Reaktionen auf US-Angriff auf Soleimani: „Trump hat eine Dynamitstange in ein Pulverfass gesteckt“
US-Militärs töten den ranghohen iranischen General Soleimani. Der Befehl dazu kam von Trump. Parteifreunde nennen das „kühn“, andere fürchten einen Krieg.
US-Militärs haben mit einem Raketenangriff am Flughafen der irakischen Hauptstadt Bagdad den iranischen Top-General Kassem Soleimani getötet. Die Anweisung zum Angriff kam von US-Präsident Donald Trump.
Das US-Verteidigungsministerium Pentagon teilte mit, es habe sich um eine „defensive“ Maßnahme zum Schutz von US-Diplomaten und Soldaten im Ausland gehandelt. Soleimani habe „aktiv“ Pläne für Angriffe auf US-Personal vorangetrieben. Außerdem seien er und seine Brigaden für den Tod hunderter Soldaten der US-Armee und verbündeter Staaten verantwortlich.
Irans oberster Führer drohte den USA „schwere Rache“ an. „Soleimanis Weg wird auch ohne ihn weitergeführt, aber die Kriminellen erwartet eine schwere Rache“, schrieb Ajatollah Ali Chamenei am Freitag in einem Beileidsschreiben, das im iranischen Staatsfernsehen zitiert wurde.
Der iranische Außenminister Mohammad Dschawad Sarif verurteilte den tödlichen US-Raketenangriff als „extrem gefährlich“ und als „dumme Eskalation“. Sarif bezeichnete die Tötung des Generals bei Twitter auch als „Akt des internationalen Terrorismus“.
Weitere Reaktionen auf die Attacke der USA
Der US-Kongress war nach Angaben eines demokratischen Abgeordneten nicht vorab über den tödlichen Angriff informiert worden. Der Angriff sei „ohne Hinweis oder Beratung mit dem Kongress" erfolgt, teilte der Vorsitzende des Außenausschusses im Repräsentantenhaus, Eliot Engel, mit.
Soleimani sei für „unermessliche Gewalt“ verantwortlich gewesen und habe „Blut von Amerikanern an seinen Händen“ gehabt, erklärte Engel. Aber eine Militäraktion dieser Schwere voranzutreiben, ohne den Kongress einzubinden, werfe „ernsthafte rechtliche Probleme“ auf. Dies sei ein Affront gegen die Machtbefugnisse des Kongresses.
Unterstützung für Trumps Entscheidung kam vom einflussreichen republikanischen US-Senator Lindsey Graham. Soleimani habe „amerikanisches Blut an seinen Händen“ gehabt, schrieb Graham in einer ganzen Reihe von Tweets. Der Präsident habe „kühn“ gehandelt. „Danke, Herr Präsident, dass Sie so für Amerika eingetreten sind“, schrieb Graham.
Der republikanische Senator Marco Rubio rechtfertigte die Tötung Soleimanis als Selbstverteidigung. Der Iran und seine Stellvertreter seien von den USA gewarnt worden, schrieb Rubio auf Twitter. Sie hätten diese Warnungen jedoch ignoriert, weil sie geglaubt hätten, Trump sei wegen innenpolitischer Streitereien nicht handlungsfähig. „Sie haben sich schwer verkalkuliert“, twitterte Rubio weiter. Der Präsident benötige keine Zustimmung des US-Kongresses, um auf Angriffe gegen die US-Streitkräfte zu reagieren oder solche zu verhindern.
Angst vor einem weiteren Krieg im Nahen Osten
Von den US-Demokraten kam dagegen umgehend scharfe Kritik. „Präsident Trump hat gerade eine Dynamitstange in ein Pulverfass gesteckt“, schrieb der frühere Vizepräsident und Präsidentschaftsbewerber Joe Biden bei Twitter. „Wir könnten vor einem großflächigen Konflikt im Nahen Osten stehen.“
Auch Präsidentschaftsbewerber Bernie Sanders warnte: „Trumps gefährliche Eskalation bringt uns einem weiteren verheerenden Krieg im Nahen Osten näher.“
Elizabeth Warren, die sich ebenfalls um eine Präsidentschaftskandidatur der Demokraten bewirbt, twitterte in ähnlichem Tenor. „Soleimani war ein Mörder“, schrieb sie. Aber der „leichtsinnige Schritt“ eskaliere die Situation mit dem Iran. „Unsere Priorität muss sein, einen weiteren teuren Krieg zu vermeiden“, schrieb Warren.
Demokraten zweifeln an Rechtmäßigkeit des Angriffs
Der demokratische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im US-Repräsentantenhaus warnte ebenfalls vor einer Eskalation des Konflikts. Soleimani, sei zwar für „unvorstellbare Gewalt“ verantwortlich gewesen, und die Welt sei ohne ihn besser dran, schrieb Adam Schiff auf Twitter. Aber der US-Kongress habe den Raketenangriff in Bagdad nicht autorisiert, „und die Menschen in Amerika wollen keinen Krieg mit dem Iran“, schrieb Schiff weiter. Die US-Truppen müssten nun gegen „die nahezu unvermeidliche Eskalation“ geschützt werden.
Auch die demokratische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, stellte die Rechtmäßigkeit des US-Raketenangriffs infrage. Der Angriff sei „ohne Absprache mit dem Kongress“ erfolgt, schrieb Pelosi in einer Stellungnahme, die in der Nacht zum Freitag von US-Medien verbreitet wurde. „Die höchste Priorität der US-Führung ist, das Leben von Amerikanern und deren Interessen zu schützen“, erklärte die Demokratin demnach.
Das Leben von US-Einsatzkräften und Diplomaten dürfe nicht weiter durch „provokative und unverhältnismäßige“ Handlungen gefährdet werden, warnte die Frontfrau der Demokraten. Der Luftangriff könne zu einer weiteren „gefährlichen Eskalation der Gewalt“ führen.
Der demokratische US-Senator Chris Murphy warf in einem Tweet die Frage auf: „Hat Amerika (...) gerade ohne Zustimmung des Kongresses die zweitmächtigste Person im Iran ermordet und wissentlich einen potenziell massiven regionalen Krieg ausgelöst?“
Auch Analysten zeigten sich fassungslos angesichts des Angriffs. „Ein Präsident, der versprochen hat, die Vereinigten Staaten nicht in einen neuen Krieg im Nahen Osten zu führen, hat faktisch gerade eine Kriegserklärung abgegeben“, sagte der Chef des Think Tanks International Crisis Group, Robert Malley. Soleimanis Tod sei nicht nur ein schwerer Schlag für den Iran, sondern auch ein schwerer Schlag für jede Hoffnung auf eine Deeskalation in der Region. (mit Agenturen)