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Panzer der türkischen Armee bewegen sich fünf Kilometer westlich der Stadt Karkamis an der türkisch-syrischen Grenze auf die Stadt Dscharablus zu.
© Bulent Kilic/AFP

Streit zwischen Ankara und Washington: Türkei weist US-Meldungen über Feuerpause mit Kurden zurück

Die Türkei ist befremdet: Es gebe keine Feuerpause mit den Kurden in Syrien, wie aus den USA verlautete. Beim G-20-Gipfel am Wochenende wollen Erdogan und Obama über den Konflikt reden.

Eine Woche nach Beginn der türkischen Syrien-Intervention ist der schwere Interessenkonflikt zwischen der Türkei und den USA offen ausgebrochen. In schroffen Worten wies die Regierung in Ankara am Mittwoch Angaben aus Washington über eine Waffenruhe zwischen türkischen Truppen und den syrischen Kurden in Nord-Syrien zurück. Die Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und Barack Obama wollen am Wochenende am Rande des G20-Gipfels in Shanghai über das Thema reden. Erdogan will zudem mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin über den Syrien-Konflikt sprechen.

Mit dem türkischen Vorstoß nach Nordsyrien bei der Grenzstadt Dscharablus ist für die USA eine schwierige Situation entstanden: Der Nato-Partner Türkei attackiert dort mit Ankara-treuen Milizen die mit Washington im Kampf gegen den "Islamischen Staat" (IS) verbündete Kurdengruppe PYD. Ankara betrachtet die PYD als verlängerten Arm der Rebellengruppe PKK und verlangt den Rückzug der Kurdenmiliz über den Euphrat nach Osten. Die Kurden halten nach Angaben von Beobachtern bisher jedoch an ihren jüngsten Gebietsgewinnen westlich des Stromes fest.

US-Militärsprecher John Thomas sagte, Türkei und syrische Kurden hätten einer Feuerpause zugestimmt und wollten sich dem Kampf gegen den IS widmen. Der türkische Europaminister Ömer Celik tat die Aussage des US-Sprechers als Stellungnahme „einiger Länder“ ab. Die Türkei sei ein souveräner Staat. Erdogans Sprecher Ibrahim Kalin sagte, es sei für sein Land „inakzeptabel“, von den USA mit einer Kurdenmiliz auf eine Stufe gestellt zu werden. Es gebe keine Vereinbarung mit der PYD. Ministerpräsident Binali Yildirim betonte, die Türkei bestehe auf einem Rückzug der PYD nach Osten. Washington habe dies mehrmals zugesichert und müsse jetzt entsprechend Druck auf die Kurden machen.

Dem türkischen Präsidialamt zufolge soll auf syrischem Boden entlang der Grenze zur Türkei ein 90 Kilometer breiter Streifen geschaffen werden, in dem es keine IS-Kämpfer mehr gibt. Auch die PYD soll aus diesem Gebiet vertrieben werden. Die kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG), der militärische Arm der PYD, hatten in den vergangenen Tagen mehrmals erklärt, nicht direkt an den Kämpfen gegen die türkischen Truppen beteiligt gewesen zu sein. Die Türkei wirft der Kurdenmiliz dagegen vor, türkische Panzer angegriffen zu haben.

Ob das geplante Spitzengespräch von Erdogan und Obama am Sonntag in Shanghai eine Lösung bringen kann, ist ungewiss. Erst in der vergangenen Woche hatte US-Vizepräsident Joe Biden in Ankara Gespräche geführt, ohne dass die Differenzen zwischen beiden Ländern ausgeräumt worden wären. Während für Ankara das Vorgehen gegen die kurdische Selbstverwaltung in Nord-Syrien Vorrang hat, dringen die USA vor allem auf eine Bekämpfung des IS und auf einen Großangriff auf die IS-„Hauptstadt“ Rakka.

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