Was macht die Welt?: Trumps Handschlag und Erdogans Mittelfinger
Streitfreudige Machos, Drückeberger und Randale – was beim G-20-Gipfel alles passiert ist.
Trump und Putins erster Handschlag: Wer konnte ihn für sich entscheiden?
Wie gut können Machos einander die Fingerchen zerquetschen? Die beiden sind wie zwei Hirsche bei der Brunft: immer feste druff, keinen Schritt zurück. Trump war schon mal sauer, weil Putin ihm die Show stehlen wollte, indem er sich als Prophet des Freihandels und Klimaschutzes spreizte. Zuvor hatte er im UN-Sicherheitsrat die Verurteilung des nordkoreanischen Raketentests vereitelt. Very bad. Dafür hatte Trump gegenüber Warschau den Nato-Beistand bekräftigt, ein Schlag gegen Putin. Der Waffenstillstand in Süd-Syrien ist höchstens Zuckerguss, so haltbar wie die früheren Deals.
Neue deutsche Freunde: Ist China das neue Amerika?
Irgendwann mausern sich Aufsteiger vom krassen Egoisten, der nur den eigenen Vorteil will, in einen Player, der die Macht sucht, indem er anbietet, die Interessen der anderen zu bedienen. Plötzlich feiert der größte Umweltsünder China den Umweltschutz, predigt der Ausbeuter des Handelssystems die Liberalisierung. Doch erst einmal den Rivalen USA deklassieren. Warum auch nicht, wenn Trump unbedingt „America small again“ machen will? Wenn Merkel anfängt, Mandarin zu lernen, wird es ernst für Trump, der schon die englische Orthografie nicht beherrscht.
Hamburg wollte mit dem G 20 ganz nach oben – und ist im Straßenkrieg versunken. Was lehrt das Fiasko?
Solche Gipfel fortan nur noch per Skype oder auf einem Kreuzfahrtschiff zu organisieren. In Städten genießt der heimische Terror den gleichen strategischen Vorteil wie Hamas, IS und Hisbollah. Wie diese hinter Zivilisten, verstecken sich die Vermummten unter friedlichen Demonstranten. Im Dilemma zwischen Abwehr und Verfassung gerät der liberale Staat stets ins Hintertreffen. Wie es China mit dem G 20 in Hangzhou gemacht hat, geht nicht. Die Bevölkerung wurde in den Zwangsurlaub geschickt, Menschenrechtler wurden festgesetzt. Die Stadt war menschenleer.
Ein sicher nicht letztes Wort zu Erdogan...
Draußen die Gewaltorgie des Schwarzen Blocks, drinnen die Rüpeleien der Staatsmänner: Erdogan hat Merkel desavouiert, indem er das Konzert in der Elphi ausließ. Beethovens Neunte war ihm wohl zu westlich; vielleicht hätte er Rimsky-Korsakovs „Scheherazade“ goutiert, ein orientalisches Motiv. Putin kam spät, wollte einen Afrikaner von seinem Sitz vertreiben; dann machte er am Rand der ersten Reihe ein Schläfchen. Mit Trump zog er sich zurück, als die G 18 übers Klima redeten. Das ist der diplomatische Comment des ausgestreckten Mittelfingers.
Josef Joffe ist Herausgeber der Zeit. Die Fragen stellte Anna Sauerbrey