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Ein Pferdeskelett mit Gasmaske und Atomkraft-nein-danke-Fahnen
© dpa

Atommüll: Umweltbewegung: Ein Endlager wird nicht ausreichen

Die Umweltverbände haben die Mitarbeit in der Endlagerkommission bisher verweigert. An diesem Wochenende wollen sie entscheiden, ob es dabei bleibt.

Für den in Deutschland produzierten und weiter anfallenden Atommüll braucht es mehr als ein Endlager. Die 2013 neu angeschobene Suche nach einer Lagerstätte für die abgebrannten Brennstäbe aus Kernkraftwerken und die hochradioaktiven Rückstände aus der Wiederaufbereitung greift deshalb zu kurz. Das ist die vorherrschende Meinung bei vielen Umweltverbänden und Bürgerinitiativen. Seit Freitagabend diskutieren sie bei einem Kongress in Berlin mit Vertretern von Wissenschaft, Verbänden, Politik und Kirchen über Auswege aus dem Atommüll-Dilemma.

Ursula Schönberger hat mehrere Dutzend Exemplare einer von ihr verfassten Broschüre mitgebracht. In dem schlicht mit „Atommüll“ betitelten Bericht listet die Politikwissenschaftlerin und frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete auf rund 270 Seiten alle bekannten Orte auf, an denen Kernbrennstoff produziert wird und wo radioaktive Abfälle vorhanden sind. Zu den nuklearen „Hotspots“ in der Bundesrepublik zählen die stillgelegten und noch laufenden Atomkraftwerke, die Forschungsreaktoren, die Brennelementefabrik im niedersächsischen Lingen und die Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau, die bestehenden Endlager Asse und Morsleben, die Zwischenlager für Castorbehälter an den Akw-Standorten sowie die Landessammelstellen für schwach radioaktive Abfälle.

Insgesamt porträtiert die Studie etwa 90 Standorte mit ihren jeweiligen Problemen: die rostenden Tonnen im Fasslager Brunsbüttel, das Plutonium im sächsischen Forschungszentrum Rossendorf, der Reaktordruckbehälter in Jülich, der so stark strahlt, dass ein eigenes Zwischenlager für ihn gebaut werden muss. Damit unterscheidet sich der Bericht wesentlich von den jährlichen „Abfallmengenprognosen“ der Bundesregierung, in denen der Atommüll lediglich als Gesamtmenge erfasst werde, sagt Schönberger.

Die Verzögerungen im Endlager Konrad lassen Zwischenlager überquellen

Auch über ein aktuelles Papier aus dem baden-württembergischen Umweltministerium soll in Berlin diskutiert werden. Demnach staut sich durch immer neue Verzögerungen bei der Umrüstung des früheren Eiserzbergwerks Schacht Konrad zum Bundesendlager für schwach und mittelradioaktive Abfälle dieser Müll an den Kraftwerkstandorten. Zudem zeichne sich ab, dass die für Konrad genehmigte Einlagerungsmenge von 303 000 Kubikmetern nicht ausreiche. Völlig ungeklärt sei, wo die rund 126 000 Fässer gelagert werden sollen, die sich derzeit noch im maroden Lager Asse befinden.

Der Ingenieur Udo Dettmann vom Asse-II-Koordinationskreis rechnet inzwischen damit, dass es langfristig „vier oder sogar fünf“ Endlagerstandorte in Deutschland geben muss. „Das Lager für hochradioaktiven Müll, Schacht Konrad, Morsleben, ein Endlager für die Asse-Abfälle“, rechnet er vor. „Und dann bleibt da noch die Asse selbst, denn alle Fässer, die ja zum Teil korrodiert sind, werden dort wohl nicht herausgeholt werden können.“

Umweltverbände und Initiativen nutzen die Berliner Tagung auch für eine endgültige Klärung der Frage, ob sie sich an der Experten-Kommission beteiligen werden, die die eigentliche Endlagersuche vorbereiten soll. Indem sie die Klage gegen die Aufhebung des Rahmenbetriebsplans für Gorleben zurückzog, hatte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) diese Woche einen Stolperstein aus dem Weg geräumt. Allerdings hat Greenpeace gleich abgewunken. Das sei nur ein Täuschungsmanöver. Und auch die Bürgerinitiative aus Gorleben sieht noch eine Basis für eine Mitarbeit, andere Umweltverbände schon.

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