Koalitionsverhandlungen in Berlin: Union und SPD wollen bis 4. Februar einig werden
Im Konrad-Adenauer-Haus sind die Parteichefs von Union und SPD zusammengekommen. Sie peilen ein Ende der Verhandlungen bis zum 4. Februar an.
Gut vier Monate nach der Bundestagswahl steigen CDU, CSU und SPD an diesem Freitag in Koalitionsverhandlungen ein. Seit 9 Uhr treffen sich die Parteivorsitzenden der drei Parteien in der CDU-Zentrale in Berlin zusammen. Alle drei Parteichefs gaben sich unmittelbar vor den Verhandlungen optimistisch. Sie gehe „optimistisch, aber auch sehr bestimmt in die Gespräche“, sagte die CDU-Vorsitzende Angela Merkel. Sie wolle in einer neuen Koalition mit der SPD Zukunftsimpulse für Deutschland setzen. Es gehe jetzt um eine neue Dynamik für Deutschland und nicht nur um einen neuen Aufbruch für Europa. Sie werde sehr darauf achten, dass zügig verhandelt werde.
Unterdessen wurde bekannt, dass CDU, SPD und CSU ihre Koalitionsverhandlungen möglichst bis zum 4. Februar abschließen wollen. Das machte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Grosse-Brömer (CDU), am Freitag nach einer ersten Runde der Koalitionsverhandlungen für alle Seiten deutlich. Sollte doch noch weiterer Verhandlungsbedarf bestehen, stünden als Reserve zwei zusätzliche Tage zur Verfügung. "Die nächsten Tage werden entsprechend anstrengend", fügte Grosse-Brömer mit Blick auf den strammen Zeitplan hinzu. CDU, CSU und SPD seien sich aber einig, "dass wir zügig, aber auch sorgfältig arbeiten wollen, damit Deutschland dann auch eine Regierung bekommt".
Zunächst hieß es, die Union wolle bis Karneval fertig werden - die Hochphase des närrischen Treibens beginnt mit Weiberfastnacht am 8. Februar. Auch Schulz hatte am Donnerstagabend von einem Zeitraum von zwei Wochen und zügigen Verhandlungen gesprochen.
Seehofer rechnet mit komplizierten Verhandlungen
Auch CSU-Chef Horst Seehofer hat unmittelbar vor Beginn der Koalitionsverhandlungen von Union und SPD den Willen seiner Partei unterstrichen, zu einem erfolgreichen Abschluss zu kommen. Allerdings seien die Gespräche nach dem SPD-Parteitag vom vergangenen Sonntag nicht leichter geworden, sagte Seehofer. Trotzdem: "Die CSU will diese Koalition."
SPD-Chef Martin Schulz hat zügige und konstruktive Verhandlungen mit der Union über eine Fortsetzung der großen Koalition angekündigt. Ziel der Sozialdemokraten sei es, Deutschland nach innen gerechter zu machen und auf internationaler Ebene wieder zu einer führenden Kraft in der Europäischen Union, sagte Schulz. Angesichts der neuen Herausforderungen aus China und den USA werde ein starkes proeuropäisches Deutschland gebraucht, sagte Schulz vor dem Hintergrund des Abschottungskurses von US-Präsident Donald Trump.
Uneinigkeit bei Gesundheitspolitik
Auch weitere Spitzenpolitiker meldeten sich vor den Verhandlungen zu Wort. SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles gab sich im ARD-"Morgenmagazin" zuversichtlich, der Union Zugeständnisse abringen zu können. Mit Blick auf Forderungen ihrer Partei in der Gesundheitspolitik, beim Familiennachzug von Flüchtlingen und bei der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen sprach Nahles am Freitag im ARD-"Morgenmagazin" von "wichtigen Anliegen", die "gut begründet sind". "Und deswegen bin ich auch voller Mut, dass wir da viel rausholen."
Dem widersprach Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), der sich vehement gegen eine Verschmelzung von gesetzlicher und privater Krankenversicherung aussprach. „Milliardenschwere Mehrlasten für gesetzlich Versicherte durch einer Zwangsvereinigung von gesetzlicher und privater Krankenversicherung oder einheitliche Arzthonorare lehne ich ab“, sagte Gröhe. Und weiter: „Das heißt aber nicht, dass alles so bleiben kann, wie es ist. Wir wollen weitere Verbesserungen für gesetzlich Versicherte, ob es um die Versorgung im ländlichen Raum oder einen schnelleren Zugang zum medizinischen Fortschritt geht.
Verhandlungen bis Anfang Februar
Zu Beginn dürfte Merkel zunächst mit SPD-Chef Martin Schulz und dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer über den Ablauf und die Struktur der Verhandlungen sprechen. Danach sollte eine Runde von 15 Spitzenvertretern der drei Parteien zusammenkommen, auch die Arbeitsgruppen zu den Fachbereichen könnten danach ihre Arbeit aufnehmen. Thematisch soll voraussichtlich in 18 Arbeitsgruppen verhandelt werden.
Nach der knappen Zustimmung eines SPD-Parteitages zeichnen sich harte Gespräche ab - unter anderem bei den Themen Flüchtlinge, Gesundheit und Arbeitsmarktpolitik. (dpa)