Boykott einer Preisverleihung: Verbale Attacken aus Israel gegen jüdische Schauspielerin Natalie Portman
Weil sie einen Preis wegen der aktuellen israelischen Politik nicht persönlich entgegennehmen will, wird Natalie Portman scharf kritisiert.
Dass Israels Regierung alles andere als zimperlich mit Kritikern umgeht, hat Hollywood-Star Natalie Portman in diesen Tagen persönlich zu spüren bekommen: Wie eine „reife Frucht“ sei sie in die Hände der Boykott-Unterstützer gefallen, schimpfte Kulturministerin Miri Regev. Man solle ihre Filme boykottieren, forderte gar der Likud-Abgeordnete Oren Chasan, das Enfant terrible der Knesset, und rief den Innenminister dazu auf, Portman die israelische Staatsangehörigkeit abzuerkennen. Auch Energieminister Juval Steinitz empörte sich, Portman spiele in die Hände „unserer schlimmsten Hasser und den schlimmsten Antisemiten des Nahen Ostens“.
Sie will das Preisgeld annehmen und spenden
Natalie Portman, die jüdische Schauspielerin, die in Jerusalem geboren wurde, hatte zuvor ihre Teilnahme an der Verleihung des Genesis-Preises abgesagt, den sie in diesem Jahr erhält. Der Preis wird seit 2014 an Persönlichkeiten vergeben, die junge Juden inspirieren, durch berufliche Erfolge und Engagement für jüdische Werte. Natalie Portman will das Preisgeld in Höhe von umgerechnet rund 1,6 Millionen Euro annehmen und spenden, den Preis aber nicht persönlich entgegennehmen. Die jüngsten Ereignisse in Israel hätten sie extrem erschüttert, sie fühle sich nicht wohl, an einer öffentlichen Veranstaltung in Israel teilzunehmen, erklärte ihr Management. Grund genug für zahlreiche Politiker, das als eine Kampfansage zu interpretieren.
Dabei ist Portman alles andere als eine Israelhasserin: Sie verfilmte nicht nur Amos Oz Werk „Eine Geschichte von Liebe und Finsternis“ in Israel auf Hebräisch, sondern half als Studentin in Harvard dabei, das Buch „The Case for Israel“ zu recherchieren, eine Art Antwort auf die übliche Israel-Kritik. Am Freitag schrieb sie auf Instagram, sie könne kritisch gegenüber der politischen Führung sein, ohne das ganze Land boykottieren zu wollen. „Ich habe mich entschlossen, nicht teilzunehmen, weil ich nicht wollte, dass es so scheint, als unterstütze ich Benjamin Netanjahu, der bei der Zeremonie eine Rede halten sollte“, schrieb Portman. Und: „Eben weil ich mich um Israel sorge, muss ich aufstehen gegen Gewalt, Korruption, Ungleichheit und Machtmissbrauch.“
Kritik wird als Angriff auf das Land wahrgenommen
Doch Inhalte spielen in Israel derzeit kaum eine Rolle: Kritik ist schlicht nicht erwünscht und wird als Angriff auf das gesamte Land wahrgenommen – das haben auch Menschenrechtsorganisationen wie B’tselem und Schowrim Schtika erfahren, die das Vorgehen der israelischen Armee und die Besatzung kritisieren: Sie gelten als Nestbeschmutzer, als Israelhasser, als linke Feinde. Überhaupt ist „links“ zu einem Schimpfwort geworden. Und wer am Vorgehen der Armee zweifelt, muss wohl einer dieser „Smolanim“ sein.
Das gilt besonders derzeit, da an der Gazagrenze seit Wochen tausende Palästinenser protestieren, für ein Recht auf Rückkehr und gegen die Lebensbedingungen im nahezu abgeriegelten Küstenstreifen. Viele verhalten sich friedlich, manche allerdings werfen Steine, Brandsätze und explosive Geschosse über den Grenzzaun. Israels Armee reagiert heftig, schießt auch scharf auf jene, die dem Zaun zu nahe kommen: Mehr als 40 Palästinenser sind bei den Protesten bislang ums Leben gekommen, Hunderte wurden zum Teil schwer verletzt. Wohl auch darauf spielte Natalie Portman in ihrem Post an, als sie von „Gewalt“ schrieb.
"Es ist empörend, dass auf Kinder geschossen wird"
Längst sieht sich Israel internationaler Kritik ausgesetzt: Die EU forderte die Armee dazu auf, nicht scharf auf unbewaffnete Demonstranten zu schießen. Ein Sprecher der EU erbat eine vollständige Aufklärung der Fälle von verwundeten und getöteten Palästinensern. Und der UN-Sondergesandte Nickolay Mladenov zeigte sich auf Twitter besonders wütend über den Tod eines 15-jährigen Palästinensers bei den Protesten am vergangenen Freitag: „Es ist empörend, dass auf Kinder geschossen wird.“
Doch Israels Regierung verteidigt das Vorgehen vehement. Für den Tod des 15-Jährigen machte Verteidigungsminister Avigdor Lieberman die Hamas verantwortlich: Sie seien feige Führer, die sich hinter Frauen und Kindern versteckten, um Terrorakte verüben zu können, schrieb er auf Twitter und riet den Menschen in Gaza für ein langes Leben dem Zaun fernzubleiben. Der frühere Armeesprecher Peter Lerner lieferte sich mit Mladenov auf Twitter einen Schlagabtausch.
Der Tod von Demonstranten wird nicht hinterfragt
Bezeichnend ist, dass die Vorfälle an der Gazagrenze in Israel ansonsten keine großen Wellen schlagen. Die Ereignisse scheinen eher ein Randthema, eine kleine Krise, wie sie Israel schon oft erlebt hat. Der Tod von Demonstranten wird nicht hinterfragt. Die Armee wird schon ihre Gründe für das Vorgehen haben, sind hier viele überzeugt.
Ob das so ist, wird sich zeigen: Zumindest der Fall des 15-jährigen getöteten Palästinensers wird von Israel nun doch untersucht, kündigte der US-Sondergesandte für den Nahen Osten, Jason Greenblatt, auf Twitter an.
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