Draghis Zinspolitik: Vergiftete Geschenke
Mario Draghis Null-Zins-Politik hat ein schlimmes Vorbild: Sie versagte schon in Japan. Ein Kommentar.
Das klingt wie ein Traum aus dem Schlaraffenland der Zocker und Geldausgeber: Für Kredite muss man keine Zinsen mehr zahlen, wenn Banken besonders viele Kredite ausreichen, bekommen sie sogar noch einen Bonus obendrauf. Und die Bank und das Unternehmen, die ihr Geld partout weder ausgeben noch in spekulative Geschäfte anlegen wollen, denen wird es Stück für Stück abgeknöpft. Außerdem kauft die EZB mit Billionenaufwand Staatspapiere von Ländern, die sich auf dem normalen Markt kein Geld mehr besorgen können, weil Anleger ihnen misstrauen. Das ist Mario Draghis, des EZB-Chefs Lizenz zum Geldausgeben.
Ein zunehmendes Wohlstandsgefälle zwischen Jungen und Älteren in der Euro-Zone
Leider ist es nur die Hälfte der Wahrheit. Und versagt hat die Methode auch schon einmal: in Japan. Die Methode Draghi vernichtet Vermögen und belohnt Staaten, die schlecht gewirtschaftet haben. Kein Wunder, dass der Beifall für ihn vor allem aus Südeuropa kommt. Die Methode Draghi beschädigt außerdem die Zukunftschancen der jungen Generation. Warum? Weil die zwar in Deutschland genau weiß, dass aufgrund der demografischen Entwicklung niemand seine Altersvorsorge auf die staatliche Rentenversicherung gründen darf, aber andererseits durch die Null-Zins-Politik der EZB alle herkömmlichen Varianten der Geldanlage in festverzinsliche Papiere zum Beispiel oder in Lebensversicherungen nicht mehr funktionieren. Geradezu zynisch wirkt es da, wenn Mario Draghi jetzt in einem Interview mit der britischen Zeitung „The Guardian“ Sorge über ein zunehmendes Wohlstandsgefälle zwischen jungen und älteren Menschen in der Euro-Zone äußert.
Nicht nur chronische Euro-Kritiker nennen diese Entwicklung eine „Japanisierung der Währungssysteme“. In Japan kann man besichtigen, welche Folgen eine Null-Zins-Politik über einen längeren Zeitraum hat. In Japan war es nach einer überaus dynamischen Wirtschaftsphase in den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts zu einem hektischen Immobilien- und Aktienboom gekommen. Beide Blasen platzten, der Staat erhöhte seine Verschuldung, um die Konjunktur wieder anzukurbeln, und die japanische Nationalbank senkte und senkte die Zinsen – in der Hoffnung, dass die Pferde wieder saufen, wie das im Börsenjargon so nett heißt. Die zitierten Pferde aber sind nicht doof. Niemand investiert, egal ob privat oder als Unternehmer, wenn er sich seiner eigenen wirtschaftlichen Zukunft nicht sicher ist und daran glaubt, für seine Produkte auch Abnehmer zu finden.
Konjunktur ankurbeln, das geht anders
Damit sind wir wieder bei der Demografie. Junge Menschen in Deutschland haben bei dieser Zinspolitik nur drei Optionen: Entweder sie hauen das Geld raus, weil es Anlageformen mit geringem Risiko kaum gibt. Oder sie investieren in Grund und Boden, mit dem Risiko, Opfer einer geplatzten Immobilienblase zu werden. Oder sie bunkern das Geld unter der Matratze. Alles nicht berauschend. Konjunktur ankurbeln, das geht anders. Wenn in Deutschland zum Beispiel der Staat die Möglichkeit der günstigen Kreditaufnahme nutzen würde, um endlich in die marode Infrastruktur zu investieren, würde er damit für einen Anschub der Wirtschaft sorgen, der am Ende allen im Lande zugutekäme.