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Der Mann im Hintergrund gewinnt an Profil: Eine Mehrheit der CDU-Mitglieder ist für Merz statt Laschet (v.) als Parteichef (Archivfoto).
© Michael Kappeler/dpa-pool/dpa

Ringen um den Parteivorsitz: Und schon wieder beginnt die CDU zu leiden

Die anhaltende Pandemie erhöht das Bedürfnis nach Sicherheit, das erfährt die CDU-Führung gerade. Das wirkt sich auch auf die Personalfrage aus. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

So lange ist das schon her! Bereits im Februar hatte die Immer-Noch-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer ihren Rückzug von der CDU-Spitze angekündigt. Eine Art Befreiungsschlag, für sie wie für ihre Partei. Beide litten in Umfragen immer mehr und aneinander. Im April sollte es vorbei sein. Wenn Corona nicht gewesen wäre. Nun soll der Nachfolger am 4. Dezember gewählt werden - oder, der Pandemie wegen, noch später. Ob das gut geht?

Schon wieder beginnt die CDU zu leiden: am Wettstreit der Kandidaten. Ihre Liste ist unverändert. Es sind der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet mit Unterstützung des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn, der ehemalige Kurzzeit-Unionsfraktionschef Friedrich Merz und der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen.

Der erste einer wie Angela Merkel, der zweite ihr ewiger Opponent, der dritte ein von ihr Geschasster. Stand heute wird der zweite in dieser Liste der erste: Merz würde mit fast doppelt so vielen Prozentpunkten wie Laschet Vorsitzender. Und das, obwohl der Ministerpräsident ist.

Allerdings: Die Zahlen sind Umfrageergebnisse unter Mitgliedern, nicht Delegierten. Auf einem Parteitag könnte Laschet als Chef des mitgliederstärksten Landesverbandes vielleicht die Oberhand behalten. Jedenfalls dann, wenn Spahn an seiner Seite bleibt und hinter ihm steht, in jeder Hinsicht. Manchen Delegierten macht da unruhig, dass Laschet immer noch nicht den Eindruck macht, das Parteiamt und in der Nachfolge das Kanzleramt wirklich zu wollen. In Geheimtreffen ist ihm das schon sehr deutlich gemacht worden.

Norbert Röttgen spielt bei alledem nur insofern eine Rolle, als die Frage ist, welchen der anderen beiden Kandidaten er mehr Stimmen kosten wird, Merz oder Laschet. Aber wo und wie? Bei einer virtuellen Mitgliederbefragung, einem virtuellen Parteitag – oder gar bei einem Präsenztreffen von 1000 Delegierten, und das in diesen Zeiten, ob in Stuttgart oder in Leipzig, wie es zuletzt erwogen wurde?

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In diesen Zeiten: auch darum geht es. Die anhaltende Pandemie erhöht das Bedürfnis nach Sicherheit, das erfährt die CDU-Führung gerade. So wurde an sie schon die Idee herangetragen, Annegret Kramp-Karrenbauer doch solange amtieren zu lassen, bis die Coronakrise abgeklungen ist. Will heißen: bis in nächste Frühjahr. Das aber will Kramp-Karrenbauer nicht, nach allem, was zu hören ist. Ihr dauert das Quasi-Interregnum wohl schon zu lange – eben gerade im Sinne der Klarheit für nächste Jahr, das Wahljahr.

Höchste Zeit für Klarheit

Denn der siegreiche Kandidat soll, wenn es irgend geht, auch Kanzler werden. Das hat mit dem Selbstverständnis der CDU als Kanzlerpartei zu; als Anhängsel der kleineren CSU sieht sie sich nicht. Und sei deren Vorsitzender Markus Söder gegenwärtig auch sehr populär. Das kann im Nachhinein genau so gut eine Momentaufnahme gewesen sein.

Dann nämlich, wenn ein starker neuer CDU-Chef seine Ansprüche und Ambitionen über die Partei hinaus deutlich macht. Wenn er Halt und Orientierung verspricht, nach innen wie nach außen. Womit erst zu rechnen ist, wenn die CDU-Führung sich auf das richte Wahlverfahren geeinigt hat. Das wird höchste Zeit. Dass die Pandemie das Land und die Politik heimgesucht hat, ist ja auch schon länger her.

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