Auftragsmord an maltesischer Journalistin Galizia: Täter sollen 150.000 Euro erhalten haben
Die Hintermänner des Auftragsmords an Daphne Galizia sollen aus den obersten politischen Rängen Maltas stammen. Die EU entsendet eine Beobachtergruppe.
Der Mord an der maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia weitet sich immer mehr zu einem politischen Skandal aus. Ein unlängst in dem Fall festgenommener Geschäftsmann sieht die Hintermänner des Auftragsmordes in den obersten politischen Rängen des EU-Landes, wie am Donnerstag aus Polizei- und Justizkreisen verlautete.
Ex-Stabschef Keith Schembri werde von dem selbst auf Straffreiheit hoffenden Geschäftsmann Yorgen Fenech bezichtigt, Urheber des Komplotts zu sein. Fenech sei bereit, über weitreichende Korruption zu berichten und Schembri sowie andere hochrangige Politiker zu belasten.
Die in Malta bekannte Journalistin Galizia hatte ausführlich über Korruption berichtet und war bei der Explosion einer Autobombe im Oktober 2017 getötet worden. Kurz darauf wurden zwar drei Verdächtige festgenommen, die Hintermänner blieben aber zunächst im Dunkeln.
Auftragsmord für 150.000 Euro
Einer der drei Verdächtigen sagte im April 2018, die Täter hätten für den Auftragsmord 150.000 Euro bekommen. Reuters war diese Information schon 2018 zugespielt worden, sie wurde aus Rücksicht auf die Ermittlungen bisher aber nicht veröffentlicht. Eine mit der Aussage des Verdächtigen vertraute Person sagte, die Täter hätten die Bombe über maltesische Kriminelle von der italienischen Mafia bezogen.
Am Donnerstag erklärte Ministerpräsident Joseph Muscat vor Journalisten, er hoffe, dass die Mordermittlungen "in den nächsten Stunden" abgeschlossen werden könnten. Muscat ist persönlich mit seinem Ex-Stabschef Schembri befreundet. Dieser war am Dienstag festgenommen worden und zurückgetreten. Weder er selbst noch seine Anwälte waren zunächst für eine Stellungnahme zu erreichen. Auch Tourismusminister Konrad Mizzi trat zurück. Wirtschaftsminister Chris Cardona ließ mitteilen, dass er sein Amt ruhen lässt. Alle drei haben bisher bestritten, in den Fall verwickelt gewesen zu sein.
Aus der Opposition werden Rufe nach einem Rücktritt von Regierungschef Muscat laut. Am Donnerstagabend verließ Muscat eine Veranstaltung vorzeitig. Präsident George Vella sagte wegen der Krise eine für kommende Woche geplante Reise nach London ab.
EU will Beobachter nach Malta schicken
Der Mord an der Journalistin führt zu Zweifeln an der Rechtsstaatlichkeit auf die Mittelmeer-Insel. Die Festnahme des ehemaligen Stabschefs Schembri rief nun auch das EU-Abgeordneten auf den Plan: Das Parlament entsendet eine Delegation in das kleinsten EU-Land, die die Entwicklung untersuchen soll. "Die Situation in Malta hat Konsequenzen für das gesamte europäische Projekt", sagte der Fraktionschef der Konservativen, Manfred Weber.
Mitglieder der Beobachtungsgruppe für Rechtsstaatlichkeit würden auf die Insel reisen, sagte die Vorsitzende der Gruppe, die Niederländerin Sophie in't Veld, am Donnerstag im Europaparlament in Straßburg. Absicht der Reise sei es nicht, sich in nationale Angelegenheiten einzumischen, betonte sie. Der Druck auf Valletta müsse jedoch aufrechterhalten werden, damit die Wahrheit ans Licht komme, sagte die Abgeordnete.
Die Minister des Mittelmeerstaats wurden einem Medienbericht zufolge zu einer dringenden Kabinettssitzung am Donnerstagabend zusammengerufen. "Die Lage ist sehr ernst", sagte der stellvertretende maltesische Premierminister Chris Fearne der Zeitung "The Times of Malta" vor dem Treffen. Er nannte keine weiteren Details.
Galizia war am 16. Oktober 2017 in ihrem Auto in die Luft gesprengt worden. Die damals 53-Jährige hatte unter anderem über Korruption bei Regierung und Geschäftsleuten auf Malta recherchiert. Drei Männer wurden festgenommen und angeklagt. Sie sollen den Sprengsatz gebaut und gezündet haben. Wer hinter ihnen steckte, ist bislang unklar. (Reuters, dpa)
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