Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen: Verfassungsschutz habe IS anfangs falsch eingeschätzt
„Was den IS angeht, müssen wir dazulernen“, räumte Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen ein - und warnt vor Terroranschlägen in Deutschland.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat nach Darstellung seines Präsidenten Hans-Georg Maaßen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) anfangs falsch eingeschätzt. So habe man es zunächst für unwahrscheinlich gehalten, dass der IS den Flüchtlingsstrom nutzen werde, um Anhänger nach Deutschland zu bringen, sagte Maaßen der „Welt am Sonntag“. „Wir dachten, das Risiko sei schlichtweg viel zu hoch. Mittlerweile wissen wir: Was den IS angeht, müssen wir eben auch dazulernen. Obwohl er es nicht nötig hätte, seine Leute unter die Flüchtlinge zu mischen, hat er es getan. Ich nenne das eine „show of force“ (Machtdemonstration).“
Es sei ein großes Problem, dass etwa 70 Prozent der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge keine gültigen Pässe vorlegten. Sie würden nur aufgrund ihrer eigenen Angaben registriert. „Ich habe die Sorge, dass wir und unsere Partnerdienste in unseren Datenbanken zwar Informationen über gefährliche Personen gespeichert haben. Uns könnte jedoch entgehen, dass sie bei uns sind, weil sie mit falschen Identitäten einreisen.“
Maaßen: "Der IS will auch Anschläge gegen Deutschland und deutsche Interessen durchführen."
Maaßen erneuerte seine Warnung vor möglichen Terroranschlägen in Deutschland. „Der IS will auch Anschläge gegen Deutschland und deutsche Interessen durchführen. Dazu wird in der Propaganda ausdrücklich aufgerufen. Deutsche Städte werden in einem Zusammenhang mit anderen Metropolen wie Paris, London oder Brüssel genannt.“ Der Verfassungsschutz halte die Sicherheitslage für „sehr ernst“. Es lägen jedoch derzeit keine Erkenntnisse über konkrete Pläne für Terroranschläge in Deutschland vor, sagte Maaßen.
Laut „Welt am Sonntag“ suchen die deutschen Sicherheitsbehörden derzeit 76 Personen aus dem Bereich gewaltbereiter Islamismus per Haftbefehl. Diese seien zum Teil untergetaucht. Das gehe aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervor. Die Zahl der Ausgereisten nach Syrien oder in den Nordirak gehe zurück. Nach Erkenntnissen der Regierung seien im Jahr 2015 rund 150 deutsche Islamisten oder Islamisten aus Deutschland in das Kriegsgebiet gefahren. (dpa)