„Go f**k yourself“: Ukrainische Soldaten der Schlangeninsel offenbar in russischer Gefangenschaft
Am Donnerstag hat Russland die Schlangeninsel eingenommen. Zunächst gefallen geglaubte Soldaten sollen sich ergeben haben und sind nun in russischer Hand.
Die ukrainischen Soldaten von der Schlangeninsel im Schwarzen Meer sind Angaben aus Kiew zufolge in russischer Gefangenschaft. „Wir sind sehr froh zu erfahren, dass unsere Mitstreiter leben und alles mit ihnen gut ist“, teilte die ukrainische Flotte am Montag per Facebook mit.
Die Ukrainer hätten sich ergeben, nachdem die Munition ausgegangen sei. Russland habe dabei die komplette Infrastruktur der Insel vor dem Donaudelta zerstört.
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Am Samstag war die Verbindung zu den Soldaten auf der Insel verloren gegangen. Kiew war vom Tod aller 13 Ukrainer ausgegangen. Das russische Militär zeigte später jedoch Bilder der Gefangenen nach ihrer Ankunft in Sewastopol auf der Halbinsel Krim.
Präsident Selenskyi nahm in seiner Ansprache nach dem ersten Tag des russischen Angriffs zunächst auf die gefallenen Soldaten Bezug und ehrte sie mit der höchsten Auszeichnung des Landes: „Auf unserer Insel Zmiinyi, die wir bis zum Schluss verteidigten, starben alle Grenzsoldaten heldenhaft. Aber sie haben nicht aufgegeben. Sie alle werden posthum mit dem Titel ‚Held der Ukraine‘ ausgezeichnet. Möge das Andenken an diejenigen, die ihr Leben für die Ukraine gegeben haben, ewig leben.“
Ein Statement geht um die Welt
Vergangenen Donnerstag hat Russland einen Krieg gegen das Nachbarland Ukraine begonnen. Nach ukrainischen Angaben wurden bereits mehr als 350 Zivilisten infolge der Kämpfe getötet.
Kurz vor Beschuss soll ein Soldat einem russischen Kriegsschiff „Russian warship, go f**k yourself“ gesagt haben als sie aufgefordert wurden, sich zu ergeben. Das Video dazu ging viral. Der Spruch ist nun auf vielen Ortsschilder und Wegweisern in der Ukraine zu sehen.
Am Samstag erklärten ukrainische Beamte allerdings, dass nicht klar war, wie viele Grenzsoldaten auf der Insel stationiert waren, als der Beschuss begonnen hatte. In einem Facebook-Post schrieb der staatliche Grenzschutzdienst der Ukraine, dass sie möglicherweise noch am Leben seien: „Wir sind der festen Überzeugung, dass alle ukrainischen Verteidiger der Insel Zmiiniy am Leben sein könnten“.
Weiter heißt es, russische Medien hätten berichtet, dass sie als Gefangene nach Sewastopol gebracht wurden, einer von Russland kontrollierten Hafenstadt auf der Halbinsel Krim. Der Grenzschutz arbeite nun daran, herauszufinden, was mit den Soldaten geschehen sei.
„Wir hoffen aufrichtig, dass die Jungen so bald wie möglich nach Hause zurückkehren werden, und die zum Zeitpunkt des Angriffs erhaltenen Informationen über den Tod werden nicht bestätigt“, heißt es in dem Post.
Die ukrainischen Seestreitkräfte erklärten am Sonntag: „Wir sind sehr froh zu erfahren, dass unsere Brüder am Leben sind und es ihnen gut geht!“, so die Nachrichtenagentur Interfax. Die Verteidiger der Schlangeninsel hätten den Angriff der Invasoren zweimal abgewehrt. Aus Mangel an Munition waren sie jedoch nicht in der Lage, die Verteidigung der Insel fortzusetzen.
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Das Vorgehen der Wachleute erregte auch internationales Aufsehen, nachdem die Tonaufnahme mit dem Schlagabtausch der ukrainischen und russischen Soldaten auf der Website der ukrainischen Nachrichtenagentur Ukrayinska Pravda veröffentlicht worden war, wie die US-Zeitung „Washington Post“ berichtet. Darin hört man den Funkspruch eines russischen Kriegsschiffes. „Dies ist ein russisches Kriegsschiff. Ich schlage vor, dass Sie Ihre Waffen niederlegen und sich ergeben. Sonst eröffne ich das Feuer.“
Daraufhin erwidert der ukrainische Soldat „Russian warship, go f**k yourself“ (zu deutsch: „Russisches Kriegsschiff, f**k dich“). Ein ukrainischer Beamter bestätigte am Donnerstag gegenüber der Washington Post die Echtheit der Aufnahme.
Der trotzige Widerstand der Grenzsoldaten verbreitete sich rasch in den Sozialen Medien. Der Ruf „Russian warship, go f**k yourself“ ist Teil einiger Solidaritätsbekundungen mit der Ukraine geworden und brachte viele Vergleiche mit berühmten Schlachtrufen aus früheren Kriegen hervor.
Generalmajor Mick Ryan, ein australischer Offizier, verglich sie mit "NUTS!", einer Antwort, die der damalige Brigadegeneral der US-Armee, Anthony McAuliffe, während der Schlacht von Bastogne im Zweiten Weltkrieg an die Nazi-Truppen sandte, die eine Kapitulation der Amerikaner forderten. „Heute wird niemand von uns je vergessen, was diese Diener ihrer Nation dort getan haben“, twitterte Ryan.
Der republikanische Senator für Nebraska ging auf die tapferen Soldaten in seiner Twitter-Bio ein, indem er sie zu „Russisches Kriegsschiff, f**k dich“ änderte, wie die britische Zeitung „The Guardian“ berichtet.
Der Vorfall um die Schlangeninsel zeigt, wie unsicher Informationen aus dem Kriegsgebiet sind. Häufig wissen auch die Regierungen selbst nicht, wie es sich bei einzelnen Kämpfen verhält. Allerdings haben durchaus ein Interesse daran, dass die Vorfälle Verbreitung finden. Sie tragen dazu bei, den Mut der Kämpfer zu mythologisieren und die Moral der Ukrainer und der Truppen zu heben. Eins ist derweil sicher: Was wirklich in diesem Krieg passiert ist, werden wir in vielen Fällen erst nach Kriegsende erfahren. (mit dpa)