EU und die Flüchtlinge: Umsiedeln und abschieben
Die EU-Partner wollen Griechenland und Italien beim Aufbau der "Hotspots" unterstützen.
Am Ende ging der EU-Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs in Brüssel doch glimpflich aus. Nach deutlichen Verstimmungen über die Verteilung der Flüchtlinge rauften sich die Staats- und Regierungschefs zusammen: „Das Klima war sehr konstruktiv“, erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag gegen ein Uhr morgens. Die Beratungen seien von dem Geist getragen gewesen, dass sie und ihre Amtskollegen den Umgang mit den Schutzsuchenden in der EU „gemeinsam anpacken wollen“.
Zu Beginn des Sondergipfels waren noch ganz andere Töne zu hören gewesen. So kritisierte Frankreichs Präsident François Hollande die Asylpolitik des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban: „Europa ist eine Gemeinschaft der Werte“, sagte Hollande, „wer diese Werte und diese Prinzipien nicht teilt, muss sich die Frage stellen, was er in der EU macht.“
Ungarn, Tschechien, die Slowakei und Rumänien waren am Dienstag beim Treffen der EU-Innenminister überstimmt worden. Dem Beschluss zufolge sollen 120 000 Flüchtlinge aus Griechenland und Italien auf andere Länder verteilt werden. Diese heikle Frage sprachen die vier osteuropäischen Länder am Donnerstag aber nicht mehr an.
Stattdessen beschlossen die Staats- und Regierungschefs, dass die EU dem UN-Welternährungsprogramm WFP und dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR zusätzlich eine Milliarde Euro zur Versorgung der syrischen Flüchtlinge in den Nachbarstaaten bereitstellen wird. Um die dramatische Lage an den EU-Außengrenzen zu bewältigen, sollen zudem der EU-Grenzschutzagentur Frontex zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden. Bis Ende November sollen zudem die – „Hotspots“ genannten – europäischen Erstaufnahmezentren in Italien und Griechenland arbeitsfähig sein.
Lange war nicht klar gewesen, was in diesen Zentren genau geschehen soll: Geht es nur um personelle Unterstützung vor Ort oder um den Aufbau echter, neuer EU-Asylzentren? Die Staats- und Regierungschefs haben jetzt Klarheit geschaffen: In ihrer Abschlusserklärung fordern sie von den Mitgliedstaaten und den EU-Institutionen schnelle „operationelle Entscheidungen“, damit die Hotspots „bis spätestens November 2015“ ihren Aufgaben nachkommen können.
Angela Merkel formulierte, es gehe um „eine Ergänzung“ der bisherigen Pläne: Die ankommenden Migranten sollen von europäischen Teams aus Beamten des Gastlandes sowie der anderen Mitgliedstaaten nicht nur identifiziert, registriert und ihre Fingerabdrücke abgenommen bekommen. Zudem soll dort jetzt auch „gleichzeitig ihre Umsiedlung und Rückführung“ organisiert werden. Auch Hollande sagte: „Dies werden nicht einfach Registrierungszentren sein. Wenn die Asylbewerber die Kriterien nicht erfüllen, müssen wir sie in Würde zurückbringen.“
Italien hat vier Orte für Hotspots benannt
Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, für das laufende Jahr 1,3 Millionen Euro zusätzlich für Frontex, die EU-Asylbehörde Easo und die Polizei Europol bereitzustellen. Damit sollen bei Frontex weitere 60 Stellen geschaffen werden. Die Erhöhung des Budgets muss noch vom Europaparlament abgesegnet werden. „Frontex darf sich nicht einseitig um die Grenzsicherung kümmern, sondern muss angemessen mit den Flüchtlingen umgehen, die auch rechtmäßig nach Europa kommen“, sagte dazu der Grünen-Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht.
Ende Juni hatte die EU in Catania auf Sizilien ein Lagezentrum zur Koordinierung der Arbeit von Frontex, Easo und Europol eingerichtet. Allein Frontex schickte weitere zwölf Registrierungsfachleute, 16 Übersetzer und 18 Experten zur Unterstützung der italienischen Behörden bei der Befragung der Asylbewerber nach ihren Asylgründen und nach den Methoden und Routen der Schlepper.
Die EU-Kommission teilte mit, sie erwarte von den Mitgliedstaaten bis nächste Woche die Benennung zusätzlicher nationaler Beamter, die Frontex, Easo und Europol in Italien und Griechenland verstärken sollen. Damit die Asylzentren in nur zwei Monaten arbeitsfähig sein können, müssten noch viele praktische Probleme überwunden werden. „Die EU kann mit Personal helfen“, sagt eine Kommissionssprecherin, „aber die EU kann keine Infrastruktur bauen – dafür sind die Mitgliedstaaten zuständig.“
Italien hat bereits vier Orte für Hotspots benannt und dort Aufnahmezentren mit rund 1500 Unterbringungsplätzen errichtet – unter anderem auf Sizilien und Lampedusa. Unklar ist aber noch, wie Italien gemeinsam mit Frontex die Abschiebung organisieren will.
In Griechenland sind auf den Inseln Lesbos und Chios erste Registrierungszentren entstanden, doch sträubt sich die Regierung, Diplomaten der EU hoheitliche Aufgaben zu übertragen. Am Rande des EU-Gipfels bat Kommissionschef Jean-Claude Juncker den Athener Premier Alexis Tsipras eindringlich, endlich europäische Hilfe anzunehmen.
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