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Mehr Licht aufs Rotlicht verspricht sich die Koaliton vom neuen Prostitutionsgesetz. Das Bild zeigt eine aktuelle Ausstellung über Prostitution im 19. Jahrhundert in Amsterdam.
© Robin van Lonkhuijsen/dpa
Update

Kabinett stimmt zu: Verschärftes Prostitutionsgesetz kann ins Parlament

Bis 2017 soll ein neues Prostitutionsgesetz in Kraft sein. Der Entwurf, den das Bundeskabinett jetzt gebilligt hat, verschärft die vor 14 Jahren liberalisierten Vorschriften.

Das seit Jahren umstrittene neue Prostitutionsgesetz darf jetzt ins parlamentarische Verfahren. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch den Entwurf gebilligt, um den die Koalitionsparteien seit Anfang 2014 Auseinandersetzungen geführt hatten. Das Gesetz soll das von 2002 ersetzten, mit dem die rot-grüne Regierung Schröder die Sittenwidrigkeit der Prostitution abgeschafft hatte, was den dort tätigen Männern und Frauen erstmals das Recht gegeben hatte, ihren Lohn einzuklagen und sich sozialzuversichern.

Zankapfel Anmeldepflicht

Die heftigsten Auseinandersetzungen um die Reform hatte es beim Thema Anmeldepflicht für Sexarbeiterinnen gegeben. Prostituiertenverbände waren Sturm dagegen gelaufen, weil sie um ihre Anonymität fürchteten. Der Entwurf des geplanten Gesetzes "zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen", kurz Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG), sieht vor, dass Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter sich bei den Behörden anmelden - welche dies sind, entscheiden die Länder - und diese Anmeldung alle zwei Jahre erneuern müssen. Unter 21-Jährige müssen sogar jedes Jahr dafür zum Amt. Weiterer Behördenkontakt ist nach der jüngsten Fassung des Gesetzes für die ebenfalls vorgeschriebene Gesundheitsberatung nötig. Sie gilt für Prostituierte, die mindestens 21 Jahre alt sind, im Jahresrhythmus. Jüngere müssen sogar alle sechs Monate zur Beratung.

"Regeln wie für andere Gewerbetreibende"

Man respektiere, dass es auch Prostituierte gebe, die dem Beruf freiwillig und selbstbestimmt nachgingen, sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im Familienministerium, Elke Ferner (SPD). Andere seien nicht freiwillig im Gewerbe und "nicht in der Position, sich gegen Bordellbetreiber und Kunden durchzusetzen". Das Gesetz ziele darauf, "den großen Graubereich zwischen legaler und illegaler Prostitution kleiner zu machen". Die Kritik aus Kommunen und Ländern habe man aufgenommen und vorgesorgt, dass es "keine überbordende Bürokratie" entstehen lasse. Für Prostitution würden jetzt " ähnliche Regeln wie für andere Gewerbetreibende" geschrieben, die sich auch anmelden müssten. Wenn das Gesetz am 1. Juli 2017 wie geplant in Kraft trete, hätten die Länder auch genügend Zeit, sich darauf vorzubereiten, sagte Ferner.

Der Kritik von Sexarbeits- und Frauenverbänden an den Folgen der Anmeldepflicht speziell für Sexarbeit, vor allem der Gefahr von Zwangsoutings, will der Entwurf offenbar durch die Möglichkeit einer Aliasbescheinigung begegnen: Auf Wunsch kann der oder die Sexarbeiterin auf ihrem Anmeldenachweis, den sie immer bei sich tragen müssen, auch eine Art Künstlernamen eintragen lassen. Der bürgerliche Name wird aber, wie Ferner auf Nachfrage bestätigte, sichtbar, wenn etwa Polizisten, die kontrollieren, auf der Meldebehörde nachfragen. Dort werde aber "kein öffentliches Register geführt", betonte Ferner. Das Auskunftsrecht sei begrenzt.

Verstöße können bis zu 50.000 Euro kosten

Weitgehend Konsens, auch über die Koalitionspartnerinnen Union und SPD hinaus, sind die Auflagen für Bordelle. Wer ein Bordell betreibt, braucht dafür künftig eine Genehmigung. Sie wird von einem Führungszeugnis abhängig gemacht und von einem Betriebskonzept, das menschenunwürdige Praktiken ausschließt. Dazu zählen zum Beispiel Flatrate-Angebote. Außerdem sollen Bordelliers ausreichend Kondome - auch eine Kondompflicht führt das Gesetz ein - , Gleitmittel und hygienisch einwandfreie Arbeitsstätten zur Verfügung stellen. Die Zimmer müssten außerdem Notrufmöglichkeiten haben. Wenn Sexarbeiterinnen auch im Bordell wohnen, sind Arbeits- und Privaträume zu trennen. "Wir schauen dort erstmals hin", sagte Ferner. Die Behörden würden "nicht nur genehmigen, sondern auch kontrollieren". Die Zuverlässigkeit der Bordellbetreiberinnen und -betreiber wird alle drei Jahre neu geprüft. Wenn sie oder die Prostituierten selbst gegen die neuen Vorschriften verstoßen, können Bußgelder verhängt werden - der Katalog geht von fünf bis höchstens 50.000 Euro.

Grüne: Prostituierte werden entmündigt statt geschützt

Die Grünen kritisierten den Entwurf scharf. Das Gesetz habe seinen Namen nicht verdient, erklärte die frauenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Ulle Schauws: "In erster Linie geht es hier nicht um den Schutz von Prostituierten, sondern um größtmögliche Kontrolle, Entmündigung und Fortsetzung ihrer Stigmatisierung." Meldepflicht und die verpflichtende Gesundheitsberatung trieben Prostituierte in die Illegalität und widersprächen ihrem Recht auf Selbstbestimmung. Statt sich auf die Regulierung der Bordelle zu beschränken, die auch die Grünen begrüßen, werde ein "Bürokratiemonster vor allem zu Lasten der Länder und Kommunen geschaffen, ohne jedoch die Rechte der Prostituierten zu verbessern".

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