Streit mit den USA eskaliert: Türkei fordert Ende des Visastopps
Jetzt eskaliert auch der Streit zwischen der Türkei und den USA: Ankara fordert Washington auf, den Visavergabestopp wieder aufzuheben.
Zusätzlich zum Dauerstreit mit Deutschland eskaliert jetzt auch eine Krise zwischen Ankara und Washington. Die beiden Länder haben die Visavergabe an Bürger des jeweils anderen Staates gestoppt. Wie bei den Differenzen mit der Bundesrepublik gibt es im türkischen Zoff mit den USA keine Aussicht auf eine rasche Einigung.
Noch vor wenigen Wochen hatten regierungsnahe türkische Zeitungen das Treffen der Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und Donald Trump am Rande der UN-Vollversammlung in New York bejubelt. Doch trotz der freundschaftlichen Begegnung blieben die wichtigsten Streitpunkte bestehen. Washington unterstützt in Syrien die Kämpfer der kurdischen Partei PYD, die von der Türkei als Unterorganisation der Terrorgruppe PKK angesehen wird. Zudem beklagt die Türkei, dass die USA den in Pennsylvania lebenden Geistlichen Fethullah Gülen, als Organisator des Putschversuchs gegen Erdogan im vergangenen Jahr gilt, nicht ausliefern wollen.
Die neuen Spannungen begannen mit der Entscheidung der Istanbuler Staatsanwaltschaft vergangene Woche, einen türkischen Mitarbeiter des US-Konsulats wegen Kontakten zu Gülen-Anhängern festnehmen zu lassen. Als Reaktion darauf setzten die USA die Vergabe von Besuchsvisa an Türken aus. Kurz darauf veröffentlichte die türkische Botschaft in Washington eine fast wortgleiche Erklärung, in der die Einstellung der Visavergabe an Amerikaner verkündet wurde.
Inzwischen sollen Ehefrau und Sohn des festgenommenen Konsulatsangestellten ebenfalls zum Verhör einbestellt worden sein. Türkische Medien berichteten am Montag zudem von der Fahndung nach einem weiteren Mitarbeiter, der sich im Istanbuler US-Konsulat in Sicherheit gebracht habe; schon im März war ein Mitarbeiter des US-Konsulats im südtürkischen Adana in Haft genommen worden.
Die Differenzen dürften nicht so bald beigelegt werden
Das türkische Außenamt bestellte den Geschäftsträger der US-Botschaft in Ankara ein und rief Washington auf, die Visa-Entscheidung zurückzunehmen. Beobachter rechnen jedoch nicht damit, dass die Differenzen rasch beigelegt werden können. Der Streit dürfte darüber hinaus das Vertrauen internationaler Investoren in die Türkei weiter erschüttern. Die Geldmärkte reagierten jedenfalls sofort und schickten die türkische Lira auf Talfahrt.
Auch die neue, mit Russland abgesprochene Intervention der türkischen Armee im Norden Syriens belastet die Beziehungen zwischen Ankara und Washington. Offiziell lautet das Ziel der Operation, die an die Türkei grenzende syrische Provinz Idlib zu befrieden und die Islamisten-Miliz HTC – die frühere Nusra-Front von Al Kaida – aus der Gegend zu vertreiben.
Doch Erdogan macht keinen Hehl daraus, dass es in Idlib auch darum geht, eine Ausweitung des Herrschaftsgebietes der PYD zu verhindern. Die Türkei werde „kein neues Kobani“ zulassen, sagte Erdogan. In der nordsyrischen Stadt Kobani hatten kurdische Milizionäre vor zwei Jahren mit Hilfe der USA einen Angriff des Islamischen Staates (IS) abgewehrt und sich an der Grenze festgesetzt.
Bereits im vergangenen Sommer hatte Erdogan seine Soldaten nach Syrien geschickt, um dort den Vormarsch der PYD zu stoppen. Ankara ist überzeugt, dass die Kurden-Miliz mit westlicher Unterstützung einen kurdischen Gebietsgürtel entlang der türkischen Südgrenze besetzen will. Die Türkei werde diesen „Terror-Korridor“ verhindern, erklärte Erdogan. Einige seiner Anhänger verlangen als Reaktion auf den Visa-Stopp der USA bereits, die Türkei solle die für den Kampf gegen den IS genutzte Luftwaffenbasis Incirlik für amerikanische Kampfflugzeuge sperren.