Coronavirus in den USA: Trump verkündet den nationalen Notstand im Rosengarten
Viel Kritik hat sich der US-Präsident in der Corona-Krise anhören müssen. Jetzt versucht Donald Trump den Befreiungsschlag.
Der US-Präsident kommt nicht alleine. 18 Begleiter hat Donald Trump an diesem Freitagnachmittag mitgebracht, die sich links und rechts von ihm aufstellen. Experten, Vertreter der Wirtschaft und natürlich seinen Vizepräsidenten Mike Pence. Der Präsident tritt an sein Pult, wo ausnahmsweise mal kein Teleprompter angebracht ist. Er wird seine Rede ablesen, meistens zumindest.
"Ein schöner Tag heute im Rosengarten", begrüßt der Präsident die große Anzahl von Journalisten vor ihm, die es rechtzeitig hierher geschafft haben. Und die Kulisse für seinen historischen Auftritt – zwei große rosafarbene Magnolienbäume blühen in voller Pracht vor dem Weißen Haus, die Sonne scheint, es sind 23 Grad hier in Washington – will so gar nicht zu dem passen, was Trump gleich ankündigen wird.
Er will Handlungsfähigkeit beweisen
Der amerikanische Präsident ruft den nationalen Notstand aus, ein dramatischer Schritt, der nun endlich belegen soll, dass die Regierung die Dimension des Problems verstanden hat. Mit diesem Schritt reagiert Trump auf die sich rasant ausbreitende Coronavirus-Krise, die trotz seiner tagelangen Beschwichtigungen, dass man das Problem im Griff habe, auch in den USA zunehmend panische Reaktionen auslöst. Der Kursverfall an der Wall Street gibt den Takt vor.
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Die Entscheidung ermöglicht es dem Präsidenten, zusätzliche Haushaltsmittel in Höhe von bis zu 50 Milliarden Dollar zur Bekämpfung des Virus und seiner Folgen einzusetzen. Trump kündigt außerdem an, dass alle Bundesstaaten aufgefordert seien, Notfallzentren für den Kampf gegen das Coronavirus einzurichten. Krankenhäuser würden angewiesen, ihre Notfallpläne in Kraft treten zu lassen.
Zusammen mit privaten Unternehmen werde die Produktion von Corona-Tests beschleunigt, sagt Trump weiter, damit mehr Amerikaner sich testen lassen könnten. Konkret spricht er von fünf Millionen Tests, die aber wahrscheinlich gar nicht gebraucht würden. Denn es sollten sich ja auch nur jene Menschen testen lassen, bei denen es wirklich nötig sei.
Mehr als 1200 Menschen in den USA sind am Coronavirus erkrankt
Trump und seine Regierung mussten sich in den vergangenen Tagen viel Kritik anhören, dass in den USA im Vergleich zu anderen Staaten kaum Tests durchgeführt würden. Am Donnerstag hieß es, es seien bisher überhaupt nur 13.000 Menschen getestet worden. In den USA sind laut der Weltgesundheitsorganisation Stand Freitag 1264 Menschen an dem Coronavirus erkrankt und 36 Personen daran gestorben. Aber die eigentliche Zahl der Infizierten dürfte viel höher liegen – und erst annähernd deutlich werden, wenn flächendeckend getestet wird.
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Auch der Präsident selbst, der bereits mehrfach mit infizierten Personen in Kontakt gekommen ist, muss sich immer wieder die Frage anhören, warum um Himmels willen er sich denn nicht testen lasse. Auch am Freitag sagt er erst, das sei nicht notwendig, denn er habe "überhaupt keine Symptome". Und schüttelt weiter eine Hand nach der anderen, bis ihm der Chef des Pflegekonzerns LHC Group, Bruce Greenstein, zeigt, wie das mit dem Ellenbogengruß geht. Erst beim nochmaligen Nachhaken gibt Trump nach und sagt: Er lasse sich "wahrscheinlich" testen, "sehr bald".
Trump war am vergangenen Wochenende bei einem Treffen mit Brasiliens Staatschef Jair Bolsonaro mit dessen Kommunikationschef in Kontakt gekommen, bei dem später das Virus nachgewiesen wurde. Ein von dem Mitarbeiter im Internet veröffentlichtes Foto zeigt ihn neben Trump und US-Vizepräsident Pence. Er kenne den Mann aber gar nicht, sagt Trump am Freitag, von ihm würden dauernd Fotos gemacht. "Das dauert nur Sekunden."
Die Mienen der Experten neben dem Präsidenten sind so, dass man gerne Gedanken lesen könnte. Eigentlich empfehlen die Gesundheitsbehörden, Körperkontakt so weit wie möglich zu vermeiden, um eine Ansteckung zu verhindern.
Trump droht auch Großbritannien mit einem Einreiseverbot
Der Präsident hat aber auch noch andere Botschaften mitgebracht. So sagt er, das vor zwei Tagen verhängte Einreiseverbot für europäische Staaten bleibe erst einmal in Kraft. Und er droht damit, dieses auch auf Großbritannien auszuweiten. Denn: Die Infektionszahlen in Großbritannien seien in den vergangenen 24 Stunden stark angestiegen.
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Den Einreisestopp hat der Präsident ohne Absprache mit der EU für 30 Tage ab diesem Freitag um Mitternacht verhängt. Er gilt für Nicht-US-Bürger, die sich in den vergangenen zwei Wochen in einem Schengen-Staat aufgehalten haben. Die EU kritisierte diesen Schritt scharf – und die Aktienmärkte reagierten erneut mit einem Kursrutsch.
Am Freitag stiegen die Kurse aber wieder – und das bereits zu dem Zeitpunkt, als der Präsident seine Pressekonferenz überhaupt erst ankündigte. Die Erwartungen, dass die Trump-Regierung endlich entschieden Schritte ergreift, sind enorm. Und vor allem, dass endlich klare Ansagen gemacht werden.
Klare Ansagen sind allerdings nicht immer Trumps Stärke, besonders nicht, wenn es darum geht zu sagen, was genau da droht.
Die kommenden acht Wochen seien entscheidend, sagt Trump am Freitag. Um dann vage hinzuzufügen: "Es könnte schlimmer werden. Durch Talent oder Glück, nennen Sie es, wie Sie wollen, aber durch ein sehr kollektives Vorgehen und gemeinsame Opfer, nationale Entschlossenheit, werden wir die Bedrohung des Virus überwinden."