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In Augsburg musste das Rathaus nach einer Bombendrohung evakuiert werden.
© Stefan Puchner/dpa

Rechtsextreme Bombendrohungen: Verdächtiger war dem Verfassungsschutz bekannt

Er wurde wegen einer Serie von rechtsextremen Drohmails festgenommen, nun sitzt er in Untersuchungshaft. Es gibt Hinweise, dass er eine Bombe bauen wollte.

Im Fall der rechtsextremen Bombendrohungen gegen Gerichte und anderen Behörden in ganz Deutschland sind die Ermittler offenbar fündig geworden. Der Verdächtige ist inzwischen in Untersuchungshaft, sagte eine Sprecherin der Generalstaatsanwaltschaft Berlin am Samstag. Der Mann war bereits am Donnerstag in Schleswig-Holstein festgenommen worden, nun sei gegen ihn Haftbefehl erlassen worden.

Die Ermittler der Landeskriminalämter Berlin und Schleswig-Holstein hatten am Donnerstag die Wohnung des Mannes durchsucht. Nach Auswertung des Computers und der Unterlagen hätten die Ermittler Indizien gefunden, „dass der Mann sich möglicherweise kundig gemacht hat, wie man eine Bombe baut“, sagte die Sprecherin. Laut dem Haftbefehl bestehe der dringende Tatverdacht auf „Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“.

Noch sitzt der Mann in Schleswig-Holstein in Untersuchungshaft, die Generalstaatsanwaltschaft Berlin will ihn aber nach Berlin holen. Sie führt das Verfahren federführend, darauf hatten sich die Staatsanwaltschaften in den Bundesländern verständigt. Deshalb wurden die Ermittlungen, an denen auch das Bundeskriminalamt (BKA) beteiligt ist, zentral in Berlin gebündelt. Auch in Berlin sei eine große Anzahl von Drohmails an öffentliche Einrichtungen wie Gerichte, Behörden oder Rechtsanwaltskanzleien verschickt worden, hieß es.

Nach Informationen von NDR und „Hamburger Abendblatt“ soll der Mann im Ort Halstenbek wenige Kilometer nordwestlich von Hamburg wohnen. Details zur Person wollte die Staatsanwaltschaft nicht machen. Laut NDR soll der Mann Anfang 30 und deutscher Staatsbürger sein. Zudem sei er den Sicherheitsbehörden einschlägig bekannt. Er soll psychisch labil sein.

Drohmails von "Nationalsozialistische Offensive"

Nach den bisherigen Ermittlungen gehen die Behörden nicht davon aus, dass mehrere Täter hinter den mehr als 200 Drohbriefen stecken. „Nach dem bisherigen Stand hat er offenbar alleine gehandelt“, sagte die Sprecherin. Die Ermittlungen hätten keine Anhaltspunkte ergeben, dass der Verdächtige Komplizen hat. Die Auswertung des beschlagnahmten Materials werde aber „noch einige Zeit“ dauern.

In dem Verfahren geht es um mehr als 200 Droh-Emails. Die von April 2018 bis heute verschickten E-Mails waren mit "Nationalsozialistische Offensive" oder "Wehrmacht" unterzeichnet. Darin sind laut Staatsanwaltschaft "offensichtlich aus rechtsextremistischer Motivation heraus Bombenanschläge" auf Gerichte und Einrichtungen angekündigt worden.

Der Beschuldigte stehe unter Verdacht, verschiedene Drohschreiben an Gerichte und andere Einrichtungen in Hamburg, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Brandenburg geschickt zu haben. Die Behörden hätten rund 80 Fälle ermittelt, in denen er der Verdächtige sei. Sie prüfen nun auch, ob der Mann auch für weitere Drohschreiben verantwortlich ist, die auch an andere öffentliche Einrichtung in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und im Saarland verschickt worden sind.

Die Schreiben gingen bei Finanzämtern, Rathäusern, Anwaltskanzleien, Verlagen und einzelnen Politikern in ganz Deutschland ein. Gedroht wurde nicht nur mit Bomben, sondern – wie im Fall der Bundestagsabgeordneten Martina Renner (Linke) – auch damit, „Bürger auf offener Straße zu exekutieren“.

Verfasser wollte "das System" abschaffen

Die Drohmails waren von einem anonymen Absender verschickt worden. Der Verfasser hatte darin gedroht, dass sich im Gebäude ein Sprengsatz befinde. Betroffenen war sogar ein Kindergarten. Gefunden worden war aber in keinem Fall eine Bombe. Die Folgen waren dennoch gravierend: Als Schutzmaßnahmen wurden die Gebäude meistens geräumt und von der Polizei durchsucht. Der Verfasser erklärte in den Mails, zur Rettung Deutschlands müsse die Judikative beseitigt, das „System“ abgeschafft und durch ein neues ersetzt werden.

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