Reformpaket in China: Umerziehungslager wird abgeschafft, Ein-Kind-Politik gelockert
Chinas neuer Staatschef Xi Jingping sorgt für einen Paukenschlag. Nicht nur die strenge Familienpolitik soll gelockert werden. Auch die zuletzt schwächelnde Wirtschaft soll Impulse bekommen. Doch vorerst sind es nur Pläne.
Überraschende Reformvorstöße in China: Die Kommunistische Partei lockert die Ein-Kind-Politik und schafft die Arbeitslager zur Umerziehung von Straftätern und Regimegegnern ab.
Zudem sollen Investitionen mit privatem Kapital deutlich stärker als bisher zugelassen werden, um die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt wieder in Schwung zu bringen. Dies geht aus dem am Freitag in Peking veröffentlichten Abschlussdokument der Sitzung des Zentralkomitees hervor.
Nach dem viertägigen ZK-Plenum hatte die Partei nur sehr vage eine „umfassende Vertiefung der Reformen“ angekündigt. In den bisherigen Erklärungen hatten Beobachter vergeblich nach konkreten Schritten gesucht. Das vorliegende Dokument fasst jetzt aber detailliert ein großes Reformpaket zusammen, das das Milliardenreich auf die Zukunft vorbereiten soll. Im vergangenen Jahr war das Jahreswachstum auf 7,7 Prozent gefallen - den niedrigsten Stand seit 1999.
„Eine Pause oder Rückschritte sind kein Ausweg“, wurde der neue Staats- und Parteichef Xi Jinping zitiert, der vor einem Jahr das Ruder übernommen hat. Reform und Öffnung könnten nur vorwärtsgehen, sagte Xi Jinping. Allerdings hatte China schon in der Vergangenheit Probleme, derartige Vorhaben gegen Widerstände mächtiger Interessengruppen und der Bürokratie durchsetzen.
Die strenge Familienpolitik wird deutlich abgeschwächt, indem Paare, von denen ein Partner bereits aus einer Ein-Kind-Familie stammt, künftig zwei Kinder haben dürfen. Bisher galt diese Regel nur für Paar mit zwei Partnern, die selbst Einzelkinder waren. Weitere Anpassungen der Familienpolitik werden für die Zukunft in Aussicht gestellt, um eine „langfristige, ausgewogene Entwicklung der Bevölkerung“ zu fördern, wie aus dem Dokument hervorgeht.
Um die angestrebte Urbanisierung zu erleichtern, soll das strenge Meldesystem (Hukou) „beschleunigt“ reformiert werden. Bislang verwehrt es den mehr als 200 Millionen Wanderarbeitern soziale Leistungen in Städten. Die Kontrolle über Landbewohner, die sich in städtischen Gebieten niederlassen wollen, wird verringert.
Die Beschränkungen für die Ansiedlung in mittelgroßen Städten sollen „geordnet“ gelockert werden. Das Papier rief zugleich zu „Bemühungen“ auf, Wanderarbeiter stärker in das soziale Netz der Städte zu integrieren und ihnen bezahlbare Wohnungen zur Verfügung zu stellen.
China will auch den Finanzsektor weiter öffnen und „kleinere und mittlere“ private Banken zulassen. Investoren sollen auch Anteile an Staatsbetrieben erwerben können. Im Markt solle ein gemischter Besitz mit privaten und staatlichem Kapital entwickelt werden. Energiepreise sollen sich stärker am Markt orientieren. Die Preisreform soll dem Wettbewerb folgen. Bereiche wie Wasser, Öl, Gas, Verkehr und Telekommunikation wurden genannt. Die Konvertibilität der chinesischen Währung im grenzüberschreitenden Kapital- und Zahlungsverkehr soll „beschleunigt“ werden.
Ein Zeitplan für die Abschaffung der Arbeitslager wurde vorerst nicht genannt. Dort können Chinesen ohne Gerichtsverfahren für drei Jahre festgehalten werden. Es hieß, es sollten neue gesetzliche Voraussetzungen geschaffen werden. Viele Oppositionelle oder Aktivisten sind in der Vergangenheit einfach auf Anweisung der Polizei in den Lagern verschwunden und saßen dort neben Kleinkriminellen, ohne sich rechtlich wehren zu können. (dpa)