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Update

Islamistischer Terror im Irak: USA sichern Unterstützung im Kampf gegen Dschihadisten zu

Die Isil-Kämpfer wollen nun auch auf Bagdad vorrücken. Die USA kündigen an, die irakische Regierung im Kampf gegen die Dschihadisten zu unterstützen - auch Drohnenangriffe werden nicht ausgeschlossen.

Die Rebellen im Irak haben ihren Vormarsch fortgesetzt und nach Polizeiangaben auch die zentralirakische Stadt Tikrit eingenommen. Bereits am Dienstag hatten die islamistischen Terroristen die Millionenstadt Mossul erobert. Mindestens 500.000 haben daraufhin die Stadt im Norden des Landes verlassen.

„Ganz Tikrit ist den Händen der Kämpfer“, sagte ein Polizeioberst in der Hauptstadt der Provinz Salaheddin. Einem Polizeimajor zufolge befreiten die Kämpfer in der Stadt rund 300 Gefängnisinsassen. Zuvor hatten sich die Aufständischen nach Angaben der Provinzregierung schwere Gefechte mit den Sicherheitskräften geliefert. Nach Angaben lokaler Behörden wurden 15 irakische Sicherheitskräfte von den Rebellen am Mittwoch exekutiert. Die Internationale Organisation für Migration berichtete in Genf, durch die Kämpfe habe es unter der Zivilbevölkerung „eine hohe Zahl von Opfern“ gegeben.

Abgebranntes Auto in Mossul: Die Rebellen haben mehrere Städte im Irak unter ihre Kontrolle gebracht.
Abgebranntes Auto in Mossul: Die Rebellen haben mehrere Städte im Irak unter ihre Kontrolle gebracht.
© reuters

Die USA schließen Drohnenangriffe nicht aus

Die USA sicherten der irakischen Regierung ihre Unterstützung im Kampf gegen die Dschihadisten zu. Washington arbeitete mit den Partnern im Irak an einem "geeinten Vorgehen" gegen die Islamisten, sagte Außenamtssprecherin Jen Psaki. "Wir sind bereit, jede angemessene Unterstützung zur Verfügung zu stellen." Einzelheiten nannte die Sprecherin aber nicht.

Auch der Sprecher von US-Präsident Barack Obama sicherte den Verantwortlichen im Irak zu, dass die US-Regierung auf ihrer Seite stehe. Um den Kampf gegen die Dschihadisten zu gewinnen, müssten sie sich um "nationale Einheit" bemühen, erklärte Jay Carney.

Wie ein US-Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur AFP sagte, prüft Washington verschiedene Optionen, um den Irak im Kampf gegen die Dschihadisten zu unterstützen - etwa Drohnenangriffe.

US-Präsident Joe Biden forderte die Dschihadisten auf, die 49 Geiseln, die aus dem türkischen Konsulat in Mossul entführt wurden, freizulassen. In einem Telefongespräch mit dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan verlangte er "die sichere und sofortige Rückkehr" der Konsulatsmitarbeiter und ihrer Angehörigen.

Auch UN-Generalsekretär Ban verurteilte die Geiselnahme und forderte die "sofortige Freilassung" der Entführten. Den Vormarsch der Dschihadisten verurteilte er scharf und rief die internationale Gemeinschaft zu Solidarität mit Bagdad auf. Die Terroristen müssten daran gehindert werden, "den Weg zur Demokratie im Irak zunichte zu machen", erklärte Bans Sprecher am Mittwoch in New York. Zugleich mahnte er aber an, beim Kampf gegen "Terrorismus und Gewalt" internationales Recht und die Menschenrechte zu beachten. Die Weltgemeinschaft müsse sich zusammenschließen und Solidarität mit dem Irak zeigen, der von einer ernsten Herausforderung stehe.

Tikrit von allen Seiten erobert

Einem ranghohen Polizeibeamten zufolge griffen Kämpfer der sunnitischen Dschihadistengruppe Islamischer Staat im Irak und der Levante (Isil) die Stadt aus nahezu allen Richtungen gleichzeitig an. Zusammen mit den bereits im Januar eroberten Städten Fallujah und Ramadi in der westlichen Provinz Anbar kontrollieren die Gotteskrieger damit mindestens ein Viertel des Irak. Tikrit liegt 160 Kilometer nördlich von Bagdad und ist die Geburtsstadt des früheren irakischen Machthabers Saddam Hussein, der nach der US-Militärinvasion gestürzt und hingerichtet wurde.

Der von der Isil verwendete Begriff Levante („Sonnenaufgang“) bezieht sich auf das Hinterland der östlichen Mittelmeerküste. Die Gruppe kontrolliert auch Teile des benachbarten Bürgerkriegslands Syrien, und dort insbesondere die östliche Provinz Deir Essor. Die für ihr gnadenloses Vorgehen und zahlreiche Selbstmordattentate berüchtigte Isil gilt als mächtigster Gegner des syrischen Machthabers Baschar al Assad, manche Experten halten sie für noch gefährlicher als das Terrornetzwerk Al Qaida. Ihr Ziel ist ein sunnitischer Großstaat zwischen Mittelmeer und Euphrat.

Der irakische Ministerpräsident Nuri al Maliki nannte Berichte über Eroberungen durch die Isil „Verschwörungen und Falschmeldungen“. Gleichzeitig erklärte die irakische Führung, ihre Militärkräfte mit denen der kurdischen Regionalregierung im Nordirak verbinden zu wollen. Am Donnerstag soll das irakische Parlament über die Forderung von Ministerpräsident al Maliki beraten, den Notstand zu verhängen. Damit hätte der umstrittene schiitische Regierungschef mehr Befugnisse, um in den Konflikt mit den sunnitischen Aufständischen einzugreifen. Viele Sunniten fühlen sich benachteiligt durch die schiitisch dominierte Regierung.

Geiselnahme in Mossul

Auch die Türkei droht in den Konflikt hineingezogen zu werden. Isil-Kämpfer drangen nach Medienberichten am Mittwoch in das türkische Konsulat in Mossul ein und nahmen bis zu 48 Geiseln; darunter soll sich auch der türkische Konsul Öztürk Yilmaz befinden. Gesicherte Informationen über den Gesundheitszustand und den Aufenthaltsort der Geiseln lagen zunächst nicht vor.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan beriet laut Medienberichten mit Geheimdienstmitarbeitern und Vizepremier Besir Atalay über die Lage. Außenminister Ahmed Davutoglu brach seine USA-Reise ab. Gleichzeitig bemühte sich Ankara um die Freilassung von rund 30 türkischen Lastwagenfahrern, die in der Region um Mossul in die Gewalt von Isil geraten sind. Die Erdogan-Regierung wurde von den Ereignissen offenbar überrascht: Noch am Dienstag hatte Davutoglu erklärt, alle nötigen Sicherheitsvorkehrungen für das Konsulat in Mossul seien getroffen worden. (mit AFP)

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