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Premierministerin Theresa May und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Mittwoch in Brüssel.
© AFP

Vor dem Brexit-Sondergipfel: Theresa May will bis Samstag weiterverhandeln

Die Grundsatzeinigung steht - und trotzdem machen es die EU und Großbritannien noch einmal spannend vor dem Brexit-Sondergipfel am Sonntag.

Im Wettlauf gegen die Zeit versucht die britische Premierministerin Theresa May, die letzten Knackpunkte im Brexit-Vertragspaket mit der Europäischen Union auszuräumen. Da ein Treffen mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker am Mittwochabend immer noch nicht den letzten Durchbruch brachte, kündigte die Regierungschefin weitere Gespräche in Brüssel für Samstag an - nur einen Tag vor einem geplanten Brexit-Sondergipfel, bei dem der gesamte Deal unter Dach und Fach gebracht werden soll.

May sagte am Mittwochabend: „Wir haben weitere Fortschritte gemacht.“ Juncker und sie hätten den Unterhändlern beider Seiten die Richtung vorgegeben, so dass diese nun die verbliebenen Probleme lösen könnten. „Diese Arbeit beginnt sofort“ sagte May. „Ich plane jetzt, für weitere Treffen - auch mit Präsident Juncker - am Samstag zurückzukehren, um zu diskutieren, wie wir diesen Prozess zum Abschluss bringen können, zu einem Abschluss im Interesse aller unserer Menschen.“

Auch ein Sprecher Junckers sprach nach dem Treffen von „sehr guten Fortschritten“, fügte aber hinzu: „Die Arbeit geht weiter.“

May hatte sich vorige Woche mit der EU auf den Entwurf eines Vertrags zum EU-Austritt im März 2019 geeinigt, der beim EU-Sondergipfel am Sonntag offiziell gebilligt werden soll. Verhandelt wird noch über eine „politische Erklärung“ zu den künftigen Beziehungen beider Seiten, die ebenfalls bis zum Gipfel stehen soll.

Eigentlich war schon für Dienstag ein Entwurf erwartet worden. Doch sagte Kommissions-Vizepräsident Valdis Dombrovskis Mittwochmittag: „Wir sind noch nicht am Ziel.“ Der Zeitplan könnten nun extrem werden. Ursprünglich sollte ein „finaler Text“ vor Freitag stehen, damit Regierungsvertreter der 27 EU-Staaten die Erklärung vor dem Gipfel noch einmal genau abklopfen könnten.

Merkel will alles vorher geklärt wissen

Bundeskanzlerin Angela Merkel will nach Angaben von Diplomaten Verhandlungen auf dem Gipfeltreffen vermeiden, sondern schon vorher alle Punkte geklärt wissen. Und eine genaue Prüfung benötige nun einmal Zeit, hieß es.

May steht wegen des Vertragsentwurfs im eigenen Land massiv unter Druck, so dass derzeit keine Mehrheit im Parlament in Sicht ist. Die Regierungschefin will deshalb in der politischen Erklärung möglichst weitreichende Zusicherungen zur künftigen Wirtschaftspartnerschaft, um den Austrittsvertrag zuhause politisch besser verkaufen zu können. Die EU will ihrerseits aber keine Hintertür zu ihrem Binnenmarkt öffnen.

Auf EU-Seite erhob zuletzt Spanien Einwände mit Blick auf künftige Regelungen zum britischen Überseegebiet Gibraltar und drohte mit einem Nein. Mehrere EU-Staaten forderten zudem Zusicherungen, unter anderem zum Zugang zu Fischgründen in britischen Gewässern. Unterhändler versuchten, die diversen Forderungen zu berücksichtigen, ohne den eigentlichen Austrittsvertrag noch einmal aufzuschnüren.

Bundeskanzlerin Angela Merkel stellte sich für Deutschland bereits hinter den Vertragsentwurf und äußerte die Hoffnung, dass der spanische Vorbehalt ausgeräumt werde. Im Bundestag bedauerte die CDU-Chefin erneut die Brexit-Entscheidung der Briten 2016 und erkannte Mays bedrängte Position an: „Wir wissen, wie schwierig die Diskussion in Großbritannien ist“, sagte Merkel.

May selbst warnte vor ihrer Abreise nach Brüssel im Parlament noch einmal vor dem Scheitern des Vertragswerks und warnte, dies könnte den Brexit womöglich noch ausbremsen. „Wenn Sie die Alternative zu dem Abkommen mit der EU anschauen, wird es entweder mehr Unsicherheit sein, mehr Spaltung oder das Risiko, dass gar kein Brexit stattfindet“, sagte May.

Bislang drohte May meist mit einem chaotischen Brexit, sollte das Parlament dem Deal nicht zustimmen. Davon scheint sie nun abgerückt zu sein. Arbeitsministerin Amber Rudd hatte zuvor in der BBC ausgeschlossen, dass es zu einem Brexit ohne Vertrag kommt. „Es gibt keine Mehrheit im Unterhaus, um das zuzulassen“, sagte Rudd. (dpa)

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