AfD in Hamburg: Um 18 Uhr versteinerten die Mienen – um 21 Uhr kam die Hoffnung zurück
Draußen wird mit „Nazis-raus“-Rufen demonstriert. Drinnen in der AfD-Zentrale herrscht nach der Prognose Entsetzen. Dann kommt doch Zuversicht auf.
Wo in Hamburg die AfD auftritt, ist in aller Regel mit linkem Gegenprotest zu rechnen – so auch an diesem Wahlabend. Kurz vor Verkündung der 18 Uhr-Prognose müssen in der AfD-Zentrale in der Hamburger Innenstadt die Fenster geschlossen werden. Von draußen rufen Demonstrantinnen „Nazis raus“.
Die AfD-Bürgerschaftskandidatin Olga Petersen gibt sich dennoch optimistisch. Die AfD lag bei Umfragen zuletzt bei sieben Prozent. Der Einzug der OP-Assistentin von Listenplatz neun in die Bürgerschaft sei vielleicht nicht so aussichtsreich, aber daran dass die AfD trotz Hanau und Thüringen in die Bürgerschaft vertreten sein wird, daran hat Petersen keinen Zweifel.
„Medien machen sich alle Mühe uns in die Verantwortung zu geben, aber ich hoffe einfach das es genug aufgeklärte Bürger gibt.“
Um Punkt 18 Uhr versteinern die Mienen. Laut Prognose kommt die Partei nur auf 4.7 Prozent.
Alexander Wolf verzieht das Gesicht, hat den Grund für das Scheitern der Partei aber gleich gefunden: „Dass wir jetzt bei 4.7 Prozent gelandet sind, das ist dem heftigen Klima der letzten Tage und Wochen geschuldet.“
Thüringen habe im Ergebnis dazu geführt, „dass AfD-Politiker öffentlich unverhohlen als Nazis bezeichnet wurden“.
„Hanau – das sind Sonderumstände, da kann man keinen Trend draus ableiten“
Sollte die AfD an diesem Wahlsonntag nicht in die Hamburger Bürgerschaft einziehen, so wäre Hamburg das erste Bundesland, indem die Partei nicht mehr im Landesparlament sitzt. Der Anfang vom Ende?
Natürlich nicht, sagt Alexander Wolf, lacht und trinkt einen Schluck Bier aus der Flasche. „Das sind Sonderumstände. Dieses Hanau – dieses mediale Sperrfeuer, diese mediale Hetze hat unsere vernünftige Arbeit überdeckt, da kann man keinen negativen Trend daraus ableiten.“ Die anschließende Hochrechnung zeigt das gleiche Ergebnis, wie die vorherige Prognose: Die AfD bleibt draußen. Wolf und Petersen drängen sich mit anderen Parteikollegen in einen kleinen Raum zum Buffet. Es gibt Buletten und Chips. Die Stimmung ist sehr gedämpft.
Petersen sagt: „Hamburg ist einfach eine Großstadt, die sehr links-grün orientiert ist“. Sobald man mal raus, in den Speckgürtel führe, könne sie problemlos mit einem AfD-Trikot herumlaufen. In Hamburg ginge das nicht. Auch Alexander Wolf bescheinigt Hamburg, „ein schweres Pflaster“ für die AfD zu sein.
Um 19.57 Uhr tönt es durch den Flur: „4.9 Prozent!“ Spitzenkandidat Dirk Nockemann und Alexander Wolf steht ein breites Grinsen ins Gesicht geschrieben. „Wir schaffen das!“, ruft Wolf.
Tatsächlich sieht die ARD-Hochrechnung um 20.47 Uhr die Partei wieder in der Bürgerschaft: Der 25-Jährige Krzysztof Walczak kommt in den kleinen Raum mit Teppichfußboden und AfD-Luftballons und schreit laut. 5.1 Prozent.
Olga Petersen haut vor Freude gegen den Türrahmen.
Der Spitzenkandidat Dirk Nockemann sagt: „Wir haben gesagt, dass wir am Ende des Abends in der Hamburger Bürgerschaft sein werden.“ Die eigene Rhetorik müsse in Zukunft überdacht werden. Nockemann pflichtet damit seinem Parteikollegen bei, der am Wahlsonntag einen Parteibrief zu den Ereignissen in Hanau veröffentlich hatte. Trotzdem, sagt Nockemann, die etablierten Parteien müssten ihre Rhetorik dringend auch überdenken.
Joana Nietfeld