Konflikt um Atomabkommen: Trump fordert iranische Führung zu Gesprächen auf
Im Konflikt um den Atomdeal mit dem Iran sieht der US-Präsident nun Teheran am Zug. Eine militärische Konfrontation schließt er nicht aus.
Nach dem iranischen Ultimatum zum Atomabkommen hat US-Präsident Donald Trump die Führung in Teheran zu Gesprächen aufgefordert. „Was sie tun sollten ist, mich anzurufen, sich hinzusetzen“, sagte Trump am Donnerstag vor Reportern im Weißen Haus. „Wir können einen Deal machen, einen fairen Deal. Wir wollen nur nicht, dass sie Atomwaffen haben.“ Auf die Frage, ob er eine militärische Konfrontation riskieren würde, sagte Trump: „Ich möchte nicht nein sagen. Aber hoffentlich wird das nicht geschehen.“
Trumps Sicherheitsberater John Bolton hatte am Sonntag angekündigt, dass die USA als militärische Warnung an den Iran den Flugzeugträger „USS Abraham Lincoln“ und eine Bomberstaffel in Richtung Iran verlegen. Trump begründete das am Donnerstag mit Drohungen, zu denen er aber keine näheren Angaben machen wollte. „Wir haben Informationen, über die Sie nichts wissen wollen“, sagte er.
Trump sagte, die iranische Wirtschaft sei im „Chaos“, seit er den Atomdeal vor einem Jahr einseitig aufgekündigt habe. Mit Blick auf die Führung in Teheran sagte er: „Sie sollten anrufen, und wenn sie das tun, sind wir offen dafür, mit ihnen zu sprechen.“ Der Iran habe erhebliches wirtschaftliches Potenzial. „Wir würden ihnen helfen, wieder in großartige Form zu kommen.“
Trump fügte hinzu: „Wir haben es nicht darauf abgesehen, dem Iran wehzutun. Wir wollen, dass sie stark sind und eine großartige Wirtschaft haben.“ Der US-Präsident hatte sich zu möglichen Gesprächen mit dem Iran in der Vergangenheit bereits ähnlich geäußert, zugleich den Druck auf Teheran aber stetig erhöht. Trump wiederholte am Donnerstag Vorwürfe an die Adresse von John Kerry, der unter seinem Vorgänger Barack Obama Außenminister war und den Atomdeal mitverhandelt hatte. Der Präsident beschuldigte Kerry, mit der iranischen Führung in Kontakt zu stehen.
Zuvor hatten Deutschland, Frankreich und Großbritannien das iranische Ultimatum zum Atomabkommen gemeinsam mit der EU als nicht akzeptabel zurückgewiesen. Der Iran hatte gedroht, nach Ablauf einer 60-Tages-Frist den Ausstieg aus dem Abkommen einzuleiten. „Wir fordern den Iran nachdrücklich auf, weiterhin vollständig seinen Verpflichtungen (...) nachzukommen und von Eskalationsschritten Abstand zu nehmen“, heißt es in einer am Donnerstag von den Außenministern und der EU-Außenbeauftragten veröffentlichten Erklärung. Die europäische Seite sei entschlossen, den legitimen Handel mit dem Iran aufrechtzuerhalten, um das Abkommen zu erhalten. Jegliche Ultimaten weise man aber zurück.
Der Iran kritisierte die Reaktion der EU-Staaten scharf. „Anstatt vom Iran zu erwarten, sich einseitig an ein internationales Abkommen zu halten, sollte die EU selbst ihren Verpflichtungen aus dem Abkommen nachkommen“, schrieb Außenminister Mohamed Dschawad Sarif am Donnerstag auf Twitter. Die USA hätten die EU mit ihrem Ausstieg aus dem Abkommen ein Jahr lang tyrannisiert, aber die EU habe nichts anderes unternommen, als ihr Bedauern auszudrücken. Diese Haltung der EU zeige, warum die Vereinbarung kurz vor dem Ende stehe.
Gesprächsbereitschaft der deutschen Regierung
Bundeskanzlerin Angela Merkel appellierte an die Regierung in Teheran, auch die eigenen Chancen des Abkommens zu sehen, und betonte die Gesprächsbereitschaft der deutschen Regierung. „Unsere Hand bleibt an dieser Stelle jedenfalls ausgestreckt. Wir wollen weiter auf die diplomatische Lösung setzen“, sagte sie am Rande des EU-Gipfels im rumänischen Sibiu.
Die Ankündigungen aus Teheran überschatteten auch den EU-Gipfel in Sibiu. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron rief zu einem geschlossenen Einsatz für den Erhalt des Atomabkommens mit dem Iran auf. Der Atomdeal sei zwar nicht ausreichend und sollte um Absprachen für die Zeit nach 2025 sowie zum ballistischen Raketenprogramm und zu den regionalen Aktivitäten des Irans ergänzt werden, sagte Macron. Frankreich wolle aber dennoch an dem derzeitigen Abkommen zur Verhinderung einer iranischen Atomwaffe festhalten.
Der CSU-Politiker und Europawahl-Spitzenkandidat Manfred Weber bezeichnete die jüngsten Äußerungen aus dem Iran als „nicht hilfreich, um die Spannungen in der Region zu senken“. Er sagte: „Ich denke, die Europäische Union muss wieder Gespräche mit unseren iranischen Freunden beginnen, denn wir wollen keinerlei Eskalation sehen.“
Russland verurteilt Sanktionen
Russland forderte die USA hingegen erneut auf, jegliche Maßnahmen zu unterlassen, die die Zusammenarbeit anderer Staaten mit dem Iran in finanzieller, wirtschaftlicher, politischer und anderer Hinsicht behindern. „Wir verurteilen diesen Schritt nachdrücklich“, kommentierte das russische Außenministerium die neuen Sanktionen.
Die USA waren vor einem Jahr einseitig aus dem Atomabkommen ausgestiegen, weil sie den Iran für einen Unruhestifter und Unterstützer von Terrorismus in der Region halten. Die Europäer sehen die Rolle des Irans in der Region ebenfalls sehr kritisch. Sie wollen allerdings das Atomabkommen mit dem Land erhalten und verweisen darauf, dass der Iran bislang alle schriftlich eingegangenen Verpflichtungen einhält.
Das internationale Wiener Atomabkommen war im Juli 2015 geschlossen worden. Es sollte dem Iran mit strengen internationalen Kontrollen unmöglich machen, Atomwaffen zu entwickeln. Im Gegenzug stellten die Vertragspartner, vor allem die USA, einen Abbau von Sanktionen und eine Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen in Aussicht. (dpa)