Irak bittet USA um Hilfe: US Militärs warnen vor Luftschlägen
Bagdad hat die USA offiziell um Hilfe durch Luftschläge gebeten. Doch Militär-Experten in Washington zögern. Da die Isis-Verbände keine klassischen Stellungen haben, ist eine Rückgewinnung des eroberten Terrains gefährlich.
Die sunnitischen Terrorverbände im Irak nehmen die größte Ölraffinierie des Landes ein und Bagdad bittet die USA schon offiziell um Hilfe durch Luftschläge. Aber US-Präsident Barack Obama will weiter alle Optionen prüfen, Verteidigungsminister Chuck Hagel mahnt zur Zurückhaltung und seine Militärs warnen vor Lufteinsätzen.
General Martin Dempsey, Generalstabschef der US-Armee, bestätigte im US-Senat die Anfrage der irakischen Regierung. Luftschläge durch Kampfflieger und Drohnen sollten dabei helfen, Terrain zurückzugewinnen, das die paramilitärische Isis in den vergangenen Wochen erobert hatte. Solche Einsätze aber, sagte Dempsey im Senat, seien angesichts der Situation im Irak nur sehr schwer durchzuführen. Die sunnitischen Rebellen seien mit der lokalen Bevölkerung zu Teilen verschmolzen und deshalb nicht leicht als Ziele auszumachen. Offenbar reicht die geheimdienstliche Informationslage also nicht aus.
Isis-Verbände haben keine klassischen Stellungen
Militärexperten weisen aber auch daraufhin, dass die Isis-Verbände keine klassischen Stellungen hätten und deshalb so schwer als Ziele ausmachbar seien. Luftschläge machten zudem eigentlich keinen Sinn, weil angesichts der regionalen Einbettung bei Luftschlägen hohe Opferzahlen unter Zivilisten erwartet würden. Dabei sei nicht immer auszumachen, wie zivil die Opfer jeweils tatsächlich seien. Für die propagandistische Wirkung mache dies aber keinen Unterschied. „Es ist nicht so einfach“, sagte Dempsey, „wie ein iPhone-Video anzuschauen und unmittelbar zuzuschlagen“.
Dempsey wie auch andere Militärs machen die irakische Regierung von Premierminister Nouri al-Maliki für die aktuelle Situation in großen Teilen mitverantwortlich. Die Militärs sprechen damit aus, was in Washington, London oder Berlin in den Regierungsgremien gedacht und besprochen wird. Die spalterische Politik, die nur auf Schiiten ausgerichtet ist und andere Volksteile wie Sunniten und Kurden unterdrückt, verleiht den Isis-Rebellen auch in anderen, gemäßigten Bevölkerungskreisen Akzeptanz.
Statt militärische Hilfe zu leisten, richtet US-Regierung deshalb Forderungen an die irakische Führung
Neben der innenpolitischen Erwägung von Präsident Obama, der für sein Versprechen gewählt worden war, die Kriege in Afghanistan und im Irak beenden zu wollen, zögert die US-Führung auch mit Blick auf die inner-irakische politische Wirkung von US-Luftschlägen. Diese könnten den Rebellen in Ablehnung der Vereinigten Staaten noch mehr Sympathien zuspielen, so die Befürchtung in Washington.
Statt militärische Hilfe zu leisten, richtete die US-Regierung deshalb Forderungen an die irakische Führung. US-Vize-Präsident Joe Biden betonte in einem Telefonat mit dem irakischen Premier die Notwendigkeit, in einer einbeziehenden Weise zu regieren und Einheit unter der irakischen Bevölkerung herzustellen. Maliki und seine Regierung müssten die Bedürfnisse der verschiedenen irakischen Bevölkerungsteile erfüllen.
Obama hatte sich am Mittwochnachmittag (Ortszeit) mit den Führern von Demokraten und Republikanern in Senat und Repräsentantenhaus getroffen und die Irak-Frage diskutiert. Anschließend hieß es, Obama vermittle nicht den Eindruck, als stünde eine militärische Intervention im Irak kurz bevor. Der Präsident wäge noch die Optionen, konzentriere sich aber vor allem auf die Frage, wie man die irakischen Sicherheitskräfte stärken kann.
Sollte er aber doch zum Entschluss kommen, Luftangriffe anordnen zu wollen, dann, das habe Obama klar gemacht, werde er den Kongress dafür nicht erst um formale Erlaubnis bitten. Verteidigungsminister Hagel sagte, Obama habe die Entscheidung noch nicht getroffen, sehe aber Vorsicht angebracht.