Sudan: USA im Gespräch mit dem Diktator
Die USA wollen eine neue Sudanpolitik präsentieren. Grund dafür ist die Krise im Süden des Landes.
Berlin - Wie im Fall des Irans oder Nordkoreas wollen die USA auch dem Sudan direkte Gespräche anbieten. An diesem Montag stellt die amerikanische Außenministerin Hillary Clinton gemeinsam mit der UN-Botschafterin, Susan Rice, und dem Sonderbeauftragten für Sudan, dem früheren Luftwaffengeneral Scott Gration, eine neue Sudanpolitik vor. Gration sagte der „New York Times“, die neue Linie solle eine Mischung aus „Angeboten und Druck“ sein, um den Konflikt in der westsudanesischen Krisenregion Darfur zu lösen. Er ist überzeugt davon, dass eine Lösung nur mit dem seit mehr als 20 Jahren regierenden Diktator Omar al Bashir möglich ist, nicht gegen ihn.
Der wichtigste Grund für die neue Politik dürfte die Krise im Südsudan sein. Der 2005 geschlossene Friedensvertrag, der damals einen mehr als 20 Jahre währenden Bürgerkrieg mit mehr als 1,5 Millionen Toten beendete, steht kurz vor dem Scheitern. Im Südsudan sind nach Aussagen der Vereinten Nationen in diesem Jahr mehr Menschen bei bewaffneten Konflikten – und zwar nicht den üblichen Auseinandersetzungen um Viehraub oder Land – getötet worden. In Darfur dagegen ist der Krieg nach Einschätzung des scheidenden Befehlshabers der Friedenstruppe Unamid, Martin Agwai, in einen Konflikt übergegangen, der mehr von „Banditerie“ gekennzeichnet sei. Im Darfurkonflikt sind seit 2003 nach UN-Angaben rund 300 000 Menschen gestorben, weitere 2,7 Millionen Menschen sind vertrieben worden und leben weiterhin im Sudan oder den Nachbarländern in Flüchtlingslagern, wo sie auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sind, die aber wegen der schwierigen Sicherheitslage nicht immer dort ankommt.
Darfuraktivisten, die in den USA eine gewichtige Lobby sind, die sowohl von der politischen Linken als auch von christlichen Gruppen unterstützt wird, sind mit der neuen Linie sehr unzufrieden. Der Dachverband Save Darfur verlangte am Sonntag die Abberufung des Sudan-Sonderbeauftragten Gration. Auch im Kongress rührt sich Widerstand. Die „New York Times“ zitiert den demokratischen Abgeordneten Donald M. Payne mit den Worten: „Ich glaube, die sudanesische Regierung versteht nur klare Ansagen und Macht.“ John Prendergast, der das Aktionsnetzwerk Enough leitet, das sich gegen Völkermord engagiert, kritisiert, dass Präsident Barack Obama sowohl den Frieden mit dem Südsudan erschwere als auch eine Lösung im Darfurkonflikt.
Prendergast verlangt, strikt bei der Einhaltung des Friedensvertrags zu bleiben. Das ist derzeit nicht der Fall. Nach einer vor wenigen Tagen veröffentlichten Studie der Nichtregierungsorganisation Global Witness betrügt der Norden den Süden um einen Teil der ihm zustehenden Öleinnahmen. Das meiste sudanesische Öl wird im Süden gefördert. Global Witness weist nun nach, dass die Angaben der Ölförderfirma, des chinesischen Staatskonzerns CNPC, und der Regierung in Khartum sich deutlich unterscheiden. Khartum gibt eine zwischen neun und 26 Prozent geringere Fördermenge an als CNPC. Darüberhinaus gibt es massive Spannungen in der Nord-Süd-Einheitsregierung über die bevorstehenden Wahlen 2010 und das für 2011 geplante Referendum, in dem die Südsudanesen über ihre Unabhängigkeit entscheiden werden.
Prendergast hält auch die Friedensbemühungen in Darfur nicht für erfolgversprechend. Dort haben sich die Rebellengruppen in 26 Fraktionen aufgespalten, was Verhandlungen nahezu unmöglich macht. Für die Regierung in Khartum ist das ein Segen, weil es die Aufmerksamkeit von den eigenen Menschenrechtsverletzungen ablenkt.