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Eine Bildcombo zeigt Najim Laachraoui, der nun als Komplize der Attentäter von Paris identifiziert wurde.
© belgische Polizei/dpa
Update

Nach Festnahmen in Brüssel: Terrorplaner des IS: "Trefft jeden und alles"

Der "New York Times" liegt nun ein 55-seitiger Bericht des französischen Innenministeriums vor. In Belgien haben Ermittler einen weiteren Helfer der Terroristen identifiziert

Nach der Festnahme des Terrorverdächtigen Salah Abdeslam in Belgien werden die Ermittlungen mit Hochdruck fortgesetzt. Der belgische Staatsanwalt Frédéric Van Leeuw sprach am Montag in Brüssel von einem „Puzzle“, dessen Teile erst noch zusammengelegt werden müssten. Mit Blick auf Abdeslam und mögliche Komplizen sagte der Chefermittler, es sei zu früh, die Rolle jedes einzelnen genau zu bestimmen. Es sei auch nicht klar, ob Abdeslam neue Anschläge geplant habe. Belgiens Außenminister Didier Reynders hatte hingegen am Sonntag erklärt, der 26-Jährige Terrorverdächtige habe in Brüssel „wieder etwas vorgehabt“. Abdeslam soll einer der Hauptverantwortlichen der Pariser Anschläge vom vergangenen November sein.

Derweil liegt der "New York Times" ein 55 Seiten langer Bericht des französischen Innenministeriums vor. In dem Report wird unter anderem ein angebliches Mitglied der französischen Anschlagsplaner mit den Worten zitiert: "Mein Rat ist, damit aufzuhören, nach speziellen Zielen zu suchen", so Boubaker al-Hakim. "Trefft jeden und alles".

Nach dieser Vorgabe sollen auch die Anschläge von Paris vorbereitet worden sein. In dem Bericht finden sich neue Details zu den Anschlägen: So soll zum Beispiel einer der Attentäter auf der Bühne des Konzertsaales Bataclan Xylofon gespielt haben, während die anderen Terroristen Menschen niederschossen. Gemeint ist der frühere Busfahrer Samy Amimour. Er soll auch einen Anfängerkurs bei der Schießvereinigung der französischen Polizei absolviert haben.

Laptop mit sonderbaren Linien und Zeichen

Der Report bezieht sich auf Augenzeugen. Demnach sollen die Attentäter "sadistisch gelacht" und sich dann in die Luft gesprengt haben. Auch der Bruder des am Freitag in Brüssel festgenommenen Salah Abdeslam sprengte sich in die Luft. Augenzeugen zufolge soll er durch seine Kleidung aufgefallen sein. Neben einem Mantel mit Pelz soll er einen Anorak und eine Weste getragen haben - selbst für einen kühlen Novemberabend zu viel. Vermutlich hat er damit seinen Sprengstoffgürtel verdecken wollen. Er soll sich dem Bericht zufolge mit "einem Lächeln im Gesicht" in die Luft gesprengt haben.

Sicherheitskräfte fanden später Elektrokabel an seinem Körper, die mit einer Neun-Volt-Batterie verbunden waren, Bestandteile der Bombe. Die Ermittler stellten fest, dass es sich bei den Sprengstoffrückständen um Triacetontriperoxid (TATP) handelte, ein hochexplosives Gemisch aus Schwefelsäure, Wasserstoffperoxid und dem Lösungsmittel Aceton.

Der Bericht der französischen Ermittler gibt zudem neue Details über die Handys der Attentäter. Demnach wurde in einem Mülleimer neben des Bataclan ein Samsung-Handy gefunden worden sein, mit dem eine Nummer in Belgien angewählt wurde. Die Täter sollen auch die Handys der Geiseln dazu genutzt haben, um ins Internet zu kommen oder um mit der Polizei zu Verhandlungzwecken in Kontakt treten zu können. Doch oft schafften es die Täter laut dem Bericht nicht, Daten zu empfangen.

Eine Augenzeugin berichtet, einer der Terroristen hätte einen Laptop dabei gehabt. Auf dem Display seien eine Reihe von sonderbaren Linien und Zeichen zu sehen gewesen - möglicherweise handelte es sich um eine Verschlüsselungssoftware, von der der IS nach den Anschlägen behauptete, sie verwendet zu haben.

Ermittler identifizieren weiteren Komplizen

Ein weiterer Komplize der Pariser Attentäter ist nach Angaben der belgischen Ermittler identifiziert worden. Wie die Staatsanwaltschaft am Montag in Brüssel mitteilte, handelt es sich um den 24-jährigen Najim Laachraoui, der bisher unter dem falschen Namen Soufiane Kayal bekannt gewesen sei. Unter dem Namen Kayal war ein Haus in Auvelais bei Namur im Süden Belgiens angemietet worden, das zur Vorbereitung der Anschläge vom 13. November diente.

Die Fingerabdrücke des weiterhin flüchtigen Laachraoui seien in dem Haus in Auvelais sowie in einer Wohnung im Brüsseler Stadtteil Schaerbeek gefunden worden, die auch von der Zelle benutzt wurde, teilte die belgische Staatsanwaltschaft mit. Aus französischen Ermittlerkreisen hieß es zudem, an Sprengstoffen, die bei den Pariser Attentaten eingesetzt worden seien, seien DNA-Spuren Laachraouis gefunden worden.

Den belgischen Angaben zufolge wurde Laachraoui außerdem am 9. September unter dem falschen Namen Kayal in einem Auto mit Salah Abdeslam und Mohamed Belkaid an der österreichisch-ungarischen Grenze kontrolliert. Der 35-jährige Algerier Belkaid war am vergangenen Dienstag während einer Razzia im Brüsseler Vorort Forest bei einem Feuergefecht erschossen worden.

Abdeslam, der seit den Anschlägen als einer der Mittäter gesucht wurde, wurde am Freitag in Brüssel gefasst. Er ist der Bruder eines der Selbstmordattentäter und soll drei der Attentäter zum Stade de France gefahren haben. Nach Angaben der Pariser Staatsanwaltschaft wollte er sich dort ursprünglich auch selbst in die Luft sprengen.

Die Ermittler verdächtigen Belkaid und Laachraoui, am Abend der Anschläge telefonisch mit den Attentätern in Kontakt gestanden zu haben. Demnach besteht die "hohe Wahrscheinlichkeit", dass Belkaid die SMS empfing, in der die Attentäter vom Konzertsaal Bataclan schrieben, dass sie nun beginnen würden. Der mutmaßliche Drahtzieher Abdelhami Abaaoud rief zudem eine belgische Nummer an, die womöglich Laachraoui gehörte. (rok, dpa, AFP)

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