Flugsicherheit im Schengen-Raum: Thomas de Maizière will zurück zu Ausweiskontrollen
Innenminister Thomas de Maizière lässt nach dem Germanwings-Unglück eine Verschärfung der Identitätskontrollen im Schengen-Raum prüfen. Die Grünen werfen ihm Aktionismus vor.
Als Konsequenz aus der Flugzeugkatastrophe in Frankreich will Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) prüfen, ob im innereuropäischen Flugverkehr wieder Ausweiskontrollen eingeführt werden sollen. Bisher genügt innerhalb des so genannten Schengen-Raums die Bordkarte zum Besteigen eines Flugzeugs. Die Identität des Passagiers wird in der Regel nicht mehr geprüft. Nach dem Absturz der Germanwings-Maschine habe man bei den Passagieren und Besatzungsmitgliedern überprüft, ob sie den Behörden als so genannte Gefährder bekannt gewesen seien, sagte de Maizière r der “Bild“-Zeitung. “Wir mussten aber feststellen, dass zunächst gar nicht klar war, wer überhaupt in dem Flugzeug saß.“ Grund sei der Wegfall der Grenzkontrollen nach dem Schengener Abkommen, das den ausweisfreien Verkehr zwischen den Unterzeichnerstaaten vorsieht. Kontrollen gib es seither nur noch ausnahmsweise. “Wenn ein Passagier sein Ticket an jemand anderen abtritt, wird nur der Name des ersten Passagiers erfasst. Das ist ein riesiges Sicherheitsproblem, und wir müssen ernsthaft überlegen, ob das in Zukunft wirklich noch so bleiben kann“, sagte der Innenminister. Die Namen von Besatzungsmitgliedern und Passagieren wurden de Maiziere zufolge nach dem Absturz überprüft, weil die Behörden “wissen wollten, ob es sich um einen Terroranschlag handelt“. Zum Schengen-Raum gehören die meisten EU-Staaten. Beim Absturz des Airbus A320 der Germanwings in den französischen Alpen kamen in der vergangenen Woche 150 Menschen ums Leben. Den Ermittlungen zufolge sperrte der Co-Pilot den Flugkapitän aus dem Cockpit aus und führte die Katastrophe bewusst herbei.
Grüne: Nicht durchdacht
Die Grünen halten den Vorstoß des Ministers für aktionistisch. Bundestags-Fraktionsvize Konstantin von Notz sagte dem Tagesspiegel, ihm komme das Vorgehen de Maizières "extrem unausgegoren" vor. Der Zusammenhang mit dem Flugzeugunglück leuchtet dem Grünen-Innenpolitiker nicht ein. Die Grüne würden sich der Debatte um Ausweiskontrollen zwar nicht verschließen, denn sie seien aus Sicherheitsgründen durchaus denkbar und auch "grundrechteschonend“. Aber der aktuelle Vorstoß des Ministers sei "nicht durchdacht", schließlich könne Deutschland hier nicht alleine handeln, sondern müsse ein solches Vorgehen mit allen Schengen-Partnern abstimmen. "Die Grünen wollen die Freizügigkeit in Europa erhalten und nicht die Schlagbäume wieder einführen", betonte von Notz. Im Zusammenhang mit de Maizières Plänen für eine anlasslose Fluggastkontrolle sieht er den Versuch, diese Freizügigkeit einzuschränken. Zudem mute es befremdend an, dass bei der Bundespolizei, die für solche Kontrollen zuständig sei, gleichzeitig gekürzt werde.
Auch SPD-Politiker ist skeptisch
Auch der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka zeigte sich skeptisch und warnte vor "Schnellschüssen". Es sei zwar ein Problem, wenn etwa durch die Weitergabe eines Flugtickets die Identität von Passagieren nicht bekannt sei, sagte Lischka im Deutschlandfunk. "Aber ob hier generelle Ausweiskontrollen für alle europäischen Flüge die richtige Antwort sind, das erscheint mir fraglich." Einerseits drohten "erheblich verlängerte Wartezeiten für Millionen Passagiere". Zudem arbeiteten die deutschen Sicherheitsbehörden bereits "am Limit" und könnten solche Kontrollen nicht leisten, sagte Lischka.
Die Linken kritisierten den Minister ebenfalls. Nach derzeitigen Informationen liege die Verantwortung für den Absturz bei dem Co-Piloten, sagte die Innenpolitikerin Ulla Jelpke. "Daraus eine generelle Ausweispflicht für Fluggäste im Schengenraum abzuleiten, entbehrt jeden Zusammenhangs." Die LInke hielt de Maizière vor, er wolle nur seine Forderung nach einem "gläsernen Fluggast" rechtfertigen.
Albert Funk