Nach Terror in Bagdad und Istanbul: USA und Türkei wollen stärker gegen den IS vorgehen
Angesichts der vermehrten IS-Anschläge haben die USA und die Türkei der Terrormiliz einen verschärften Kampf angesagt. Die Zahl der Opfer in Bagdad stieg auf 213.
Nach einer Serie von Anschlägen der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) ändern die USA und die Türkei ihre Strategie gegenüber den Dschihadisten. Nach dem verheerenden Anschlag in Bagdad sprach das US-Außenministerium von einem „Massenmord“ an Unschuldigen und sagte dem IS einen unnachgiebigen Kampf an. Das Außenministerium in Washington erklärte, die USA setzten weiter alles daran, „die Welt im Kampf gegen das Böse zu vereinen“, den Terroristen die Zufluchtsorte in Syrien und im Irak zu nehmen und ihre globalen Netzwerke zu zerstören.
Die Zahl der Todesopfer in Bagdad ist inzwischen auf mindestens 213 gestiegen. Es war einer der schwersten Terrorakte im Irak seit dem Sturz des Diktators Saddam Hussein im Jahr 2003. Mehr als 300 Menschen wurden verletzt, einige davon schwer, wie es am Montag aus dem Gesundheitsministerium hieß.
Bei dem Anschlag war am Sonntag kurz vor dem Ende des Fastenmonats Ramadan in einem Einkaufszentrum im Stadtteil Karada eine Autobombe explodiert. Unter den Opfern waren auch viele Frauen und Kinder. Der IS bekannte sich in einer Erklärung zu dem Attentat und sprach von einem Selbstmordanschlag.
Der Anschlag folgte nur wenige Tage auf die Attacke radikaler Islamisten in Bangladesch mit 22 Todesopfern und dem Angriff auf den Flughafen in Istanbul, der ebenfalls dem IS zugeschrieben wird.
Angesichts der zunehmenden Anschläge geht auch die Türkei inzwischen massiv gegen den IS vor. Mit dem Attentat auf den Flughafen in Istanbul, dem siebten Terroranschlag in der Türkei seit Sommer 2015, der dem IS angelastet wurde, ändert sich offenbar der Kurs der türkischen Führung. Der IS versucht offenbar, so versteht es Ankara, die neuralgischen Punkte der türkischen Wirtschaft zu treffen.
Erdogan bekräftigt Wende im Umgang mit dem IS
Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan attackierte am Sonntagabend die Dschihadistenmiliz scharf und bekräftigte damit die nun doch deutliche Wende der Türkei in ihrem Verhältnis zu den Islamisten. Daesch, wie der IS in der Türkei seiner arabischen Abkürzung gemäß genannt wird, sei die „größte bösartige Organisation“, erklärte Erdogan in einer Rede zum Fastenbrechen. „Diese Organisation hat mit dem Islam und der muslimischen Gemeinschaft nicht das Geringste zu tun“, sagte der türkische Präsident. Ganz im Gegenteil, ihr einziges Ziel sei es, dem Islam und dessen Gläubigen Schaden zuzufügen.
Vor zwei Jahren noch klang das anders. Da hatte der damalige Außenminister und Erdogans späterer Regierungschef Ahmet Davutoglu den IS verharmlosend als das Ergebnis von „Wut, Entfremdung und Beleidigungen“ erklärt, die sunnitische Muslime im Westen oder auch im schiitisch dominierten Zentralirak erlitten hätten. Im Krieg in Syrien unterstützte die türkische Regierung von Beginn an jeden, der den Sturz des syrischen Präsidenten Baschar al Assad bewirken konnte. Die Kurdenmiliz war davon freilich ausgenommen, die Tolerierung des IS dagegen stiller Konsens.
Nach dem Anschlag auf den Flughafen ändert sich das nun. 13 Verdächtige wurden seitdem wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Mordes inhaftiert und angeklagt. Unter den Angeklagten seien zehn Türken, berichtete die Nachrichtenagentur Dogan am Montag. Zwei weitere mutmaßliche IS-Dschihadisten nahmen die Behörden am Atatürk-Flughafen in Istanbul fest. Die Männer wurden am Montag von Anti-Terror-Einheiten verhört.
Die Nahost-Expertin Lina Khatib rechnet in den nächsten Wochen mit weiteren Attentaten der Extremisten. „Je mehr die Organisation militärisch unter Druck steht, desto mehr wird sie versuchen, das mit Attacken in der ganzen Welt zu kompensieren“, sagte die Leiterin des Nahost-Programms der britischen Denkfabrik Chatham House am Montag.
Mit Anschlägen sei vor allem in Ländern mit schwächeren Sicherheitsstrukturen zu rechnen, erklärte Khatib. In den europäischen Ländern seien diese weiter entwickelt. Der IS wolle zeigen, dass er global Einfluss und Macht habe. Ziel sei es, neue Mitglieder anzulocken und sich Finanzierungsquellen zu erschließen. (mit dpa/AFP)