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India Shooting
© NDTV

Indien: Über 80 Tote bei Terrorserie in Bombay - Islamisten bekennen sich

Zahlreiche Menschen sind in der indischen Metropole Mumbai Anschlägen zum Opfer gefallen. Nach Medienberichten gab es Explosionen und Schusswechsel. Die Angreifer hätten gezielt Jagd auf ausländische Touristen gemacht. Von über 80 Toten wird berichtet. Eine islamistische Gruppe bekennt sich über das Internet zu den Anschlägen.

Bei einer Serie von Terroranschlägen in der indischen Finanzmetropole Bombay sind am Mittwochabend zahlreiche Menschen getötet worden.  Der indische Nachrichtensender NDTV meldete, 90 Menschen seien getötet und zahlreiche weitere verletzt worden. BBC und CNN nennen 80 Tote als mögliche Opferzahl auf ihren Internetseiten. Bislang gehen die Medien vor Ort von mindestens einem ausländischen Toten aus. Wie die Nachrichtenagentur Press Trust of India meldete, schickte eine Gruppe namens "Deccan Mujahedeen" entsprechende E-Mails an mehrere Medien.

Die Moderatoren der indischen Nachrichtensender melden beinahe täglich Terroranschläge in ihrem Land, doch in der Nacht zu Donnerstag fehlten selbst ihnen die Worte. "Beispiellos" nannten sie die Terrorwelle, die über Bombay schwappte. Nicht die üblichen Bombenanschläge waren es diesmal. Stattdessen gab es eine Art Kommandooperation: Mehrere Gruppen bewaffneter Männer griffen mit Kalaschnikow-Schnellfeuergewehren und Handgranaten etliche Ziele in der Innenstadt der westindischen Finanzmetropole an - darunter Luxushotels, den Hauptbahnhof und ein Kino.

Schwere Explosionen und Gefechte in der Innenstadt

Die Terroristen müssen Teile der Millionenmetropole fast in ein Kriegsgebiet verwandelt haben. Dutzende Menschen starben, mindestens 200 sollen im Kugelhagel und bei Granatenexplosionen verwundet worden sein. Unter den Zielen ist auch das Taj-Hotel gewesen, ein Wahrzeichen der Stadt, in dem viele Ausländer absteigen. Dort drangen die Angreifer ein, kurz nach Mitternacht kam es zu einer heftigen Explosion. Über der Kuppel des historischen Baus stiegen Rauchwolken auf, in den oberen Stockwerken brach Feuer aus. Ein Augenzeuge sagte im Nachrichtensender NDTV, die Angreifer hätten Geiseln genommen. Sie hätten gezielt nach Amerikanern und Briten gesucht. Betroffen von den Angriffen war auch die SPD-Europaabgeordnete Erika Mann. Sie sagte gegenüber dem ZDF-Heute-Journal, sie habe sich in ein Hotel geflüchtet.

Der Nachrichtensender CNN berichtet, eine Tankstelle in der Stadtmitte sei in die Luft gesprengt worden. Die Schusswechsel zwischen Polizisten und Terroristen wurden auch von ausländischen Journalisten mitverfolgt. "Wir hören Schußwechsel am Bahnhof und im Oberoi Hotel", sagte CNN-Korrespondent Andrew Stevens. Sourav Mishra, eine Reporterin für Reuters war mit Freunden im Café Leopold als bewaffnete Männer das Feuer eröffneten. "Ich hörte Schüsse und irgendetwas traf mich. Ich bin nur gerannt und dann fiel ich auf die Straße. Irgendjemand hob mich auf. Ich habe Schußverletzungen unterhalb meiner Schulter," sagte Mishra. Die Eingangshallen des Oberoi-Hotels und des Trident-Hotels brannten nach den Angriffen.

Landesweit bekannter Kommandeur einer Spezialeinheit erschossen

Das historische Taj-Mahal-Hotel stand in der Nacht in Flammen. NDTV berichtete, 100 Gäste aus dem auch von Ausländern besuchten Hotel seien in Sicherheit gebracht worden. Ein Augenzeuge sagte, Angreifer hätten im Taj-Hotel etwa 15 Geiseln genommen und dabei vor allem nach Briten und Amerikanern gesucht. Mindestens neun Ziele seien insgesamt angegriffen worden. Auch das Oberoi- und das Trident-Hotel werden von westlichen Touristen besucht. Bewaffnete Polizisten sperrten die Straßen ab und kontrollierten mit gezogenen Waffen alle Kreuzungen. Die indische Regierung ließ die Nationalgarde anrücken.

Innenminister Shivraj Patil sagte: "Es scheint, dass es sich um eine Verschwörung handelt." Bei dem Sondereinsatz im Taj-Mahal-Hotel wurde der Chef der Anti-Terror-Einheit von Bombay, Hemant Karkare, getötet. Am Mittwochabend zunächst unklar, ob unter den Opfern auch Deutsche sind. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte, das deutsche Generalkonsulat in Bombay sei eingeschaltet worden und stehe mit den indischen Behörden in Kontakt, um herauszufinden, ob Deutsche betroffen seien.

Wollen die Islamisten den Friedensprozess torpedieren?

Im Juli 2006 waren bei einer schweren Anschlagsserie in der Millionenstadt mehr als 170 Menschen getötet und fast 800 verletzt worden. Die indische Regierung hat Pakistan in der Vergangenheit immer wieder vorgeworfen, diese Extremisten zu unterstützen. Nur wenige Stunden vor den Anschlägen kam der pakistanischen Außenminister Shah Mahmood Qureshi nach Neu Delhi, um die schleppenden Friedensgespräche zwischen den beiden Atommächten voranzutreiben.

Muslimischen Extremisten sind diese Verhandlungen, die die einstigen Erzfeinde vor knapp fünf Jahren aufnahmen, ein Dorn im Auge. Es gilt als unwahrscheinlich, dass es den Attentätern gelingen könnte, den indisch-pakistanischen Friedensprozess zum Entgleisen zu bringen - falls das ihr Ziel gewesen sein sollte. Aus ihrer Sicht haben sie aber bereits mehrere Erfolge zu verbuchen. (ml/dpa/AFP)

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