Anschlag: Syrischer Demokratie-Aktivist Raed Fares erschossen
Für gemäßigte Aktivisten ist in Syrien kein Platz mehr. Jetzt wurde der populäre Raed Fares von Unbekannten in Idlib erschossen.
Raed Fares war eine Ausnahmeerscheinung in der syrischen Opposition. Der 46-jährige ehemalige Immobilienmakler war seit Ausbruch des Aufstandes gegen Präsident Baschar al-Assad vor sieben Jahren politisch aktiv, er nahm Assad und islamische Extremisten gleichermaßen ins Visier – und er hatte Humor. Als Fares vor einigen Jahren einmal gefragt wurde, was er denn brauche, antwortete er trocken: „Ein neues Land.“ Er überlebte mehrere Anschläge und wurde bedroht, doch er weigerte sich, seine Heimatprovinz Idlib zu verlassen. Jetzt wurde er dort zusammen mit seinem Kollegen, dem Kameramann Hamoud al-Juneid, von Unbekannten erschossen. Gemäßigte Kräfte haben in Syrien keinen Platz mehr.
Mit einem Radiosender und friedlichen Aktionen kämpfte Fares um eine bessere Zukunft. Im Westen bekannt wurde er mit manchmal witzigen, oft aber auch bitterbösen Sprüchen in englischer Sprache auf Transparenten, die er und seine Helfer bei Demonstrationen in seiner Heimatstadt Kafranbel in Idlib hochhielten. Zu Neujahr 2016 etwa präsentierten sie ein Spruchband mit ironischen Neujahrswünschen an die internationale Öffentlichkeit, von der sie sich im Stich gelassen fühlten: „Die Welt erwartet mehr Glück, die Syrer erwarten mehr Tote. Frohes neues Jahr jedenfalls.“
Im Radio ließ er das Gemecker von Ziegen spielen
Mit dem zeitweise von den USA finanziell unterstützten Rundfunksender Radio Fresh machte sich Fares bei den in Idlib herrschenden radikal-islamischen Gruppen viele Feinde. Allein die Tatsache, dass Fares Musik spielen ließ und Moderatorinnen ans Mikrofon setzte, trieb die Glaubenskrieger zur Weißglut. Als die Extremisten-Miliz HTS den Sender aufforderte, die als unislamisch verdammte Musik zu stoppen, ließ Fares das Gemecker von Ziegen spielen.
Fares habe gewusst, dass er wohl nicht friedlich im Bett sterben würde, sagte der französische Journalist Nicolas Hénin der BBC. Vor vier Jahren entging Fares bei einem Mordanschlag des "Islamischen Staates" (IS) nur knapp dem Tod. Er wurde von Al-Kaida-Kämpfer entführt und gefoltert. Doch aufgeben wollte er nicht. „Sollen sie mich doch töten“, sagte er einmal. „Ich werde ihnen nicht das Land überlassen.“
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