Ukraine-Konflikt: US-Panzer an der russischen Grenze
Amerika und Großbritannien preschen im Ukraine-Konflikt vor. Kiew will Waffen nicht abziehen und befürchtet einen Angriff der Separatisten auf Mariupol.
Die Lage in der Ostukraine bleibt trotz mancher Zeichen der Entspannung unübersichtlich. „Die russischen Kräfte führen derzeit eine Neuordnung ihrer Truppen entlang der gesamten Konfliktlinie durch. Am aktivsten sind diese Bewegungen in Mariupol zu beobachten“, schreibt der Militärexperte und bekannte Blogger Dmitri Tymtschuk auf Facebook.
Vor allem nördlich und östlich der Hafenstadt ist „mit bloßem Auge zu sehen“, wie schweres Militärgerät in Stellung gebracht werde. Dort würde nicht nur das Gerät der Separatisten zum Einsatz präpariert, ein Teil der „550 bis 600 Soldaten und ihre 15 Panzer, 25 gepanzerten Kampffahrzeuge und weitere 20 Lkw kommen frisch aus Russland“, schreibt Tymtschuk.
Der Verteidigungsminister der „Volksrepublik Donezk“, Eduard Bassurin, hatte bekannt gegeben, der Abzug schweren Militärgeräts habe am Mittwochvormittag begonnen. Eine Expertengruppe der OSZE, die den Abzug in Donezk beobachten wollte, berichtete aber, dass sie an ihrer Arbeit gehindert worden sei. „Ein Kommandeur der Volksrepublik Donezk hat uns an einer Straßensperre festgehalten und gesagt, er würde uns töten, sollten wir weitergehen.“
Während ein Teil der EU immer noch darauf hofft, die Vereinbarungen von Minsk könnten umgesetzt werden, geht die ukrainische Regierung in die Offensive – und versucht, sich moderne Waffen aus der Türkei und aus arabischen Staaten zu besorgen.
Zur selben Zeit verkündete der Premierminister von Großbritannien, David Cameron, sein Land werde im kommenden Monat 75 britische Militärexperten in die Ukraine schicken. Die Profis sollen die ukrainischen Soldaten dann auf den Gebieten Medizin, Logistik, Kommunikation, Aufklärung und Überwachung sowie in einigen anderen Bereichen, die nicht bekannt gegeben wurden, unterstützen. Ein Einsatz der Briten in der Kampfzone im Donbass sei nicht vorgesehen. Die Bundesregierung will dagegen vorerst keine Militärausbilder in die Ukraine schicken. „Davon ist in Deutschland derzeit nicht die Rede. Das steht für uns nicht auf der Tagesordnung“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin.
Die USA zeigen im Baltikum Flagge
Am Dienstag hatten die Vereinigten Staaten ein demonstratives Zeichen militärischer Stärke an Russland geschickt. US-Panzerfahrzeuge nahmen mit weiteren Soldaten westlicher Länder an einer Militärübung im estnischen Narva teil. Mit wehenden amerikanischen Flaggen fuhren sie direkt an der estnisch-russischen Grenze entlang.
Derweil suchen die Ukrainer Unterstützer in den USA. Eine Gruppe von Abgeordneten, angeführt vom stellvertretenden Parlamentssprecher Andrej Parubij, besucht Kanada und die USA.
Parubij, der im vergangenen Winter als Kommandeur der Maidan-Sicherheitsgruppe landesweite Bekanntheit erlangte, schreibt auf Facebook: „In Washington haben wir Senator John McCain getroffen, mit dem größten Fan der Ukraine professionelle und konstruktive Gespräche geführt. Je schneller die ukrainische Armee und die Freiwilligen-Bataillone mit hochwertigen Waffen ausgerüstet werden, desto schneller können wir diesen verdammten Krieg gegen den Kreml gewinnen.“
Welche Art von Militärhilfe Parubij von den USA erwartet, verdeutlichte er in einem Interview mit Voice of America: „Ein Teil der Lieferungen soll aus nicht tödlichen Waffen bestehen, zum Beispiel Antiraketensystemen. Allerdings umfasst unsere Liste mehr, doch das müssen wir mit unseren amerikanischen Gesprächspartnern klären.“
Auch Poroschenkos Chefberater, der frühere georgische Präsident Michail Saakaschwili, ist in den USA dabei. In einem Gastbeitrag in der „Washington Post“ schreibt Saakaschwili: „Die Ukraine ist das neue West-Berlin.“ Dort würde heute die Frontlinie zu Verteidigung der westlichen Werte gegen russischen Revanchismus verlaufen. Saakaschwili wollte nach eigenen Auskünften mit US-Regierungsvertretern und Parlamentsabgeordneten zusammentreffen: „In drei Tagen 34 Treffen vereinbart, das ist auch für meine Verhältnisse ein übervoller Terminplan“, twitterte Saakaschwili.