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junge Fraumit grüner Perücke und kleinem grünem Windrädchen
© dpa

EU-Klimaziele 2030: Ukraine-Krise erhöht Druck auf Europas Klimapolitik

Osteuropäer bremsen wegen der Abhängigkeit ihrer Volkswirtschaften von der Kohle, obwohl sie gleichzeitig vor der Abhängigkeit von Russland warnen. Umweltverbände kritisieren, dass die Vorschläge der EU-Kommission nicht ausreichen, um den Treibhausgasausstoß bis 2050 um 80 bis 95 Prozent zu senken.

Obwohl die Ukraine-Krise die Abhängigkeit Europas von russischen Gas- und Öllieferungen zum heiß diskutierten Thema gemacht hat, haben die EU-Regierungschefs das geplante Energie- und Klimapaket bei ihrem Gipfel in Brüssel auf den Herbst vertagt. Die EU- Kommission hatte vorgeschlagen, den Ausstoß der klimaschädlichen Treibhausgase bis 2030 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu verringern und den Anteil erneuerbarer Energien auf 27 Prozent zu erhöhen. „Wir hätten durchaus weiter gehen können“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Brüssel. Sie sei aber mit dem Kompromiss zufrieden und „verhalten optimistisch“.

Tatsächlich hat die EU-Kommission selbst ausrechnen lassen, dass der Treibhausgasausstoß in der EU bis 2030 ohne jede weitere Anstrengung der Mitgliedsstaaten um 32 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken wird. Vor dem Gipfel hatte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) die europäischen Regierungen aufgerufen, sich schnell auf ehrgeizige Klimaschutzziele für 2030 zu einigen. „Wir würden nicht nur nachhaltiges Wachstum schaffen, sondern auch unsere Abhängigkeit von Energieimporten aus Drittstaaten verringern“, sagte er vor den 28 Staats- und Regierungschefs. Das Europaparlament hatte im Februar drei verbindliche EU-Ziele für 2030 gefordert: Senkung des Kohlendioxidausstoßes um 40 Prozent, Ausbau erneuerbarer Energien auf 30 Prozent des Endenergieverbrauchs und ein Energieeffizienzziel von 40 Prozent.
Neben der EU-Kommission drangen Deutschland, Frankreich, Großbritannien, die Skandinavier und Italien auf eine schnelle Entscheidung. Dann könnte die EU ihre mittelfristigen Klimaschutzziele bereits im September bei einem Klimagipfel der Vereinten Nationen präsentieren. Doch die sogenannte Visegrád-Gruppe, bestehend aus Polen, Tschechien, Ungarn und der Slowakei, bremst derzeit, weil sie zu hohe Belastungen für ihre stark kohleabhängigen Volkswirtschaften fürchtet.

Der Reformvorschlag zum Emissionshandel wirkt frühestens 2022/23

Im Gegensatz zu Merkel halten viele Nichtregierungsorganisationen (NGOs) die EU-Zielvorgaben nicht für ehrgeizig genug. In offenen Briefen haben sowohl NGOs aus Nordafrika wie aus Europa an die EU appelliert, mehr Ehrgeiz in der Klimapolitik zu zeigen. Die WWF-Klimaexpertin Regine Günther bemängelt, dass das 2030-Ziel der EU nicht dazu führe, dass das langfristige Ziel erreicht wird, den Treibhausgasausstoß bis 2050 um 80 bis 95 Prozent zu senken. Der Emissionshandel würde, sollten die Vorschläge der EU-Kommission umgesetzt werden, bis 2022/23 nichts zur Erreichung der europäischen Klimaziele beitragen. Erst dann sei damit zu rechnen, dass die aktuell rund zwei Milliarden überschüssigen Kohlendioxid-Zertifikate verbraucht seien.

Hartmut Vogtmann, Präsident des Deutschen Naturschutzrings, kann nicht verstehen, „wie Regierungschefs lang und breit darüber diskutieren, dass man die Energieabhängigkeit von Russland reduzieren müsse, und sich gleichzeitig gegen verbindliche Ziele für Energiesparen und erneuerbare Energien stellen“. Hermann Falk, Geschäftsführer des Bundesverbands Erneuerbare Energien, sagte, der Ausbau erneuerbarer Energien mache „unsere Energieversorgung sicherer“ und schaffe „Wertschöpfung und Arbeitsplätze im eigenen Land“. Greenpeace wies darauf hin, dass allein 2012 die EU 545 Milliarden Euro für Energieimporte aufgewendet habe. Der Klimaexperte von Germanwatch, Christoph Bals, sagte: „Die EU gefährdet durch Aufschub und fehlende Ambition das neue globale Klimaabkommen, das 2015 in Paris verabschiedet werden soll.“

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