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Im Norden Syriens gaben die Regierungstruppen den Militärflugplatz Abu al Duhur auf und verloren damit den letzten Stützpunkt in der Provinz Idlib an die Rebellen.
© AFP
Update

Bürgerkrieg in Syrien: USA alarmiert über russischen Truppenaufmarsch

Nach Angaben der USA verstärkt Russland seine militärische Präsenz in Syrien massiv. Moskau bestätigt Waffenlieferungen an Präsident Baschar al Assad.

Die Anzeichen für einen russischen Militäraufmarsch in Syrien verdichten sich nach Erkenntnissen der USA. Russland habe zwei Landungsschiffe, die auch Panzer transportieren können, zusätzliche Flugzeuge und eine kleine Zahl Marine-Infanteristen nach Syrien geschickt, verlautete am Mittwoch aus US-Regierungskreisen. Dies liege lediglich 24 Stunden oder etwas länger zurück. Offenbar gehe es darum, ein Flugfeld nahe der Hafenstadt Latakia vorzubereiten. Die Gegend ist eine Hochburg des syrischen Präsidenten Baschar al Assad, dessen Schutzmacht Russland ist und der immer stärker die Kontrolle über das Bürgerkriegsland verliert. Welche Absichten die Führung in Moskau verfolge, sei unklar.

Außenminister Sergej Lawrow bestätigt Waffenlieferungen

Russlands Außenminister Sergej Lawrow bestätigte am Donnerstag, dass mit russischen Frachtflügen sowohl militärische Güter als auch Hilfslieferungen nach Syrien gebracht worden seien. Alles sei aber im Einklang mit dem Völkerrecht. Bislang hatte Russland öffentlich darauf bestanden, dass die Flüge ausschließlich humanitären Charakter hätten. Nach Erkenntnissen der USA und einem russischen Zeitungsbericht hat Russland zwei Landungsschiffe, zusätzliche Flugzeuge und eine kleine Zahl Marine-Infanteristen nach Syrien geschickt sowie leichte Waffen, Granatwerfer, Schützenpanzer und Militärlastwagen.

Russland sieht die Regierungsarmee Syriens als "einzige organisierte aktive Kraft" in dem Bürgerkriegsland und will das Regime in Damaskus auch weiterhin unterstützen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag der Agentur Interfax zufolge in Moskau. Russische Soldaten würden aber nicht an Kampfhandlungen teilnehmen. Zwar befänden sich Militärexperten vor Ort, diese trainierten syrische Soldaten aber im Umgang mit russischen Waffen, bekräftigte Peskow.

Insider berichten über Einsatz russischer Soldaten in Syrien

Mehrere Insider im Libanon hatten berichtet, russische Truppen hätten an Kampfhandlungen in Syrien teilgenommen. "Sie haben mit einer kleinen Zahl von Soldaten begonnen, aber das größere Kontingent hat sich noch nicht beteiligt", sagte einer der Kenner der politischen und militärischen Szene in Syrien der Nachrichtenagentur Reuters. Ein anderer erklärte, das Vorgehen der Russen gehe über eine reine Beratertätigkeit für die syrische Armee hinaus. Details nannten die Insider nicht. Die syrische Regierung bestreitet eine Beteiligung russischer Truppen an den Kämpfen.

Doch auch in Syrien heißt es, Russland habe die Präsenz seiner Militärberater dort ausgeweitet. "Russische Experten sind immer vor Ort, aber im vergangenen Jahr waren sie stärker präsent", verlautete aus syrischen Militärkreisen. Alle Aspekte der Beziehungen zwischen Syrien und Russland würden derzeit weiterentwickelt, auch die militärischen. Russland argumentiert, seine Militärexperten seien nur vor Ort, um der syrischen Armee bei der Übernahme russischer Waffenlieferungen zu helfen.

Millionen sind auf der Flucht, viele von ihnen streben nach Europa

Die USA vermuten dagegen, dass Russland seine Truppen verstärkt, um Assad zur Seite zu eilen. In US-Regierungskreisen hieß es am Wochenende, man beobachte alarmierende Vorbereitungen in Syrien. So seien Wohncontainer für Hunderte Menschen zu einem syrischen Flugplatz transportiert worden. Dies könne darauf hindeuten, dass Russland die Verlegung schweren Militärmaterials dorthin vorbereite. Assads Truppen verloren zuletzt immer mehr Territorium an die Aufständischen. In dem seit über vier Jahren andauernden Bürgerkrieg sind über 250.000 Menschen getötet worden. Millionen sind auf der Flucht, viele von ihnen streben nach Europa und besonders nach Deutschland.

Baschar al Assad verliert letzten Stützpunkt in Provinz Idlib

Im Norden Syriens gaben die Regierungstruppen unterdessen den Militärflugplatz Abu al Duhur auf und verloren damit nach Angaben von Beobachtern den letzten Stützpunkt in der Provinz Idlib an die Rebellen. Die Armee habe die Luftwaffenbasis im Nordwesten des Landes geräumt und nach fast zweijähriger Belagerung den Rebellen überlassen, berichtete das staatliche Fernsehen. Die Regierungstruppen hätten sich damit komplett aus der lange heftig umkämpften Provinz Idlib im Landesinnern zurückgezogen, erklärte die oppositionelle Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die den Konflikt von London aus beobachtet. Die Provinz war lange Zeit eines der Hauptschlachtfelder des Bürgerkriegs. Zuletzt erzielte der syrische Ableger der Extremistenorganisation Al Qaida, die Nusra-Front, dort jedoch vermehrt Geländegewinne.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier warnt Großmächte

Steinmeier warnte Russland, aber auch Frankreich und Großbritannien vor einem stärkeren militärischen Eingreifen in den syrischen Bürgerkrieg. Die Atom-Einigung mit dem Iran und die neue Initiative der Vereinten Nationen böten erstmals Ansatzpunkte für eine politische Lösung des Konflikts in Syrien, sagte der SPD-Politiker im Bundestag. "Es kann nicht sein, dass jetzt wichtige Partner, die wir brauchen, auf die militärische Karte setzen." Konkret bezog sich der Minister auf Erwägungen Frankreichs und Großbritanniens für Luftangriffe in Syrien. Dies sei jedoch nicht als Kritik an den EU-Partnern oder am Einsatz des Bündnisses, dass gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) kämpft, zu werten, hieß es im Umfeld Steinmeiers. Vor allen Dingen sei er aber bestürzt über Pressemeldungen, wonach Russland derzeit mehr Militärmaterial als bisher nach Syrien schaffe - zu "welchem Zweck auch immer", sagte Steinmeier.

Dutzende Tote bei Kämpfen mit IS im Osten

Bei Kämpfen um einen Luftwaffenstützpunkt im Osten Syriens sind nach Informationen einer Beobachtergruppe Dutzende Regierungssoldaten und IS-Kämpfer getötet worden. Die IS-Kämpfer hätten bei ihrem Angriff auf den Stützpunkt mindestens zwei Autobomben eingesetzt, berichtete die Syrische Beobachtergruppe für Menschenrechte am Donnerstag. Dabei und bei anschließenden Gefechten seien mindestens 18 Soldaten und 23 IS-Kämpfer getötet worden. Der Stützpunkt liegt nahe der Stadt Deir al Sor und ist weitgehend von den Extremisten eingekreist. Es ist die letzte Bastion der Regierungstruppen im Osten Syriens. Die Provinz Deir al Sor grenzt an Gebiete des Irak, die auch vom IS beherrscht werden. Die Ölfelder der Region sind eine der wichtigsten Einnahmequellen der Islamisten.

Schicksal von norwegischer und chinesischer IS-Geisel unbekannt

Nach der Entführung eines Norwegers und eines Chinesen durch die IS-Terrormiliz ist das Schicksal der beiden Geiseln unbekannt. Das Außenministerium in Oslo wollte am Donnerstag keine weiteren Einzelheiten zu dem verschleppten norwegischen Staatsbürger nennen. Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums erklärte in Peking, Berichte über die Entführung würden geprüft. Der IS hatte zuvor im Internet Bilder und persönliche Daten der Geiseln veröffentlicht. Zugleich verlangten die Extremisten Lösegeld für die beiden. Die Regierung in Oslo hatte bereits am Mittwochabend erklärt, der Norweger werde seit Januar gefangen gehalten, nachdem er in der syrischen Stadt Idlib angekommen sei. Der IS hat bereits mehrere ausländische Geiseln enthauptet und dazu Videos verbreitet.

Türkischer Soldat durch Schüsse aus Syrien getötet

Ein an der Grenze zu Syrien stationierter türkischer Soldat ist am Donnerstag von Schüssen aus syrischem Gebiet tödlich getroffen worden. Wer die Schüsse abgegeben habe, sei noch unklar, teilten die örtlichen Behörden mit. Die Nachrichtenagentur Dogan berichtete unter Berufung auf eine Erklärung des Regionalgouverneurs, der 21-jährige Soldat sei als Wachposten im Bezirk Reyhanli in der südtürkischen Provinz Hatay stationiert gewesen. Er sei im Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen.

Erst in der vergangenen Woche war ein türkischer Soldat bei Zusammenstößen an der Grenze in der weiter östlich gelegenen Provinz Kilis getötet worden. Einer seiner Kameraden gilt seither als vermisst. Die Zeitung "Hürriyet" berichtete unter Berufung auf türkische Sicherheitskreise, der Soldat sei vom IS als Geisel genommen worden. Bereits Ende Juli waren in der Gegend zwei türkische Soldaten durch Schüsse aus Syrien getötet worden, die von IS-Extremisten abgegeben worden sein sollen. Nach monatelangem Zögern hatte sich die Türkei zuletzt der US-geführten Koalition gegen den IS in Syrien und im Irak angeschlossen und Luftangriffe auf IS-Stellungen geflogen. (rtr/dpa/AFP)

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