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Syrer flüchten vor der IS in die Türkei.
© dpa

Türkische Grenze zu Syrien: Terroristen des IS rücken auf Kobane vor

Die letzte Bastion der Kurden in Nordsyrien droht zu fallen. Tausende Menschen bereiten sich auf Straßenkämpfe gegen die Terrormiliz Islamischer Staat vor. Die Vereinten Nationen werfen dem IS extrem grausame Verbrechen an der Bevölkerung vor.

Nach einem weiteren Vormarsch der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat sich die Lage in der nordsyrischen Stadt Kobane zugespitzt. Die Extremisten sind laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte inzwischen bis auf zwei Kilometer oder weniger an die Stadtgrenze herangerückt. Die kurdischen Volksschutzeinheiten bereiten sich auf Straßenkämpfe vor. Die USA und ihre Verbündeten bombardierten erneut IS-Ziele südlich und östlich von Kobane, wie die kurdische Internetseite Welati am Donnerstag berichtete.

Die IS-Extremisten versuchen seit Tagen, die eingekesselte Stadt an der türkischen Grenze einzunehmen. Nach Angaben des Chefs der selbst ernannten Regionalregierung von Kobane, Anwar Muslim, stellen sich 5000 bis 6000 Kurden den IS-Extremisten entgegen. Zudem seien noch einige Tausend Zivilisten in der Stadt.

Angesichts des IS-Vormarsches will sich die türkische Regierung am Donnerstag vom Parlament die Erlaubnis für Militäreinsätze in Syrien und im Irak geben lassen. Der Regierung des Nato-Mitglieds solle gestattet werden, über den Zeitpunkt, die Dauer und das Ausmaß militärischer Operationen in den Nachbarländern zu entscheiden, wie die Nachrichtenagentur Anadolu meldete. Die Erlaubnis gelte für ein Jahr. Der Regierung in Ankara war zuletzt wiederholt ein mangelndes Engagement im Kampf gegen den IS vorgeworfen worden.

Intensität der Kämpfe nehmen zu

Kobane (Arabisch: Ain al-Arab) ist die letzte Bastion in einer Enklave, die bislang von den kurdischen Volksschutzeinheiten kontrolliert wurde. Sie sind mit dem syrischen Ableger der kurdischen Arbeiterpartei PKK verbunden. Der IS herrscht bereits über mehr als 300 Dörfer im Umland von Kobane.

Die Kurden hätten sich aus Gebieten im Westen von Kobane zurückziehen müssen, sagte der Leiter der syrischen Menschenrechtsbeobachter, Rami Abdel Rahman. Die Situation dort sei „sehr gefährlich“. Die Intensität der Kämpfe habe am Donnerstagmorgen zugenommen, sagte er weiter. Es gebe Berichte, dass viele Menschen die Stadt verließen.

Die USA hatten in der vergangenen Woche ihre Luftangriffe auf IS-Kämpfer vom Irak auf Syrien ausgedehnt. Fünf arabische Staaten unterstützen sie dabei. Ziel der Koalition ist es, die Terrormiliz zu zerstören. Die USA wollen dafür auch gemäßigte syrische Rebellen ausbilden, die den IS und das syrische Regime in Damaskus bekämpfen.

Der US-Gesandte für das internationale Bündnis, John Allen, sagte dem Fernsehsender CNN, die Ausbildung der gemäßigten Rebellen werde Zeit in Anspruch nehmen. „Es könnte Jahre dauern“, sagte Allen. Die Rebellen sollten in die Lage versetzt werden, sich gegen das syrische Regime und Dschihadisten verteidigen zu können.

Extrem grausame Verbrechen an der irakischen Zivilbevölkerung

Die Vereinten Nationen haben dem IS extrem grausame Verbrechen an der Zivilbevölkerung im Irak vorgeworfen. Die Islamisten hätten Massenexekutionen verübt, Frauen und Mädchen als Sexsklavinnen verkauft sowie Kinder als Kämpfer zwangsrekrutiert, heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten UN-Bericht. Es handle sich um systematische Verstöße, die auf Kriegsverbrechen hinauslaufen könnten. Zugleich hieß es, bei den Luftangriffen des irakischen Militärs auf IS-Kämpfer seien viele Zivilisten umgekommen. Dörfer, eine Schule und Krankenhäuser seien getroffen worden. Das Vorgehen scheine nicht verhältnismäßig gewesen zu sein. Womöglich sei gegen das Völkerrecht verstoßen worden.

Der 29-seitige UN-Bericht fußt auf nahezu 500 Interviews. Demnach wurden Zivilisten ganz bewusst direkt ins Visier genommen. Die Extremisten hätten vergewaltigt, geplündert und religiös oder kulturell wichtige Orte zerstört. Am 12. Juni hätten sie 1500 irakische Soldaten und Sicherheitskräfte gefangengenommen und massakriert. Die Menschenrechtsverstöße und Gewalt richteten sich zunehmend gegen andere Bevölkerungsgruppen, etwa Christen und Jesiden. (dpa/Reuters)

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