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Der SUV-Trend kam aus den USA nach Deutschland. Dort wurden die Autos in den 1990er sehr beliebt.
© AFP

Boliden für den Stadtverkehr: SUVs könnten bald die beliebteste Autoklasse sein

SUVs stehen bei den Deutschen hoch im Kurs. Gleichzeitig will die Politik mehr Klimaschutz im Verkehr. Wie kann das funktionieren?

Sogenannte Sports Utility Vehicles (SUV) sind kurz davor zum beliebtesten Auto der Deutschen zu werden. Im Mai 2019 wurden laut Kraftfahrtbundesamt beinahe genauso viele SUV neu zugelassen (20,3 Prozent) wie Autos der Kompaktklasse (20,5 Prozent). Zählt man die Geländewagen dazu, war sogar bereits jedes dritte in diesem Jahr neu zugelassene Auto ein SUV. Auf der anderen Seite steht das Bedürfnis vieler Deutscher nach mehr Klimaschutz. Seit den Demos von „Fridays of Future“ und dem Erfolg der Grünen bei der Europawahl ist das Thema auf der politischen Agenda weiter nach oben gerutscht. Wie passt das zusammen? Hat das Folgen für SUV-Fahrer?

Für viele Menschen sind die geländewagenartigen Autos ein Reizthema. Am Dienstag demonstrierten Jugendliche in Berlin gegen SUVs, sie versperrten Autos am Kudamm den Weg und bekleisterten geparkte Fahrzeuge mit orangenen Protestaufklebern. Auch wenn es mittlerweile sparsamere Modelle gibt, empfinden viele die überdimensionalen Autos als egoistisch. Kleinere Autos stoßen weniger CO2 aus, sind somit umweltfreundlicher und nehmen in den ohnehin schon vollen Städten weniger Platz in Anspruch.

Wie reagiert die Politik auf den ungebrochenen SUV-Hype, jetzt wo die Forderungen nach mehr Klimaschutz immer lauter werden? Für die SPD-Fraktion im Bundestag ist auf Nachfrage des Tagesspiegels eine Reform der Kfz-Steuer denkbar. „Wir sollten darüber diskutieren, ob wir die Kfz-Steuer für SUV noch stärker am CO2-Ausstoß und Gewicht ausrichten“, sagt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sören Bartol.

Auch die CDU sieht die steigenden Zulassungszahlen kritisch. „SUV sind häufig stark motorisiert, verbrauchen mehr Kraftstoff“, sagt die umweltpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion Marie-Luise Dött. „Gerade im Verkehrsbereich müssen wir mehr fürs Klima tun. Da sind steigende SUV-Zulassungen nicht hilfreich.“ Was die Kfz-Steuer angeht, fällt die Antwort allerdings vage aus. „Die Bepreisung von CO2 ist ein interessanter Ansatz für mehr Klimaschutz.“ Das Klimakabinett überprüfe derzeit unterschiedlich Modelle.

Obwohl für SUV auch jetzt schon mehr Kfz-Steuer fällig wird als für kleinere Autos, scheint das für viele Kunden nicht kaufentscheidend zu sein. Die meisten SUV-Fahrer verdienen ohnehin gut. Das hat Verkehrswissenschaftler Ferdinand Dudenhöffer beobachtet. Er rechnet damit, dass der Trend in den nächsten Jahren weiter geht und bald bis zu 40 Prozent der neuzugelassenen Autos SUVs sein könnten.

Symptom einer älter werdenden Gesellschaft

Für ihn ist der Hype auch das Symptom einer älter werdenden Gesellschaft. „Wer sich mit 50 Jahren oder älter nicht mehr so elegant in einen Sportwagen schwingen kann, setzt sich eben lieber in einen SUV“, sagt er. Bequemlichkeit, Sicherheit, guter Überblick – diese Vorteile hätten den Wagentyp in wenigen Jahren so erfolgreich gemacht.

Aus Sicht der Grünen im Bundestag ist an dieser Entwicklung auch die Regierung Schuld. „Die Bundesregierung setzt Anreize zum SUV-Kauf“, sagt die klimapolitische Sprecherin Lisa Baldum. Das sogenannte Dieselprivileg, also die steuerliche Begünstigung von Diesel gegenüber Benzin, fördere den Kauf großer, schwerer Autos, die häufiger mit Diesel betrieben werden als kleinere.

Auch bei der Förderung von Dienstwagen gebe es steuerliche Vorteile. „Wenn wir Autokäufe steuerlich fördern, wieso dann nicht nur emissionsarme“, sagt sie. Bei der Kfz-Steuer plädiert sie für Gutschriften für E-Autos und stärkere finanzielle Belastung für Fahrzeuge, die viel CO2 ausstoßen. „In den Städten wird der Platz ohnehin knapp und in den dicken Autos sitzt meist nur eine Person.“

Alle Autos werden immer breiter

Nicht nur SUV, sondern alle Autos nehmen immer mehr Platz in Anspruch. Verkehrsexperte Dudenhöffer hat festgestellt, wie Pkw über die Jahre immer breiter wurden. „Der erste VW Golf aus dem Jahre 1974 war 1,610 Meter breit. Der heutige Golf 7 misst 1,799 Meter an Breite“, sagt er. Es gebe einen Trend in die Länge und in die Breite. „Ein Autohersteller legt vor, bietet mehr Komfort und die anderen ziehen nach“, sagt Dudenhöffer.

Er plädiert dafür, die Parkraumbewirtschaftungen in Gemeinden und Städten anzupassen. Parkplätze nicht breiter bauen, sondern nur eine bestimmte Anzahl von großen Parkplätzen zu Verfügung stellen. „Wer einen großen Parkplatz braucht, muss dann eben mehr zahlen“, sagt er. Grundsätzlich findet es der Verkehrsexperte aber falsch alle SUV-Fahrer als Umweltfrevler zu verurteilen. „Mittlerweile gibt es auch kleinere SUV“, sagt er. Und langfristig könnte mit Elektromobilität auch der SUV-Fahrer umweltfreundlich unterwegs sein.

Für den umweltpolitischen Sprecher der Linken im Bundestag Lorenz Gösta Beutin ist das Problem SUV mit Elektromobilität nicht gelöst. „Wenn wir die Klimaziele erreichen wollen, müssen wir große Autos stärker besteuern und vom Markt drängen“, sagt er, „das gilt auch für große Elektroautos, weil auch die brauchen mehr Strom.“ Auch sehr hohe PS-Zahlen sieht er als Problem. „Eine Begrenzung der PS-Zahl wäre ein radikaler aber wirkungsvoller Schritt, um den CO2-Ausstoß im Verkehr zu senken“, sagt er. Er kritisiert, dass die Bundesregierung seit Jahren die Hand schützend über die Autohersteller hält, die mit großen Autos viel Geld verdienen wollen. „So machen wir die deutsche Autoindustrie nicht zukunftsfähig“, sagt Beutin.

Die FDP setzt auf Innovation

Die AfD im Bundestag kann mit solchen Forderungen nicht viel anfangen. „Ich bin kein Freund von mehr Steuern“, sagt der umweltpolitische Sprecher Frank Scholtysek. „Autofahren geht ohnehin schon ins Geld.“ Allerdings halte es auch die AfD-Fraktion für sinnvoll, wenn mehr Menschen den öffentlichen Nahverkehr nutzen anstatt in große Autos zu steigen. Man müsse aber auch auf die Befindlichkeiten der Menschen achten. „Ich setze auf den Verstand der Menschen", sagt er.

Die FDP will beim Thema SUV auf Innovation setzen. „Für uns ist nicht die Höhe oder Breite eines Autos entscheidend, sondern das was aus dem Auspuff rauskommt“, sagt der umweltpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag Lukas Köhler. Deswegen sei es wichtig, stärker auf Bio-Kraftstoffe und E-Fuels zu setzen. Das sind synthetische Kraftstoff, die mittels Strom aus Wasser und Kohlendioxid hergestellt werden. Grundsätzlich gelte: „Wer einen SUV kauft, muss sich seines Handelns bewusst sein.“, sagt Köhler. Er schlägt „clevere Steuermodelle“ vor, die sich am CO2-Austoß ausrichten.

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