Netzneutralität: US-Aufsichtsbehörde FCC stimmt für freies Internet
Die US-Telekommunikationsaufsicht hat der schnelleren Übertragung von Daten im Internet gegen Bezahlung eine Absage erteilt. Die FCC legte Regeln für die Gleichheit aller Daten fest. Aktivisten sind erfreut, Konzerne kündigen Widerstand an. Auch für Europa hat die Entscheidung Bedeutung.
Die US-Telekommunikations-Aufsicht FCC schiebt bezahlten Überholspuren im Internet einen Riegel vor. Sie beschloss am Donnerstag wie erwartet mit einer knappen Mehrheit von 3 zu 2 Stimmen eine schärfere Regulierung des Geschäfts mit Breitbandnetzen.
Darin wird unter anderem ausdrücklich festgeschrieben, dass Netzbetreiber von Online-Diensten keine Gebühren für eine bevorzugte Durchleitung von Daten verlangen können. Damit stellt sich die FCC (Federal Communications Commission) auf die Seite der Anhänger einer strikten Netzneutralität, also der Gleichbehandlung aller Daten im Netz. Die Anhänger der Netzneutralität befürchten durch eine Abkehr von dem Prinzip ein Zwei-Klassen-Internet.
Außerdem wird festgesetzt, dass es keine Diskriminierung beim Zugang zu Netzen geben darf, wie das Blockieren oder Verlangsamen von Diensten. Die Regeln gelten auch für Breitband-Internet in Mobilfunknetzen. Dies sei besonders wichtig, da gerade für viele einkommensschwache Amerikaner ein Smartphone das zentrale Gerät für den Zugang zum Internet sei, sagte FCC-Kommissarin Mignon Clyburn.
Druck auch vom Präsidenten
Die USA übernehmen damit eine Vorreiterrolle bei der Durchsetzung der Netzneutralität. In Europa zeichnen sich aktuell schwächere Regeln ab. Die Position der USA hat aber angesichts der Stärke der amerikanischen Internet-Wirtschaft auch international großes Gewicht.
Die FCC hatte ursprünglich laschere Regeln ins Auge gefasst. Die Kommission bekam aber starken öffentlichen Druck. Auch Präsident Barack Obama rief sie auf, die Netzneutralität zu verteidigen.
Internetzugang als Grundversorgung
Um ihre Regeln durchzusetzen, setzte die FCC die Breitbandnetze bei der Regulierung mit einer Versorgungsinfrastruktur gleich. Sie stuft den Zugang zum Internet ähnlich wie Wasser-, Strom- oder Telefonnetze als Teil der öffentlichen Grundversorgung ein. Dabei stützt sich die FCC auf ein Gesetz von 1934 zur Regulierung von Telefonleitungen.
Die amerikanische Telekom-Branche hatte bereits Klagen dagegen in Aussicht gestellt. Die Firmen kritisieren, dass eine strikte Durchsetzung der Netzneutralität ihnen das Geld für nötige Investitionen abschnüren könnte. Sie würden gern zusätzliche Gebühren für schnellere oder besonders zuverlässige Leitungen kassieren. Verfechter der Netzneutralität warnen, dass dadurch am Ende kleine Unternehmen benachteiligt werden könnten, die sich das nicht leisten können.
Widerstand der Konzerne
Der Telekomkonzern Verizon verurteilte die FCC-Entscheidung am Donnerstag umgehend als unnötigen Rückschritt zu einem veralteten Regulierungsmodell. Als Protest-Symbol wurde der Blog-Eintrag in Morse-Zeichen und in Schreibmaschinen-Schrift veröffentlicht. Der Konzern AT&T äußerte die Hoffnung, dass der Beschluss angesichts der knappen Mehrheit nicht in Stein gemeißelt sei.
Harold Feld von der Verbraucherschutzorganisation Public Knowledge wertete die Abstimmung dagegen als Erfolg für Internetnutzer. Die neuen Regeln würden sicherstellen, dass es im Internet nicht wie beim Kabelfernsehen die Anbieter sind, "die entscheiden, welches Paket man bekommt und was man sehen kann". Der Netzaktivist Erik Stallman vom Center for Democracy and Technology sagte, dass die FCC das "Prinzip der Nicht-Diskriminierung" von Daten hochhalte, das für die Entwicklung des Internets entscheidend gewesen sei.
Vor der Abstimmung wurden die tiefen Gräben innerhalb der FCC deutlich. „Wir können kein Zwei-Klassen-Internet mit Überholspuren haben, die den Datenverkehr von Privilegierten beschleunigen und den Rest von uns zurücklassen“, sagte Kommissarin Jessica Rosenworcel. Die neue Regulierung solle die amerikanische Internet-Wirtschaft schützen, „um die uns die ganze Welt beneidet“.
Ihr Kollege Ajit Pai warnte hingegen, die Entscheidung werde negative Folgen haben. Er befürchtete „höhere Breitband-Preise, langsamere Breitband-Geschwindigkeiten, weniger Breitband-Ausbau, weniger Innovation und weniger Auswahl für amerikanische Verbraucher“.
Merkel für Kompromiss
Die Regelung in den USA hat auch Auswirkungen für Europa, da die Angebote von großen US-Firmen wie Google oder Netflix auch hier genutzt werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich im Dezember für die Bevorzugung bestimmter Dienste im Internet ausgesprochen. Das würde eine Aufweichung des Prinzips der Netzneutralität bedeuten. (mit AFP, dpa)