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Horst Seehofer (CSU), Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat, wurde eine Angriff auf die Pressefreiheit vorgeworfen.
© Carsten Koall/dpa
Exklusiv

„All cops are berufsunfähig“: Umstrittene „taz“-Kolumne über Polizisten bleibt straflos

Innenminister Horst Seehofer warf einer „taz“-Autorin Straftaten vor. Doch die Berliner Staatsanwaltschaft lehnt Ermittlungen ab. Es bestehe kein Anfangsverdacht.

Entgegen der Ansicht von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CDU) sieht die Berliner Staatsanwaltschaft in der Veröffentlichung der umstrittenen Kolumne „All cops are berufsunfähig“ in der „tageszeitung“ keine Straftat. Nach Informationen des Tagesspiegels lehnen die Strafverfolger Ermittlungen gegen die Autorin Hengameh Yaghoobifarah ab.

Yaghoobifarah war vorgehalten worden, in dem Text Polizisten mit Müll gleichgesetzt zu haben, der entsorgt gehöre. Es bestehe kein Anfangsverdacht, heißt es jetzt, weder auf Beleidigung noch auf Volksverhetzung.

Andere Delikte kämen nicht in Betracht. Die Staatsanwaltschaft hat bisher eine Vorprüfung des Falls vorgenommen. Ein förmliches Ermittlungsverfahren wird nun voraussichtlich gar nicht erst eingeleitet.

Offiziell bestätigen wollte die Behörde den Beschluss am Montag noch nicht. Am Dienstag will sich der Deutsche Presserat mit dem Fall befassen.

Seehofer rügte „Enthemmung der Worte“

Seehofer hatte die im Juni dieses Jahres erschienene Kolumne der Journalistin als „Enthemmung der Worte“ bezeichnet, die zu „Gewaltexzessen“ führe. „Das dürfen wir nicht weiter hinnehmen“.

Zunächst hatte der Politiker eine Strafanzeige angekündigt, darauf aber nach viel öffentlicher Kritik verzichtet. Es lägen bereits Strafanzeigen vor, zudem seien die Delikte teilweise von Amts wegen zu prüfen.

Seehofer gab sich jedoch sicher, dass es zu einer Verurteilung kommen wird: „Schließlich bin ich der Auffassung, dass mit der Kolumne durch die menschenverachtende Wortwahl auch Straftatbestände erfüllt werden“, erklärte er in einer amtlichen Pressemitteilung seines Ministeriums.

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In dem satirisch angelegten Text nahm Yaghoobifarah Bezug auf Rassismus-Vorwürfe gegen die Polizei in den USA und erörterte, welche Berufe die Beamtinnen und Beamten mit ihrem „Fascho-Mindset“ noch ausüben könnten, wenn hierzulande die Polizei aufgelöst würde.

Als „geeignete Option“ bliebe nur die Mülldeponie. „Nicht als Müllmenschen mit Schlüsseln zu Häusern, sondern auf der Halde, wo sie wirklich nur von Abfall umgeben sind.“

Drohungen gegen Autorin

Polizeigewerkschaften und Politiker hatten die „taz“ und ihre Autorin heftig für diese vermeintliche Pointe kritisiert, woraufhin sich Seehofer in der „Bild“-Zeitung zu Wort meldete. Im Anschluss daran erhielt Yaghoobifarah zahlreiche Drohmails unter anderem von mutmaßlichen Rechtsextremisten.

Wie später bekannt wurde, wurden unmittelbar nach Erscheinen der Kolumne personenbezogene Daten zu der Autorin in einem Hamburger Polizeicomputer abgefragt. Ob es dafür eine Berechtigung gab, wird derzeit untersucht.

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