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Ortega
© dpa

Nicaragua: Verfassungsänderungen: Vorbild Venezuela

Das Wiederwahl-Fieber grassiert derzeit von Mittelamerika bis Feuerland. Auch Nicaraguas Präsident Ortega will die Verfassung reformieren.

Das Drehbuch lief nicht ganz nach Plan. Eigentlich hätte das Plebiszit in Honduras jetzt längst über die Bühne sein sollen, mit dem sich Staatschef Manuel Zelaya die Wiederwahl ermöglichen wollte. Ein Staatsstreich kam dazwischen, nun verhandelt der gestürzte Zelaya in Costa Rica mit den neuen Machthabern. Schon der venezolanische Staatschef Hugo Chavez – der Mentor der neuen Linken in Lateinamerika – brauchte zwei Anläufe, um im Februar seine unbegrenzte Wiederwahl per Plebiszit doch noch durchzusetzen. Besser lief es für die linken Staatschefs in Bolivien, Evo Morales, und Ecuador, Rafael Correa: Ihre Verfassungsänderungen wurden vom Volk angenommen, nachdem im Vorfeld ein Kompromiss mit den bürgerlichen Parteien ausgehandelt und die Wiederwahl auf zwei aufeinanderfolgende Perioden beschränkt wurde.

Im Nachbarland Nicaragua hielt der Fünfte im Bunde – Präsident Daniel Ortega – trotz der Krise in Honduras am ursprünglichen Skript fest: Im Rahmen der Feierlichkeiten zum 30. Jahrestag der sandinistischen Revolution enthüllte der Staatschef am Montag, auch er wolle die Verfassung reformieren und „verbessern“. Geplant sei, ein Abberufungsreferendum nach venezolanischem Muster zu etablieren, erklärte Ortega, und – dann kam der Clou – die direkte und unbegrenzte Wiederwahl für alle politischen Ämter einzuführen. Weil sich die Opposition im Kongress diesem Ansinnen widersetzt und die Sandinisten die für eine Verfassungsänderung nötige Zwei-Drittel-Mehrheit nicht besitzen, will Ortega wie Zelaya ein Plebiszit über eine Verfassungsänderung anstrengen. Angst vor einem Putsch hat er dabei nicht: „Hier wird nicht so etwas passieren, denn hier sind die Sicherheitskräfte auf der Seite des Volkes“, zeigte sich Ortega überzeugt.

Das Wiederwahl-Fieber grassiert derzeit von Mittelamerika bis Feuerland. Es betrifft nicht nur Bananenrepubliken und ist kein ausschließliches Privileg der linken Freunde von Chavez, wie die Beispiele von Kolumbien und der Dominikanischen Republik zeigen. In beiden Ländern regieren mit Alvaro Uribe und Leonel Fernandez liberal-konservative Präsidenten schon in der zweiten Amtszeit. Und beide möchten gerne weiter an der Macht bleiben und spielen mit dem Gedanken von Volksbefragungen. In Argentinien regiert das peronistische Ehepaar Nestor und Cristina Kirchner im Duett – zuerst mit ihm, nun mit ihr als Staatschef.

Das Verbot einer Wiederwahl der Staatschefs fand in den meisten Ländern in den 80er Jahren nach Ende der Diktaturen Eingang in die Verfassungen. Grundidee war, die Anhäufung von zu viel Macht in der Exekutive über zu lange Zeit zu verhindern, denn in Lateinamerika herrschen präsidiale Systeme wie in den USA oder Frankreich, keine parlamentarischen wie in Deutschland. Schon bald bröckelte der Grundsatz unter dem Druck der Politiker, die nicht von der Macht lassen wollten. 13 Länder weichten das Wiederwahlverbot auf. Zu den ersten gehörten Brasilien und Argentinien, wo schon in den 90er Jahren neoliberal-bürgerliche Regierungen die einmalige Wiederwahl der Staatschefs durchsetzten.

Derzeit schwappt die zweite Welle über den Kontinent – getragen vom Rohstoffboom und populistischen Präsidenten. Michael Shifter vom Inter-American Dialogue in Washington gibt zu bedenken: Der Glaubwürdigkeitsverlust der Parteien, Korruption, unzureichende Gewaltenteilung und verfehlte Politikstrategien hätten dazu geführt, dass die Bevölkerung alles auf einen starken Mann setzt. Ein Teufelskreis, in dem Lateinamerika schon lange steckt. So warnte schon der Befreiungskämpfer Simon Bolivar 1819 davor, jemanden zu lange an der Macht zu lassen, „denn das Volk gewöhnt sich daran, ihm zu gehorchen und er daran, zu befehlen. Das führt zu Machtmissbrauch und Tyrannei“.

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