Nach dem Massaker von Charleston: US-Präsident Obama: Der Todesschütze ist gescheitert
Bei einer Trauerfeier für den ermordeten Pfarrer Clementa Pinckney hat US-Präsident Obama die richtigen Worte gefunden. Der Mord an neun Afroamerikanern habe viele Probleme seines Landes offengelegt, von der Waffengewalt bis zur Diskriminierung von Schwarzen.
Nach dem offenkundig rassistischen Anschlag auf eine von Schwarzen besuchte Kirche in Charleston (South Carolina) hat US-Präsident Barack Obama bei einer Trauerfeier in der Stadt eine bewegende Rede gehalten. Der Attentäter sei mit seinem Vorhaben gescheitert, das Land zu spalten. Der angeklagte weiße Todesschütze habe nicht damit gerechnet, dass die Hinterbliebenen der Opfer mit Vergebung reagieren und dass die USA die Bluttat als Anstoß zur Selbstprüfung nutzen würden, sagte Obama am Freitag.
„Gott hat andere Vorstellungen“, sagte Obama unter dem Jubel von mehr als 5000 Teilnehmern der Andacht für den ermordeten Pfarrer Clementa Pinckney, der auch demokratischer Senator im Landesparlament war. „Er hat uns erlaubt zu sehen, wo wir blind waren“, sagte der US-Präsident. „Zu lange sind wir blind gewesen gegenüber dem einzigartigen Chaos, das Waffengewalt dieser Nation zufügt.“
In den USA gibt es immer wieder tödliche Schussangriffe und Amokläufe, die regelmäßig die Debatte über schärfere Waffengesetze anfachen. Obama scheiterte mit seinen Forderungen nach strengeren Regeln aber im Kongress bislang am Widerstand vor allem aus den Reihen der Republikaner. Das Recht auf Waffenbesitz ist in der US-Verfassung verbrieft, Schätzungen zufolge befinden sich rund 300 Millionen Schusswaffen in Privathaushalten.
Während einer Bibelstunde in der Emanuel African Methodist Episcopal Church in Charleston hatte ein junger Weißer am Mittwoch vergangener Woche Pinckney und acht weitere Afroamerikaner erschossen. "Blind vor Hass hat der mutmaßliche Mörder nicht die Gnade gesehen, die Pastor Pinckney und seine Bibelgruppe umgab", sagte Obama. Zum Abschluss der Rede stimmte der erste afroamerikanische Präsident der USA die Kirchenhymne "Amazing Grace" an.
Der mutmaßliche Täter Dylann Roof soll aus rassistischen Motiven gehandelt haben. Medienberichten zufolge gestand der 21-jährige Weiße nach seiner Festnahme die Tat. Bei einer ersten Gerichtsanhörung wurde ihm neunfacher Mord vorgeworfen, ihm droht die Todesstrafe.
Der Streit um die Flagge
Roof hatte auf Fotos mit der Südstaaten-Flagge posiert, die den für den Erhalt der Sklaverei kämpfenden Konföderierten im Bürgerkrieg (1861 bis 1865) als Erkennungszeichen diente. Die Fahne - ein mit weißen Sternen besetztes blaues Andreaskreuz auf rotem Grund - ist auch heute noch an vielen Orten im Süden der Vereinigten Staaten gegenwärtig. Das Banner gilt einigen Bewohnern der Südstaaten als Symbol ihrer Geschichte. Allerdings vereinnahmten auch rassistische und gewaltbereite Organisationen wie der Ku Klux Klan die Flagge.
Die umstrittene Fahne habe "immer für mehr gestanden als für Stolz auf die Vorfahren", sagte Obama. "Für viele, Schwarze und Weiße, war die Flagge eine Erinnerung an systematische Unterdrückung und rassistische Unterjochung." In mehreren südlichen Bundesstaaten gibt es seit der Bluttat von Charleston Bestrebungen, die Flagge von öffentlichen Gebäuden zu verbannen.
Bereits am Donnerstag waren erste Opfer des Angriffs von Charleston beigesetzt worden. Hunderte Menschen erwiesen der getöteten 70-jährigen Ethel Lance die letzte Ehre. Ihre Kinder und Enkel küssten ihren Sarg, Trauergäste warfen Rosen in ihr Grab. "Ich bin hier, um Euch zu sagen, dass wir stärker sind, weil wir zusammenstehen als Gemeinde", sagte Pastor Norvell Goff vor den Trauernden, wie die Lokalzeitung "Post and Courier" berichtete.
Ebenfalls beerdigt wurde die bei dem Angriff getötete 45-jährige Sharonda Singleton. Unter den Trauergästen waren die Gouverneurin von South Carolina, Nikki Haley, sowie die bekannten US-Bürgerrechtler Jesse Jackson und Al Sharpton. Weitere Zeremonien waren am Wochenende und in der kommenden Woche geplant. (AFP)