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US-Präsident Donald Trump
© MANDEL NGAN / AFP

Ausschreitungen in den USA: „Trump ist genau der falsche Anführer für diese Zeiten“

Die Wut nach dem Tod von George Floyd ebbt in den USA nicht ab. Ein Grund dafür ist Trump, der den „menschlichen Flammenwerfer“ gibt, heißt es in US-Kommentaren.

Der Tod des Afroamerikaners George Floyd in Minneapolis und die darauf folgenden tagelangen Ausschreitungen in zahlreichen US-Städten ist auch Thema in in Kommentaren von internationalen Medien. Viele konzentrieren sich auf die Rolle von US-Präsident Donald Trump. Der Tenor: Gerade jetzt bräuchte es versöhnliche Worte vom Weißen Haus - doch die werden nicht kommen.

„New York Times“ (USA): „Von Anfang an haben Polizisten viele perverse Botschaften von Trump bekommen, die sie zu zu ihrer dunklen Seite ermutigten. (...) In einem seiner aufschlussreichsten Tweets seit Beginn der Unruhen prahlte Trump über die Fähigkeiten seines Secret Service: Er könne „die bösartigsten Hunde und bedrohlichsten Waffen“ in der Menge außerhalb des Weißen Hauses schicken, wenn die Lage eskaliere. (...) 

Er ist wie Walter E. Headley, Miamis ehemaliger Polizeichef, der 1967 sagte: „Wenn die Plünderungen beginnen, beginnen die Schüsse.“ Dieser Satz tauchte auch am Freitag in einem Trump-Tweet wieder auf.

Und das ist entscheidend: Trump, der politischen Erfolg hatte, indem er die Herkunft des ersten afroamerikanischen Präsidenten in Zweifel zog, lebt von der Rassenspaltung. Wir gegen Sie. Seine Komfortzone ist der Konflikt – der ist perfekt, um seine Basis anzuheizen.“

„Trump gibt den menschlichen Flammenwerfer“

„Washington Post“ (USA): „Während und Geschäfte in vielen Städten in ganz Amerika brennen, müssen Politiker in den Städten und Bundesstaaten einen Spagat meistern: Sie ermöglichen die berechtigte moralische Empörung friedlicher Demonstranten und müssen gleichzeitig verhindern, dass Plünderer und Hooligans, deren einzige Agenda Chaos ist, dieses Anliegen irreparabel beschmutzen. 

Derweil gibt Präsident Trump, dessen Worte entscheidend sein könnten, seine übliche Rolle als menschlicher Flammenwerfer. Er ist genau der falsche Anführer für diese Zeiten. Es gibt kein magisches Elixier, das die Wut über Nacht verschwinden ließe oder das die Empörung George Floyds brutale Ermordung in Minneapolis in eine konstruktive Richtung lenken würde. Sicher ist aber: Worte sind wichtig, und ein Bekenntnis zu Veränderungen ist wichtig. (...)

Die richtige Botschaft wäre es, zu versichern, dass Gerechtigkeit geschaffen wird nach Floyds Tod, und dass schnell tiefgehende Fehler korrigiert werden. Diese Botschaft wird nicht von einem Weißen Haus kommen, das mit Rassenhass die Gesellschaft spaltet und wiederholt seine Verachtung für das städtische Amerika deutlich gemacht hat.“

„Übergriffe gegen Schwarze müssen bestraft werden“

„El País“ (Spanien): „Die Protestwelle und die Unruhen, die die USA seit vielen Nächten heimsuchen, nachdem George Floyd unter dem Knie eines Polizisten in Minneapolis langsam erstickt ist, erfordern eine Antwort von (US-Präsident) Donald Trump. (...) Bisher hat Trump aber nichts anderes getan, als seine altbekannte Strategie zu verfolgen und einen Feind zu suchen, um sich schnell aus allen Problemen herauszureden (...) 

Covid-19 hat wieder einmal die heikle Situation einer Minderheit gezeigt, die zwölf Prozent der US-Bevölkerung ausmacht, den proportional größten Anteil an Infizierten hat und die die ethnische Gruppe ist, die am wenigsten verdient und am stärksten von einer Jobzerstörung getroffen wird, wie man sie seit 1929 nicht gesehen hatte. 

In diesem Kontext waren die Bilder des Polizeibeamten Derek Chauvin, der die Hände in den Taschen hat, während Floyd den Erstickungstod stirbt, der Funke, der den Aufstand ausgelöst hat. Es ist dringend nötig, dass die Ordnung wiederhergestellt wird und dass die Übergriffe gegen Schwarze unterbunden und bestraft werden.“

„Und Trumps jüngste Interventionen waren aufwieglerisch“

„Financial Times“ (Großbritannien): „Donald Trump ist nicht schuld an den Straßenunruhen oder an den Ereignissen, die dazu geführt haben. Die amerikanische Politik war schon vor schon vor seiner Zeit leicht entflammbar. Die Probleme, um die es hier geht - Rasse und das Verhalten der Polizei - werden ihn überdauern. 

Jedoch beeinflusst ein Präsident die nationale Stimmungslage mit seiner Rhetorik viel stärker als andere. Das gilt erst recht in angespannten Situationen. Und Trumps jüngste Interventionen waren aufwieglerisch. (...) Niemand in der Welt verfügt über ein Podium, das an jenes des US-Präsidenten heranreicht. Wenn er es missbraucht, müssen einfache Amerikaner mit den Folgen fertig werden.“

„Ein langer, schwieriger Sommer hat gerade erst begonnen“

„Times“ (Großbritannien): „Der demokratische Präsidentschaftsanwärter Joe Biden ist zwar traditionell populär bei schwarzen Wählern, aber während der Corona-Krise fiel es ihm schwer, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Am Samstag sagte er, es sei zwar richtig gegen Polizeibrutalität zu protestieren, aber falsch, Nachbarschaften niederzubrennen und sinnlose Zerstörungen anzurichten.

Er will einerseits anerkennen, dass die Beschwerden vieler Demonstranten aufrichtig sind. Aber Biden wird sich auch davor hüten, mit gewalttätigen Ausschreitungen in Verbindung gebracht zu werden, was seiner Kandidatur bei Trumps eher moderaten Unterstützern schaden könnte. 

Doch ein langer, schwieriger Sommer hat gerade erst begonnen und letzten Endes ist es der Präsident, der die richtigen Worte finden muss, um die Gemüter zu beruhigen. Das aber müsste er zunächst mal auch wollen.“

„Die Krise scheint in Trump nur das Schlechteste hervorzubringen“

„Neue Zürcher Zeitung“ (Schweiz): „Bei der Corona-Epidemie reagierte er zu spät, weil er der Wirtschaft nicht schaden wollte. Und in Minneapolis goß er Öl ins Feuer, indem er mit dem Einsatz von Schusswaffen drohte. In einer solchen Situation hätten die USA eine Integrationsfigur nötig, die das Land beruhigt, eint und gemeinsam mit anderen politischen Akteuren voranbringt. 

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Die Krise scheint bei Trump aber nur das Schlechteste hervorzubringen. Er tut, was er am besten kann: das Land polarisieren, die Menschen gegeneinander aufhetzen und sich neuerdings darüber aufregen, dass Twitter nicht mehr alle seine Lügen und Diffamierungen kommentarlos verbreitet.

Bei den letzten Präsidentschaftswahlen hatte ihm diese Politik genützt. Er denunzierte die Mexikaner und stachelte die Wut derjenigen an, die sich von der politischen Elite benachteiligt fühlten. Hoffentlich geht die Strategie diesmal nicht auf.“ (Tsp, dpa)

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