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Rauch steigt am 27. Juni über Oppositionsgebieten in der Daraa-Provinz auf.
© AFP PHOTO / Mohamad ABAZEED
Update

Syrien: UN stoppen Hilfslieferungen wegen heftigen Kämpfen

Bisher galten die Kämpfe um Aleppo und Ost-Ghouta als die schlimmsten des Bürgerkrieges. Doch laut UN-Sicherheitsrat zeichnet sich in Daraa eine noch größere Offensive ab.

Wegen der heftigen Kämpfe im Süden Syriens haben die Vereinten Nationen ihre Hilfslieferungen aus dem benachbarten Jordanien gestoppt. Die Versorgungsader über die Grenze sei seit zwei Tagen unterbrochen, sagte der UN-Hilfskoordinator für Syrien, Jan Egeland, am Donnerstag in Genf. Die UN hätten nicht die notwendigen Zusicherungen erhalten, dass für Konvois keine Gefahr bestehe.

Hilfsorganisationen in der Region um die Stadt Daraa haben Egeland zufolge Vorräte angelegt. Allerdings seien die humanitären Aktivitäten in zu vielen Gebieten gelähmt.

Nach UN-Schätzungen sind in der Region etwa 50 000 Menschen auf der Flucht, wie Egeland weiter erklärte. Lokale Behörden sprächen von 70 000 Vertriebenen. Ihm erscheine die höhere Zahl glaubwürdig, sagte er. Die Kämpfe gingen „von Dorf zu Dorf“ und „von Stadt zu Stadt“.

UN befürchten größte Schlacht seit Kriegsbeginn

Syrien steuert laut UN auf die heftigsten Kämpfe seit Beginn des Bürgerkriegs vor sieben Jahren zu. Sollte sich die Offensive der Regierungstruppen auf Rebellengebiete im Südwesten des Landes zu einer regelrechten Schlacht ausweiten, könnte sie Ausmaße bekommen wie die Kämpfe von Aleppo und Ost-Ghuta zusammen, sagte der UN-Sondergesandte Staffan de Mistura am Mittwoch. Mit Großoffensiven auf Aleppo und Ost-Ghuta hatten syrische Regierungstruppen die einstigen Rebellenhochburgen unter ihre Kontrolle gebracht. Jetzt nehmen sie verstärkt den Südwesten des Landes ins Visier. Nach jüngsten Luftangriffen mussten dort drei Krankenhäuser ihren Betrieb einstellen, wie eine Hilfsorganisation mitteilte.

Bisher galten die Kämpfe um Aleppo und Ost-Ghuta als die schwersten des syrischen Bürgerkriegs. Doch De Mistura erklärte vor dem UN-Sicherheitsrat, derzeit zeichne sich eine noch größere Offensive ab: Die Kämpfe in der Provinz Daraa könnten sich auf ein Gebiet mit so vielen Menschen erstrecken wie in Aleppo und Ost-Ghuta zuammen. Solche Gefechte drohten zaghafte Schritte zur Einrichtung eines Verfassungskomitees zunichte zu machen. Auch könnten die Spannungen mit Israel zunehmen.

Daraa ist die einzige verbliebene IS-Hhochburg in Syrien

Die an die von Israel besetzten Golanhöhen grenzende Region im Südwesten ist neben der Provinz Idlib nahe der Türkei die einzige verbliebene Rebellenhochburg in Syrien. Daraa, die größte Stadt im Südwesten, war schon früh ein Zentrum des Aufstandes gegen Präsident Baschar al-Assad. Unterstützt von seinem Verbündeten Russland wagt er die Offensive auf das Kernland seiner Gegner aus einer Position der Stärke heraus, die im gesamten Bürgerkrieg noch nie so groß war.

Seit gut einer Woche versuchen regierungstreue Einheiten verstärkt, die Kontrolle über das Gebiet zu gewinnen. Seitdem seien etwa 47 Zivilisten getötet worden, teilte die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Den UN zufolge trieben die Kämpfe 45.000 Menschen in die Flucht. Die USA schätzen diese Zahl sogar auf 70.000. Die Regierung in Washington hatte Assad unlängst vor einem Militäreinsatz in dem Gebiet gewarnt, wo eine von den USA und Russland vermittelte Waffenruhe zunächst für eine Eindämmung der Kämpfe gesorgt hatte. Dennoch zeichnen sich bisher keine Bemühungen der USA ab, Assad bei seinem Vorstoß zu stoppen.

Bei den jüngsten Luftangriffen im Südwesten wurden nach Angaben einer Hilfsorganisation drei Krankenhäuser so stark beschädigt, dass der Betrieb eingestellt werden musste, erklärte die medizinischen Nothilfe-Gruppe UOSSM. Opferzahlen lagen zunächst nicht vor. Die syrische Regierung hat wiederholt dementiert, medizinische Einrichtungen absichtlich anzugreifen. (reuters)

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