dass der Bann aus Washington tragende Säulen der Weltwirtschaft in Frage stellt: die Vertragsfreiheit und die Rechtssicherheit. Was heute mit Huawei geschieht, könnte im Streitfall morgen auch die Autokonzerne, die Nahrungsmittelindustrie oder die Chemiebranche anderer Länder treffen.

80 Prozent der "seltenen Erden" kommen aus China - noch

Schon hat die Regierung in Beijing angekündigt, dass sie ihrerseits die Lieferung der für alle Hightech-Industrien unverzichtbaren Metalle aus der Gruppe der „seltenen Erden“ einschränken könnte, die zu 80 Prozent aus dem Reich der Mitte kommen.

Würde der Konflikt weiter eskalieren, könnte das sogar den Apple-Konzern zu Fall bringen, dessen Iphones und Macbooks zum größten Teil in China produziert werden. Schon allein die mit dieser Drohung erzeugte Unsicherheit könnte bald schon die Investitionen weltweit einbrechen lassen, und die Trump-Krise wäre da.

Das kann so kommen, aber es muss nicht. Wenn die Regierungen der übrigen Welt und insbesondere in Europa sich der US-Kanonenbootpolitik gegen die Globalisierung entschlossen entgegenstellen, dann haben sie gute Chancen, die Eskalation abzuwenden. Der erste wichtige Schritt dahin wäre, dass sich die EU-Kommission im Auftrag aller europäischen Staaten schützend vor die vom Bannstahl aus Washington betroffenen Unternehmen stellt und vor allen Gerichten von der WTO bis zu den zuständigen US-Kammern Klage einlegt.

Darüber hinaus gilt es, eine weltweite Allianz zum Schutz der Welthandelsordnung zu schmieden - unter Einschluss von China. Ja, es gibt gute Gründe, den wachsenden Machtanspruch der Parteidiktatoren in Beijing zurückzuweisen. Aber der von Trump angezettelte neue Kalte Krieg gegen das größte Land der Welt ist grotesk unrealistisch. Anders als die einstige Sowjetunion ist das moderne China mit einer Wirtschaftsleistung von 13 Billionen Dollar im Jahr ein essentieller Bestandteil der globalen Ökonomie.

Ohne China kann es für alle Zukunftsprobleme vom Klimaschutz bis zur Cybersicherheit keine Lösung geben. Der Versuch, das Riesenreich zu isolieren, würde am Ende nur einen noch stärkeren Gegner hervorbringen. Darum gibt es keine erfolgversprechende Alternative als stetige und intensive Verhandlungen zum Ausgleich der Interessen. Diese Botschaft gilt es, mit aller Entschlossenheit nach Amerika zu tragen. Viel mehr Trump wird die Weltwirtschaft nicht aushalten.

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