Islamischer Staat in Libyen: UN-Vermittler warnt vor Ausbreitung des IS
Der UN-Vermittler Martin Kobler warnt vor der Ausbreitung der Terrormiliz „Islamischer Staat“ in Libyen. "Hier kann es keine politische Lösung geben, nur eine militärische", sagt der deutsche Diplomat.
Nach der Unterzeichnung des Friedensabkommens für Libyen hat der UN-Vermittler Martin Kobler vor einer weiteren Ausbreitung der Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) in dem nordafrikanischen Land gewarnt und deren Bekämpfung gefordert. „Hier kann es keine politische Lösung geben, nur eine militärische“, sagte der deutsche Diplomat der Nachrichtenagentur AFP. Dazu müsse „die libysche Armee besser werden und den Kampf letztlich selbst führen“. Zudem solle „die Regierung der nationalen Einheit eine Ausnahme vom UN-Waffenembargo beantragen“, wenn sie vom Parlament bestätigt ist.
„Das Problem mit dem IS und anderen Terrororganisationen wird sich ausdehnen, wo es ein Machtvakuum gibt“, sagte Kobler. Die Terrorgruppe breite sich schnell nach Südlibyen aus – „im Tagesrhythmus“. Die Entsendung einer bewaffneten UN-Mission stehe aber nicht auf der Tagesordnung. „Eine Blauhelmmission ist nicht im Gespräch“, sagte er in dem Interview. Denkbar sei eher, Libyens Armee „durch eine Trainingsmission im Kampf gegen Terrorismus zu unterstützen“. Diese könne von einer „Koalition der Willigen“ gestellt werden.
Seit 2011 machen sich in Libyen gewalttätige Islamisten breit
In Libyen hatten sich nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al Gaddafi im Jahr 2011 gewalttätige Islamisten breitgemacht. Das Land wird von dutzenden bewaffneten Milizen kontrolliert, die neben zwei rivalisierenden Regierungen und Parlamenten in der östlichen Stadt Tobruk und in der Hauptstadt Tripolis um die Macht ringen. Die IS-Miliz nutzt diese teilweise chaotische Lage aus. Allein in der Hafenstadt Sirte – dem Geburtsort von Diktator Gaddafi – sollen sich inzwischen mehr als 2000 Dschihadisten festgesetzt haben.
Beobachter gehen davon aus, dass weitere Einheiten nach Libyen verlegt werden könnten, sollten die Extremisten in Syrien und dem Irak in den kommenden Wochen und Monaten an Einfluss verlieren. Erst vor Kurzem musste sich der „Islamische Staat“ aus der irakischen Stadt Ramadi zurückziehen. In Libyen allerdings konnte das „Kalifat“ zuletzt einige Erfolge verbuchen. Der mögliche Vormarsch der IS-Kämpfer bereitet nicht zuletzt Anrainerstaaten wie Ägypten und Tunesien große Sorgen. Sie fürchten, dass damit auch die Anschlagsgefahr in ihren Ländern steigen könnte.
Am 17. Dezember unterzeichneten Vertreter der beiden Regierungen in Marokko ein UN-vermitteltes Abkommen für einen Ausweg aus der Staatskrise. Der Vertrag sieht eine Einheitsregierung und einen Präsidialrat für eine Übergangszeit von bis zu zwei Jahren, die Verabschiedung einer neuen Verfassung und Parlamentswahlen vor. Das Abkommen ist aber unter anderem innerhalb der Parlamente umstritten.
„Die richtige Arbeit beginnt nun erst, wir müssen mit den Milizen sprechen und alle einbinden“, sagte Kobler. Die Bundesrepublik könne den Staatsaufbau in Libyen etwa mit einem Engagement in der Ausbildung von Polizisten voranbringen. Zudem könne Berlin den politischen Prozess weiter unterstützen und den libyschen Kommunen beim Aufbau einer funktionierenden Verwaltung behilflich sein. Auf die Flüchtlingskrise kann der Staatsaufbau in Libyen nach Koblers Einschätzung „mittelfristig Effekte haben“. „Die derzeitige Atmosphäre stärkt den Menschenhandel, der Aufbau von Sicherheitsstrukturen kann ihn zurückdrängen.“ Um zu verhindern, dass sich weiterhin viele Menschen von der libyschen Mittelmeerküste auf den Weg nach Europa machen, müsse „der IS-Terror“ bekämpft werden.