Geschmacklose Bildmontage: Veggie-Day: FDP-Politiker greift zu Nazi-Vergleich
Weil ihn der Grünen-Vorschlag für einen vegetarischen Tag in Kantinen geärgert hat, montierte der FDP-Politiker Lars Lindemann auf Facebook das Grünen-Logo auf ein NS-Propagandabild. Der Eintrag verschwand zwar schnell wieder, die Grünen verlangen aber eine Entschuldigung.
Das Plakat zeigt eine Mutter, die ihren vier Kindern Stullen offeriert. „Eßt Vollkornbrot, denn es ist besser und gesunder“, steht darunter. Die Kinder sind blond, die Mädchen haben Schleifchen im Haar, der Große trägt ein braunes Hemd. Der Appell stammt aus einer Nazi-Kampagne zur Volksgesundheit. Und oben in der rechten Ecke findet sich das Logo von Bündnis 90/Die Grünen.
Der Berliner FDP-Politiker Bundestagsabgeordnete Lars Lindemann hat diese Bildmontage am Dienstagmorgen im Internet veröffentlicht. Auf seiner Facebook-Seite, versehen mit dem Kommentar „Denken hilft“. Er wollte damit gegen die Forderung der Grünen protestieren, in Deutschlands Kantinen künftig einmal pro Woche nur fleischlose Gerichte anzubieten. Dieser Vorstoß habe „totalitaristische Züge“, findet er. „Ich lasse mir von niemandem vorschreiben, was ich an welchem Tag zu essen habe.“ Und um darzustellen, wohin solche Vorgehensweisen führten, habe er eben „eine Form der Überzeichnung“ gewählt. Allerdings hatte sein Vergleich mit dem NS-Totalitarismus im Netz nicht lange Bestand. Nach einem kurzen, aber heftigen Anruf aus der Parteizentrale war der Eintrag am späten Vormittag wieder verschwunden.
Die Bundesgeschäftsführerin der Grünen, Steffi Lemke, verlangte "für diese Entgleisung" eine umgehende Entschuldigung des Spitzenkandidaten und Fraktionsvorsitzenden der FDP, Rainer Brüderle. "Wer mit Nazi-Vergleichen hantiert, hat nicht nur keine Argumente, sondern hat auch offensichtlich den Boden der politischen Auseinandersetzung verlassen", sagte Lemke dem Tagesspiegel.
Die Grünen hatten in ihrem Wahlprogramm angeregt, einen „Veggie Day“ in Kantinen einzuführen. Einmal in der Woche solle es dort ausschließlich vegetarisch und vegan gekochtes Essen geben. Zur Begründung verweist die Partei auf den hohen Fleischkonsum hierzulande: Pro Kopf und Jahr essen die Deutschen rund 60 Kilo Fleisch. Dieser hohe Verbrauch berge nicht nur gesundheitliche Risiken. Er erzwinge auch eine Massentierhaltung, die auf Mensch, Tier und Umwelt keine Rücksicht nehme. Deshalb müssten Verbraucher nicht nur über die Folgen des Fleischkonsums aufgeklärt werden. Öffentliche Kantinen sollten auch Vorreiterfunktionen übernehmen.
Inhaltlich ist Lindemann mit seinem Protest dagegen durchaus auf FDP-Linie. Auch Fraktionschef Brüderle hatte erklärt, dass es seinem Verständnis von Freiheit und Liberalität nicht entspreche, den „Menschen ständig Vorschriften zu machen“. Doch die Facebook-Aktion ging den Parteioberen zu weit. Dem Abgeordneten tue die Sache leid, versicherte ein Parteisprecher. Von Lindemann selber war solches nicht zu hören. Seine Plakat-Montage sei schließlich „kein plumper Vergleich“ gewesen, sagte er dem Tagesspiegel. „Ich habe die Leute zum Nachdenken aufgefordert.“
Mit der NS-Kampagne aus dem Jahr 1939 sollte den Deutschen das Vollkornbrot schmackhaft gemacht werden, als Alternative zu Brot aus importiertem Weizen. Um die Versorgung während des Krieges möglichst autark zu halten, warben die Nazis auch mit Slogans wie „Vollkornbrot macht Wangen rot“. Den Sudetendeutschen wurde vor der Volksabstimmung über den Anschluss ans Dritte Reich „Arbeit und Brot im freien Reich“ versprochen. Und in der „Parole der Woche“ hieß es 1940: „Dafür kämpfen wir - für das Brot unserer Kinder“ - gemeint war der Kampf um Lebensraum im Osten.
Cordula Eubel, Rainer Woratschka
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