Hungersnot in Somalia: UN-Expertin: "Hungernde Kinder sind zu klein, zu dünn und schneller krank"
Hunderttausende somalische Kinder bekommen nicht genug zu essen. Welche Folgen hat der Hunger für sie? Ein Gespräch mit Maria Smentek vom Welternährungsprogramm.
Frau Smentek, in Somalia leiden hunderttausende Mädchen und Jungen Hunger. Welche Folgen hat Mangelernährung bei Kindern?
Massive. Fehlen ausreichend Nahrung sowie lebenswichtige Nährstoffe und Vitamine, kann das die Kinder in ihrer Entwicklung nachhaltig und langfristig zurückwerfen körperlich, aber auch geistig.
Das heißt?
Diese Kinder sind häufig zu klein für ihr Alter, zu dünn. Sie sind schwächer, haben in der Schule Schwierigkeiten dem Unterricht zu folgen, brechen die Schule früher ab und werden schneller krank.
Die ersten 1000 Tage im Leben eines Kindes gelten als kritische Phase, um chronische Unterernährung zu verhindern. Warum ist dieser Zeitraum so entscheidend?
In dieser Zeit – von der Empfängnis bis zum zweiten Geburtstag – wird der Grundstein für die Entwicklung des Kindes gelegt. Kommt es hier zu Defiziten, können diese auch mit besserer Ernährung später nie wieder richtig wettgemacht werden.
Inwiefern macht es sich langfristig bemerkbar, wenn man als Kind nicht genug zu essen bekommen hat?
Das hat Auswirkungen auf das ganze Leben: Ein niedrigeres Ausbildungsniveau, weniger Leistungsfähigkeit, damit verbunden geringeres Einkommen als Erwachsene. Das hat auch erhebliche Folgen für die Gesellschaft, weil zum Beispiel Gesundheitskosten steigen, aber eben auch viel Produktivität verloren geht. In Afrika belaufen sich laut Studien die Kosten von kindlicher Mangelernährung auf bis zu 16,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes eines Landes.
Kinder mit Untergewicht sind in der Regel sehr geschwächt und daher anfällig für Krankheiten. Wie gefährlich ist das?
Mangelernährte Kinder können Krankheiten wenig entgegensetzen, ihre Körper und ihr Immunsystem sind geschwächt, sodass selbst einfache Erkrankungen oder Durchfall tödlich sein können. An den Folgen von Hunger sterben jedes Jahr mehr Kinder als an Aids, Malaria und Tuberkulose zusammen.
Wie kann den betroffenen Kindern geholfen werden?
Die Hilfe beginnt schon bei den Müttern. Wir müssen dafür sorgen, dass sie ausreichend ernährt sind, um ihren Kindern einen gesunden Start ins Leben zu geben. Dann geben Schulmahlzeiten Mädchen und Jungen eine wichtige Grundlage für ihre Entwicklung. Und in Notsituationen wie in Somalia müssen wir alles tun, um Mangelernährung zum Beispiel mit Spezialnahrung wie Erdnusspasten zu verhindern und schnell zu behandeln.
Das Gespräch führte Christian Böhme.